»Oh Shit!«, entfuhr es mir.
Hamish war auf dem Weg zum Haus. Eigentlich war mittwochs unser Wandertag, doch er hatte gestern zu einem Meeting nach Edinburgh fahren müssen und deshalb hatten wir das Wandern auf heute verschoben. Was mir durch die Vorfreude aufs Schreiben total entfallen war.
Ich dachte zurück an den Abend, an dem wir die Sterne betrachtet hatten. Ich, bewegungsunfähig durch den Muskelkater, und er liebevoll besorgt wie ein Vater. Das, was ich für ein Date gehalten hatte, war eine einzige Katastrophe gewesen und auch der gemeinsame Drink ein paar Tage später hatte nicht das erhoffte Ende gehabt. Trotzdem war ich weiter mit ihm wandern gegangen. Wie sagte man so schön? Die Hoffnung stirbt zum Schluss? Inzwischen musste ich mir eingestehen, dass sie bereits tot war. Hamish war nett, aufmerksam, witzig und nahm ab und an meine Hand, aber immer nur, um mir über Bäche und umgefallene Bäume zu helfen. Es wurde definitiv Zeit, die Sache abzuhaken, aber ich konnte mich nicht dazu aufraffen. Das Wandern und das Zusammensein mit Hamish machten mir Spaß. Durch ihn war ich inzwischen über alles informiert, was in der Umgebung geschah. Was ihn selbst betraf, war ich allerdings nicht einen Schritt weitergekommen. Die Informationen, die ich aus ihm hatte rauskitzeln können, waren nichtssagend und ließen sich an einer Hand abzählen. Hamish war, was sein Privatleben betraf, verschlossen wie eine Auster. Eine verdammt gutaussehende, attraktive, nicht an mir interessierte Auster.
Bei dem Wort attraktiv stolperten meine Gedanken, denn mir fiel ein, dass ich noch nicht angezogen war. Ich sah an mir hinab und stöhnte. Im Flanellschlafanzug und ungeschminkt zu sein, war keine geschickte Art, meine Vorzüge zu präsentieren und ihn daran zu erinnern, dass es verschiedene Arten gab, um zusammen ins Schwitzen zu geraten. Ich warf einen Blick nach draußen. Hamish hatte meine Grundstücksgrenze erreicht und würde noch etwa zwei Minuten brauchen, bis er vor meiner Tür stand. Zumindest das Ungeschminktsein konnte ich noch ändern. Ich schmiss Marmeladengläser und Butterdose auf den Tisch, hastet die Treppe hinauf ins obere Stockwerk und hatte gerade die Wimpern des linken Auges getuscht, als es klingelte. Mit fliegenden Händen tuschte ich auch die des rechten, polterte die Treppe wieder hinunter und riss atemlos die Tür auf.
Hamish sah mich mit hochgezogener Augenbraue an. Sein Blick glitt von meinen zerzausten, roten Locken zu dem grauweißen Flanell-Pyjama.
»Nicht ganz das Outfit, das ich erwartet habe und auch nicht wirklich geeignet für die momentanen Temperaturen«, bemerkte er. »Von der Tauglichkeit der Schuhe mal ganz zu schweigen«, fügte er mit einem Blick auf meine Plüschhausschuhe hinzu, die die Form von Schafköpfen hatten. »Shaun will sein Fell wieder!«
»Sehr witzig.« Ich trat einen Schritt zurück, um ihn hereinzulassen. Dabei schlackerten die Ohren der Schafe an meinen Füßen. »Komm rein und nimm dir einen Kaffee. Ich war eben dabei, den Frühstückstisch zu decken, als ich dich den Weg heraufkommen sah. Ich habe total vergessen, dass du heute vorbeikommst.«
»Ich sollte jetzt beleidigt sein, aber lass mich raten«, sagte er, trat in den Mudroom und schloss die Tür. »Ein neues Buch?«
Ich nickte. Mein Herz klopfte schnell und das lag nicht nur am Treppensteigen. Der Mudroom war nicht besonders groß und so nah wie jetzt war ich Hamish seit meinem Stolpern im Nebel nicht mehr gewesen. Er strahlte Wärme aus, die mich einzuhüllen und die Luft gleichzeitig elektrisch aufzuladen schien.
Unauffällig sog ich seinen typischen Hamishduft ein. So nannte ich insgeheim die Mischung von Duschgel und Aftershave, die ihn umgab, ohne aufdringlich zu sein. Ich seufzte innerlich. Warum musste dieser Mann so verdammt sexy sein und sich so gar nicht für mich interessieren? Mit einem Mal wurde mir bewusst, dass Hamish sich weder von der Stelle rührte, noch etwas sagte. Ich sah auf und begegnete seinem Blick. Sofort wurde mir heiß.
»Wir können natürlich auch noch ein Weilchen hier stehenbleiben«, sagte ich mit heiserer Stimme und räusperte mich. »Aber der Kaffee ist frisch gebrüht.«
Hamish schüttelte den Kopf. »Mit einem simplen Kaffee kommst du nicht davon.«
»Wandern, morgen um die gleiche Zeit?«, schlug ich mit klopfendem Herzen vor.
»Reicht nicht«, erklärte er, zog mich langsam zu sich und sah mich fragend an.
Ich erwiderte den Blick und hoffte, ihm dabei die richtige Antwort zu vermitteln. Hamishs Mund näherte sich. »Küss mich endlich«, flehte ich lautlos und genau das tat er. Ich spürte seinen Herzschlag. Er war ebenso schnell, wie meiner. Eine Welle von Glückseligkeit, Hitze und Lust schoss mir durch den Körper, als mich seine Zunge neckte und schließlich fordernder wurde, meine Lippen teilte und meinen Mund erforschte. Meine Hormone flippten aus, ich stöhnte leise und erwiderte den Kuss leidenschaftlich. Als ich die Arme um ihn schlang, spürte ich, dass er mich genauso begehrte wie ich ihn. Ich wollte mich noch enger an ihn pressen, als er mich unvermittelt freigab. Überrascht und heftig atmend sah ich ihn an.
»Wenn wir jetzt nicht aufhören, ist es zu spät«, erklärte er atemlos. Seine sonst strahlend blauen Augen waren dunkel vor Leidenschaft.
»Dann hören wir doch einfach nicht auf«, schlug ich vor.
Hamish zog meinen Kopf wieder zu sich. Er hauchte mir einen Kuss auf den Mundwinkel, fuhr mit den Lippen zart über mein Gesicht bis zum Ohrläppchen und küsste mich auf den Hals. Ich erschauderte und zerrte am Reißverschluss seiner Jacke.
»Haben wir es eilig, Frau Meinhardt?«, erkundigte er sich und bedachte mich mit einem schiefen Lächeln.
»Eilig?«, fragte ich, am ganzen Körper bebend. Seine Küsse hatten das Kribbeln, das ich sonst nur beim Händchenhalten gespürt hatte, um ein Vielfaches verstärkt und es durchlief mich in Wellen. »Ich warte seit vier Monaten.«
»Ich habe dich warten lassen?« Er entledigte sich seiner Jacke. »Wie unhöflich von mir. Dann sollte ich mich jetzt wohl wirklich beeilen.« Er zog mir das Pyjamaoberteil über den Kopf. Mein Puls schlug schnell und begann unter dem intensiven Blick, mit dem er mich betrachtete, zu rasen. Hamish beugte sich über meinen Oberkörper und eine gefühlte Ewigkeit lang schwebte sein Mund über meiner Haut, ohne sie zu berühren. Als er mir endlich einen sanften Kuss auf das Schlüsselbein hauchte, seufzte ich leise. Gemächlich machte sich sein Mund auf den Weg zu meinen Brüsten. Ich bekam eine Gänsehaut, obwohl meine Haut glühte. Hamish umrundete eine meiner Brustwarzen mit der Zunge, zog einen heißen Kreis nach dem anderen darum, ohne sie zu berühren und als er es endlich tat und daran saugte, war das Gefühl so intensiv, dass ich mich an seinen Armen festhielt, um nicht umzufallen. Ich schnappte nach Luft und drängte mich ihm entgegen. Ich wollte mehr. Ungeduldig zerrte ich an seinem Shirt, versuchte, den störenden Stoff zu beseitigen, doch Hamish sah nur kurz auf, lächelte, und widmete sich dann mit der Zunge der anderen Brustwarze. Das war Folter. Mehr! Ich wand mich in seinen Armen.
»Bett«, stieß ich hervor, aber Hamish ignorierte mich.
»Bitte!«, stöhnte ich und spürte, wie meine Knie nachgaben.
Er ließ von mir ab und betrachtete mich kopfschüttelnd.
»Geduld ist wahrlich nicht deine Stärke.« Er gab mir einen Kuss. »Zeig mir, wo es langgeht!«
Wenig später lagen wir schwer atmend nebeneinander auf dem dicken, weichen Teppich vor dem Kamin.
»Bett, hm?«, fragte Hamish und ich drehte meinen Kopf, um ihn anzusehen.
»War eindeutig zu weit weg.« Ich reckte mich genüsslich.
»Ist mir aufgefallen«, entgegnete er trocken. »Vielleicht ist es ja eine dumme Frage.« Er stützte sich auf seinen Ellbogen und legte die andere Hand auf meinen Bauch. »Aber wieso hast du Kondome in der Schublade deines Schreibtisches?«
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