1 ...7 8 9 11 12 13 ...18 Ich glaube, ich spinne. Geht’s noch? Ich bin ich und ich kriege schließlich niemand anderes, keinen anderen Körper oder Charakter, nichts von dem was nicht in mir ist. Wie, Du entdeckst in Dir schlummernde nicht gekannte Eigenschaften? Raus damit, lebe sie. Das ist die einzige Form der Veränderung, die Dir gegönnt ist. Ansonsten finde Dich damit ab – Du bist fett oder dumm – irgendetwas musst ja schließlich auch DU sein. So ein Nichts zu sein, das ist ja auch nichts. Aber genau da entwickle ich mich ja hin, wenn ich alles an Erfahrungen meines Lebens für bare Münze nehme und mich damit identifiziere und ausschließlich versuche aus meinen Erfahrungen zu lernen. Was ich aus Erfahrungen lernen kann? Nichts, rein gar nichts, denn dazu sind sie fehlgeleitet gar nicht gemacht worden. Wir sollen auch gar nichts aus ihnen lernen, wir sollen sie nur machen, um ein Thema komplett zu begreifen. Das Thema zu sehen, zu leben und zu verstehen, das ist die Herausforderung und nicht das dünner werden oder „extrem schön“ zu sein. Die Dünnen und Schönen sind auch nicht glücklicher als ich. Und wer sagt eigentlich, dass ich es nicht bin?
Jung ist schon mal schön, alt nicht, oder was? Und was macht das mit unserer Sexualität – kannst Du offen sein für Deine Bedürfnisse, oder lagert sich hier dieses Thema vor, dass dich in die eine oder andere Richtung blockieren soll… Jetzt haben wir, ich zumindest, lange nicht mehr herzhaft gelacht – was soll ich sagen, dazu fällt mir nicht wirklich etwas Witziges ein, was ich zur Belustigung beitragen könnte. Es ist ja auch schon traurig was aus uns wird, wenn wir jenseits der vierzig agieren. Irgendwann müssen wir uns damit abfinden – auch die Mitten-im-Leben-Krise macht genau das, was sie soll. Sie schickt uns in die richtige Richtung. Denn spätestens jetzt gehen wir nochmal auf die Suche nach unseren wirklichen Werten. Na super – da dachte ich, ich bin da durch und kann mich jetzt entspannt zurücklehnen und offen und durchlässig sein, da kommt dieses unabänderliche unumkehrbare Thema des Alterns unweigerlich um die Ecke. Will ich das?
Brauche ich das? Warum werde ich hier nicht gefragt? Ich werde kein größeres Problem damit haben, wenn ich mit mir relativ weit gekommen und überwiegend mit mir im Reinen bin und meine Entwicklung so weit vorangetrieben habe, dass dieser neue Lebenszeitraum auch seinen gebührenden Platz hat. Seinen Platz bei mir und in mir.
Entwicklung heißt: Das ganze Wollknäuel wahrzunehmen, dass sich über die Jahre der Jugend hinweg ins Erwachsenenalter bis zum Zeitpunkt des Erwachens aufgewickelt hat, um es dann wieder sukzessive zu ent-wickeln. Ich brösele sozusagen meine gesamte Erfahrungswelt auf, erkenne den hoffentlich roten Faden, der sich durch mein Leben zieht und gebe meiner Zukunft, also Dir, die Chance mit mir gemeinsam neue Erfahrungen zu machen. Wir sind eben nicht die Summe unserer Erfahrungen – diese Summe umgibt uns, was sehr oft schmerzlich empfunden wird, doch mit genügend Abstand oftmals unserer Belustigung dient. Wenn es doch so schrecklich ist in der Situation selbst, wie kann es dann später so lustig sein? Weil ich es nicht mehr nötig habe mich ausschließlich mit meinen Erlebnissen zu identifizieren und das bemerke ich erst, wenn ein gewisser zeitlicher Abstand zur Situation herrscht. Erst dann glaube ich innerlich ebenfalls Abstand davon genommen zu haben. Schon komisch, ich muss also gar keinen Abstand von Dir nehmen, um mich mit Dir und der Situation auszusöhnen?
Wir streben nach Glück – die Desillusionierten verneinen sogar das, Glück gibt es nicht und Zufriedenheit reicht aus. Blödsinn, Glück satt und reichlich müsste es heißen. Ich wüsste nur nicht genau, was ich damit anfangen sollte, denn ich bin es nicht gewohnt. Sich glücklich fühlen ist das eine, das gefühlte Glück auch zu leben eine ganz andere Sache. Wie drücke ich mich aus und vor allen Dingen wem gegenüber? Die Qual der Wahl. Reden, bekunden, beteuern, berühren, beschenken, bekochen, belustigen, bedienen… So weit kommt das noch. Da drücke ich mich doch lieber ganz. Ich kann aber langfristig keine wirklich Distanz zu mir selber herstellen die es ermöglicht, dass ich meinem Streben nach Glück nicht wieder verfalle. Also mache ich mich doch besser auf den Weg in die Nähe zu mir selbst, damit ich lerne mit meinem Glück gemeinsam mit Dir klarzukommen. Nenne es auch innerer Schweinehund, wenn es denn Unglück ist. Glück mit mir oder Dir oder Unglück mit beiden? Es ist egal – Sexualität findet auch hier statt.
Eigentlich eine Schande, dass unsere eigene Sexualität mit uns selbst immer noch ein Tabuthema zu sein scheint – jeder tut es, aber keiner redet darüber. Eine Masse Singles, die ihre innere Harmonie mit sich herstellt, indem sie selbst Hand anlegt. Paare, die aufgrund unterschiedlicher Bedürfnisse mit sich selbst ihr Glück probieren, damit Beziehung und vorhandene Sexualität mit dem Partner ausreicht. Fetisch durch Voyeurismus desselben. Jeder tut es und alle brauchen es.
Es gleicht einen gefühlten Mangel aus, der ansonsten erst entsteht oder sich destruktiv auf anderen Ebenen der Partnerschaft oder in der Beziehung zu sich und dem Umfeld ausdrücken würde.
Der Seitensprung ist eine Form des Ausdrucks unserer inneren Disharmonie. Er hat nichts mit dem Partner zu tun, denn ein Seitensprung bezieht sich nicht auf die Beziehung zum anderen. Ich gehe nicht jemand anderem fremd, sondern immer nur mir selbst. Ich begehe in dem Moment einen Seitensprung, wenn ich mich mit jemandem einlasse, der nicht zu meinem gewählten Weg gehört. Ich entferne mich soweit von meiner seinerzeit getroffenen Entscheidung und den Konsequenzen, die daraus unweigerlich resultieren, dass ich eine Kurskorrektur nicht hinzubekommen glaube. Die Richtung, die ich einst einschlug scheint mir nicht mehr mit meinen inneren Werten überein zu stimmen, so dass ich aus dem Gleichgewicht gerate. Ich weiß schon gar nicht mehr, wie sehr ich Dich geliebt habe…
Seitensprung als Orientierung, um wieder auf meinen Weg zurück zu finden, ist eigentlich eine allseits aufrüttelnde Methode, mit der wir nur vermeintlich anderen Schaden zufügen. Du kannst mir nicht erzählen, dass Du nicht gespürt hast, dass ich liiert bin, eine Frau habe – und Du, Frau, merkst Du nicht, wie sehr ich mich entferne?
Es ist alles allen bekannt und doch unausgesprochen. Alles ist gut, wenn ich nicht den Fehler mache es auf mich zu beziehen. Keiner ist schuld, wir leben nur einen anderen Teil unserer Sexualität aus – innerhalb einer Beziehung mit einer dritten Person, als Single mit dem one-night-stand. Wobei ein Seitensprung auch dann einer ist, wenn er nicht vollzogen wird. Keine ernsthaften Absichten, nur dann, wenn der Rest meines Lebens durch diesen Seitensprung ins Wasser fällt, oder ich es schaffe, meine Probleme jetzt besser mit Dir, Du Neuer, zu lösen, als mit mir selbst oder dem aktuellen Mann. Ist eigentlich logisch, aber oftmals ein gelebtes Drama, weil es keinen Effekt hätte, würden wir es in der Situation direkt durchschauen. Die betrogene Frau, der Fremdgänger, die Schlampe, der arme Mann, das Flittchen von einem zum anderen, der stramme Kerl, der jede kriegt…
Seitensprung hat in den seltensten Fällen etwas mit Sexualität zu tun, auch wenn es zu Hause nicht mehr so läuft.
Mein Lebensgefühl und meine Einstellung ist das einzige, was mich daran hindert eine erfüllende Sexualität zu leben. All das wissen wir doch genau! Trotzdem leben wir diese Szenarien, weil wir gerne andere die Verantwortung mit tragen lassen wollen. Es ist manchmal zu schwer, diese Bürde alleine zu tragen.
Ja dann lass doch den Mist! Es zwingt Dich doch keiner eine Situation herzustellen, die eine Bürde für Dich und dann auch noch für die eigentlich unbeteiligten Zweiten und Dritten darstellt. Bleib mir doch einfach vom Leib und komm erst mal mit Dir selber klar. Es ist noch nicht einmal wichtig, ob dieser Seitensprung wirklich getan ist oder nur angedacht. Ein Sprung zur Seite, neben mich. Ich stehe neben mir, an der Seite meines eigentlich gewählten Lebens.
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