Bedingt durch die verschobenen Abfahrtzeiten der Fähren hatten wir anschließend noch etwa acht Stunden Aufenthalt, in denen wir uns selbst beschäftigen durften bzw. mussten. Das war ziemlich lange, vor allem in Anbetracht des Wetters und der schon früh einsetzenden Dunkelheit. Immerhin fand an diesem Samstag die Lord Mayor Parade statt, und abends gab es mehrere Feuerwerke anlässlich des Guy Fawkes Days, der eigentlich bereits am 5. November gewesen war. In der Innenstadt konnte man an verschiedenen Stellen die Vorbereitungen für die am Sonntag stattfindenden Feierlichkeiten zum Ende des Ersten Weltkriegs vor 90 Jahren beobachten. Auch etliche Briefkästen waren deswegen gesperrt, was das Absenden meiner Ansichtskarten erschwerte. Ich war hauptsächlich in Westminster unterwegs, und die Fotos zeigen, was ich dabei alles gesehen und besucht habe. Wie man sieht, bin ich auf dem Weg vom Trafalgar Square zum Buckingham Palace in ein Unwetter geraten.
Falls ich solch eine Tour noch einmal machen sollte, werde ich mir auf jeden Fall für die Freizeit ein paar Programmpunkte und Ziele vorbereiten.
Auf der Rückfahrt gab es zunächst einmal anständige Käsewürstchen, nachdem die englische Küche genau wie das Wetter gehalten hat, was die Klischees versprechen. Zum dritten solchen Klischee sage ich jetzt lieber nichts. Wir waren viel zu früh wieder im Hafen von Dover, doch konnte man sich kaum hinaus trauen, weil in der Zwischenzeit ein stattlicher Sturm aufgekommen war, wodurch wir auch nur schwer aus dem Hafen herauskamen. Doch wer mit einer wesentlich kleineren Fähre von den Lofoten aufs norwegische Festland übergesetzt hat, der wird kein allzu großes Problem haben, mit einer Riesenfähre über den Ärmelkanal zu kommen. Der Rest der Überfahrt war dann auch deutlich ruhiger.
Inzwischen war ich so müde, dass ich im Bus tatsächlich drei bis vier Stunden schlafen konnte. Nach dem Ausladen aller Fahrgäste war ich etwa gegen 7:30 wieder zuhause und habe erst einmal bis 14 Uhr geschlafen. Am Abend habe ich mir dann den neuen James Bond Film angeschaut, an dessen Hauptquartier ich ja einen Tag zuvor vorbei gefahren war...
Zu Harry Potter nach London, 25.-28. März 2016
Normalerweise spiele ich ja zu Ostern bei den Schach-Rheinlandmeisterschaften mit, doch habe ich mich diesmal nicht angemeldet, weil der Austragungsort ungünstig lag und mir zudem die Motivation fehlte. Interessant schienen mir auch das von Deizisau nach Karlsruhe umgezogene Grenke Leasing Open sowie ein Easter-Open in Prag, doch konnte ich mich nicht durchringen, das für mich zu organisieren. Eine Tour zu den beiden Fußball-Länderspielen in Berlin und München kam auch nicht in Frage, da ich in der Nachosterwoche keinen Urlaub hätte bekommen können.
So schaute ich halt meine Reisekataloge und die üblichen Internetseiten durch. Wieder einmal wurde ich bei Schuy Exclusiv Reisen fündig, denn dort wurde am Osterwochenende neben einer „normalen“ London-Städtetour mit einem der mir ja schon bekannten Bistro-Busse auch eine Tour mit dem Titel „zu Harry Potter nach London“ mit einem kleineren VIP-Bus angeboten. Auf Nachfrage wurde mir bestätigt, dass ich noch kurzfristig buchen könne, was ich dann auch umgehend tat, zumal ich dafür ja keinen einzigen freien Tag beantragen musste. Allerdings war die Viertagestour wahrlich nicht billig: mit Einzelzimmer, Stadtrundfahrt und Haustürabholung, jedoch ohne Halbpension war ich mit über 700 Euro dabei. London ist halt eine sehr teure Stadt, es war ein Feiertagswochenende, die Reisegruppe mit 22 Leuten klein und das Programm speziell.
Doch lasst mich wie üblich mit einem Fazit beginnen. Die Reise hat sich wirklich gelohnt, denn ich habe interessante Orte und weltberühmte Bauwerke gesehen oder wiedergesehen und vor allem viel Neues und Ungewöhnliches erlebt. Lediglich das Wetter und die beiden Reisetage ließen zu wünschen übrig. Doch dazu später mehr.
Das Thema brachte es mit sich, dass ich diesmal natürlich nicht wie sonst oft der jüngste Teilnehmer an Bord war, denn es waren auch jüngere Leute und mehrere kleine und größere Kinder dabei, für die sich der Studiobesuch besonders gelohnt haben dürfte. Aber ich greife schon wieder vor. Mit dem Fahrer war ich vor zwei Jahren in Wien und Budapest, die Hostess kannte ich jedoch noch nicht.
Karfreitag, 25. März: Anreise nach London
Der erste Tag ist bekanntlich immer der anstrengendste, denn es gilt, viele Kilometer abzureißen – diesmal war ja zudem der Ärmelkanal zu überwinden –, und um rechtzeitig am Reiseziel anzukommen, muss man zu früher oder sehr früher Stunde abreisen. Die Abholung war um 3:20 Uhr angesetzt, aber es klingelte schon ein paar Minuten früher an meiner Tür. Überraschenderweise war ich der einzige Passagier in dem Shuttlebus, sodass wir viel zu früh am Betriebshof eintrafen, als beide Busse noch in der Halle standen.
Nach den üblichen Formalitäten zu Reisebeginn ging es über Köln und Aachen und durch ein kleines Stück der Niederlande quer durch Belgien, wo zu meiner Überraschung kein Feiertag war. Dort mussten wie leider so viel Zeit in Staus und auf Umgehungsstraßen verbringen, dass schon frühzeitig klar wurde, dass wir die gebuchte Fähre in Calais nicht mehr erreichen können. Wir kamen mit zweistündiger Verspätung im Hafen an und bekamen einen Platz auf der nächsten Fähre, die jedoch ebenfalls verspätet war. Als kleine Entschädigung gab es eine besonders ruhige Überfahrt bei schönem Wetter, wobei ich natürlich auch die berühmten Kreidefelsen (White Cliffs of Dover) fotografiert habe.
Um zu unserem Hotel am Wembley-Stadion zu kommen, mussten wir London nördlich umgehen, da die Verkehrslage nichts anderes zuließ. So kamen wir trotz Zurückstellen der Uhren um eine Stunde erst nach 19 Uhr an, so dass man eventuelle Pläne, noch mit der U-Bahn auf eigene Faust die Stadt zu erkunden, getrost fallen lassen konnte. Ich war ohnehin zu müde, und an den kommenden Tagen steht ja einiges auf dem Programm.
Samstag, 26. März: unterwegs in London
Heute stand als erster Höhepunkt der Reise eine vierstündige Stadtrundfahrt auf dem Programm, bei der wir die meisten berühmten Sehenswürdigkeiten jedoch nur vom Bus aus zu sehen bekamen, denn der Schwerpunkt waren Orte, die irgendwie mit Harry Potter zu tun haben. Unsere Stadtführerin sprach sehr gut Deutsch, aber über sich selbst hat sie fast nichts erzählt.
Da wir von Nordwesten in die Stadt kamen, war unser erstes Ziel der Bahnhof King’s Cross, der seit erst 15 Jahren eine der meistbesuchten Touristenattraktionen Londons enthält: das Gleis 9 ¾, von dem aus bekanntlich der Hogwarts-Express abfährt. Das Problem ist nur, dass Joanne K. Rowling den Bahnhof mit der Euston Station verwechselt hat! In King’s Cross liegen nämlich die Gleise 9 und 10 nebeneinander, es gibt dazwischen keinen Bahnsteig mit Säulen. Also hat man einfach an einer Wand in der Nähe den vermeintlichen Durchgang zum Gleis 9 ¾ angelegt, was der Fotobegeisterung der Touristen aus aller Welt anscheinend keinen Abbruch tut.
Um die Verwirrung zu steigern, wurden die Filmszenen weder in King’s Cross noch in Euston gedreht, sondern in dem beeindruckenderen nahe gelegenen Bahnhof St. Pancras, in dem übrigens die durch den Kanaltunnel fahrenden Eurostar-Züge ankommen. Kleine Anekdote am Rande: Als deren Zielbahnhof war ursprünglich die Waterloo Station vorgesehen, aber das fanden die Franzosen verständlicherweise gar nicht lustig.
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