Denise Remisberger - Suche Frosch mit Krone

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Im szenigen Zürich der 90er-Jahre, als «Nirvana» noch aus allen Boxen dröhnte, das Bier billig war, die Männer halblange Haare und spitze Bärtchen trugen und die Frauen alles Mögliche über den alten Pogostiefeln, verlieben sich diverse Leute in die ganz Falschen, schlafen derweil mit den möglicherweise Richtigen und finden, nach durchtanzten Nächten, ernüchternden Saufgelagen und heftigstem Liebeskummer irgendwann zu sich selber. Oder auch nicht.

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Denise Remisberger

Suche Frosch mit Krone

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Inhaltsverzeichnis Titel Denise Remisberger Suche Frosch mit Krone Dieses - фото 1

Inhaltsverzeichnis

Titel Denise Remisberger Suche Frosch mit Krone Dieses ebook wurde erstellt bei

1 1 „Dieser kleine rotblonde Drache geht mir langsam auf den Wecker!“, meinte Karla leicht grimmig. Dabei erschien vor ihrem inneren Auge eine blöde grinsende Visage mit hellgrünen Katzenaugen darin, die trotz der riesigen Nase gross wirkten. Umrahmt wurde diese Grosszügigkeit der Natur von karottenroten geraden Haarsträhnen, die viel versprechend weich schienen. Endena zuckte mit den Schultern und lächelte dabei. „Wo soll das noch hinführen“, seufzte sie, während sie die Spitzen ihres aschblonden Schopfes nach Spliss absuchte, wobei sie ein einziges beschädigtes Haar fand, was ihr beinahe die gute Laune verdarb. „Übrigens, wie kommst du auf ‚Drache‘, die spucken doch Feuer, tut er das?“ Karla, noch grimmiger: „Nein, eben nicht!“ Karla und Endena hockten in einer üblen Spelunke in einem üblen Viertel in einer miesen Stadt. Was sie noch hier behielt, wussten sie beide nicht. „Machen wir ein Café auf?“, sprudelte es aus Endena hervor, bereits zum dritten Mal in diesem Jahr. „Kein Geld!“, brummte Karla missmutig. „Wir könnten natürlich diese Bande hier rausschmeissen und das Teil besetzen!“ Jetzt sprudelte Karla und ihre braungrünen Augen mit dem komischen gelben Kranz, der sich um die Pupillen schmiegte, blitzten leicht. Wenn sie lachte, lachten ihre Augen immer zuerst. Endena zog die rechte Augenbraue in die Höhe und fragte sich wieder mal; dann aber kam auch ihr ein Gedanke: „Und wir stellen ein paar Eunuchen als Rausschmeisser an.“ Die beiden lachten laut und lange, und da sie nicht gerade leise gesprochen hatten, versenkten die Typen am Nebentisch ihre Blicke in ihren Biergläsern.

2 2 Endena bewohnte das Zimmer zwischen der Haustür und dem Wohnraum, Karla das andere – es gab nur noch dieses. „Klein, aber unser", prangte in grossen, schwungvoll gemalten Lettern über der abblätternden und eher kurzen Badewanne, vor allem dazu da, um nach angeschlagenem Ellenbogen gelesen zu werden. „Heute woll’n wir nicht traurig sein …“, tönte es aus dem eben erwähnten Behältnis, nicht ohne eine gewisse Ironie in der Stimme, denn Karla neigte zum Weltschmerz. Als sie fertig gebadet und fertig gesungen hatte, war es zehn Uhr, Zeit, den Tag zu beginnen, wenigstens versuchsweise. „Endenaaaaa …“, krächzte die eben aus der Wanne Entstiegene – ihre Stimme hatte etwas unter dem Gesang gelitten, „heute ist ja der Neunundzwanzigste, da steigt ja unser ‚Bunter Abend‘ in unserem Wohnzimmer!“ Sie meinte einen hellen Raum mit Parkettfussboden, auf dem die vielfarbigen Kerzenwachsreste von einem Hang für mystische Atmosphäre zeugten. Das Sofa, welches sich an die linke Wand drückte, war ein unbequemes Stück aus der Jugendstilzeit, welches Karla, anlässlich des Umzuges ihrer Eltern in ein kleineres Haus, bekommen hatte. Dafür kam die Stehlampe mit dem grossen Schirm, die neben dem Sofa prangte, aus der IKEA. Es passte trotzdem. „Ja, ja, so sei es“, war die nicht nur durch die Küchenwand verzerrte Antwort. Endena hatte bereits ein Vögelchen ins Ohr geflüstert, dass Roberto nicht kommen würde. Was war er auch immer so zurückhaltend. Oder eher sprechgestört? War sein überhebliches Schweigen nur eine kleine Verklemmung, die sie leicht beheben konnte, oder setzte er es berechnend ein, um geheimnisvoll zu wirken? Endena sonnte sich in dem Ruf, wahnsinnig intellektuell zu sein. Sie diskutierte selbst mit hoffnungslos sturen Fällen, wobei sie sich zwar sinnlos verausgabte, aber nichtsdestotrotz ein gewisses bösartiges Vergnügen darin fand. Schliesslich wurden manche Gegenüber wütend, womit sie ihr Ziel, ernst genommen zu werden, erreicht hatte. „Meinst du, der kleine Drache kommt auch?“, unterbrach Karla ihre Gedanken über Roberto. Der Hoffnungsschimmer war nicht aus Karlas Stimme zu tilgen. „Ich dachte, er gehe dir auf den Wecker?“, gurgelte es hämisch – diesmal aus dem Korridor. Karla murrte kurz, dann lachte sie. Sie fand sich ja selber ganz schön paradox. Verliebte sie sich denn nie in jemanden, über den sie nichts zu fluchen hatte?

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Impressum neobooks

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„Dieser kleine rotblonde Drache geht mir langsam auf den Wecker!“, meinte Karla leicht grimmig. Dabei erschien vor ihrem inneren Auge eine blöde grinsende Visage mit hellgrünen Katzenaugen darin, die trotz der riesigen Nase gross wirkten. Umrahmt wurde diese Grosszügigkeit der Natur von karottenroten geraden Haarsträhnen, die viel versprechend weich schienen. Endena zuckte mit den Schultern und lächelte dabei. „Wo soll das noch hinführen“, seufzte sie, während sie die Spitzen ihres aschblonden Schopfes nach Spliss absuchte, wobei sie ein einziges beschädigtes Haar fand, was ihr beinahe die gute Laune verdarb. „Übrigens, wie kommst du auf ‚Drache‘, die spucken doch Feuer, tut er das?“ Karla, noch grimmiger: „Nein, eben nicht!“

Karla und Endena hockten in einer üblen Spelunke in einem üblen Viertel in einer miesen Stadt. Was sie noch hier behielt, wussten sie beide nicht. „Machen wir ein Café auf?“, sprudelte es aus Endena hervor, bereits zum dritten Mal in diesem Jahr. „Kein Geld!“, brummte Karla missmutig. „Wir könnten natürlich diese Bande hier rausschmeissen und das Teil besetzen!“ Jetzt sprudelte Karla und ihre braungrünen Augen mit dem komischen gelben Kranz, der sich um die Pupillen schmiegte, blitzten leicht. Wenn sie lachte, lachten ihre Augen immer zuerst. Endena zog die rechte Augenbraue in die Höhe und fragte sich wieder mal; dann aber kam auch ihr ein Gedanke: „Und wir stellen ein paar Eunuchen als Rausschmeisser an.“ Die beiden lachten laut und lange, und da sie nicht gerade leise gesprochen hatten, versenkten die Typen am Nebentisch ihre Blicke in ihren Biergläsern.

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Endena bewohnte das Zimmer zwischen der Haustür und dem Wohnraum, Karla das andere – es gab nur noch dieses. „Klein, aber unser", prangte in grossen, schwungvoll gemalten Lettern über der abblätternden und eher kurzen Badewanne, vor allem dazu da, um nach angeschlagenem Ellenbogen gelesen zu werden. „Heute woll’n wir nicht traurig sein …“, tönte es aus dem eben erwähnten Behältnis, nicht ohne eine gewisse Ironie in der Stimme, denn Karla neigte zum Weltschmerz. Als sie fertig gebadet und fertig gesungen hatte, war es zehn Uhr, Zeit, den Tag zu beginnen, wenigstens versuchsweise.

„Endenaaaaa …“, krächzte die eben aus der Wanne Entstiegene – ihre Stimme hatte etwas unter dem Gesang gelitten, „heute ist ja der Neunundzwanzigste, da steigt ja unser ‚Bunter Abend‘ in unserem Wohnzimmer!“

Sie meinte einen hellen Raum mit Parkettfussboden, auf dem die vielfarbigen Kerzenwachsreste von einem Hang für mystische Atmosphäre zeugten. Das Sofa, welches sich an die linke Wand drückte, war ein unbequemes Stück aus der Jugendstilzeit, welches Karla, anlässlich des Umzuges ihrer Eltern in ein kleineres Haus, bekommen hatte. Dafür kam die Stehlampe mit dem grossen Schirm, die neben dem Sofa prangte, aus der IKEA. Es passte trotzdem.

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