„Habt ihr Söhne in der Armee?“ fragte ich, denn der Schein, den er brachte, war nicht an mich adressirt.
„Ja, Madame,“ antwortete er ruhig; „ich hatte vier Söhne im Heere; aber zwei sind gefallen, einer ist gefangen genommen, und ich gehe zu dem vierten, der im Hospital in Washington schwer krank danieder liegt.“
„Dann habt ihr viel für euer Vaterland gethan,“ sagte ich, und mein Mitleid verwandelte sich in Achtung.
„Nicht mehr als meine Schuldigkeit, Madame. Ich würde selbst mitgegangen sein, wenn meine Dienste von Nutzen gewesen wären. Da dem nicht so ist, so gebe ich meine Söhne, und thue es von Herzen.“
Dabei sah er so aufrichtig aus und schien so freudig sein Alles hinzugeben, dass ich mich schämte. Ich hatte über die Trennung von eurem Vater gemurrt, während dieser Mann willig seine vier Söhne hingab; meiner warteten daheim meine vier Töchter, die mich lieben und mein Trost sind, während sein letzter Sohn in weiter Ferne sich danach sehnt, ihn zu sehen und ihm vielleicht ein letztes Lebewohl zu sagen. Ich fühlte mich so reich und glücklich bei dem Gedanken an alle Segnungen, die Gottes Güte mir noch gelassen, dass ich ihm ein nettes Bündel zurecht machte, etwas Geld hinzufügte und ihm für seine Lehre herzlich dankte.“
„Erzähle uns noch eine ähnliche Geschichte, Mutter; ich denke nachher gern darüber nach, besonders wenn sie aus dem Leben gegriffen ist,“ sagte Jo nach kurzem Schweigen.
Frau March lächelte und begann sogleich. Sie kannte ihre jungen Zuhörerinnen, denen sie seit Jahren erzählte, und sie wusste immer etwas, das sie interessiren konnte.
„Es waren einmal vier kleine Mädchen, die hatten reichlich zu essen und zu trinken; auch an Kleidern fehlte es ihnen nicht. Sie hatten, gute Freunde und Eltern, die sie zärtlich liebten; daneben erfreuten sie sich mancher andern Segnungen, und doch waren sie nicht zufrieden.“ (Bei diesen Worten warfen sich die Zuhörerinnen verstohlene Blicke zu und begannen fleissig zu nähen.) „Diese Mädchen bestrebten sich ernstlich, gut zu sein und fassten viele vortreffliche Entschlüsse, aber leider führten sie dieselben nicht immer aus und sagten beständig: Wenn wir doch nur dies und jenes hätten!“ Wie viel Gutes sie besassen, und wie mancher Annehmlichkeiten sie sich erfreuten, vergassen sie völlig. Sie fragten also eine alte Frau, ob sie nicht einen Zauber wisse, der sie glücklich machen könne. „O ja,“ antwortete diese; „wenn ihr euch unzufrieden fühlt, so denkt über alle Segnungen nach, mit denen Gott euch überschüttet hat, und seid dankbar.“ (Hier blickte Jo rasch auf, als ob sie sprechen wollte; da sie aber merkte, dass die Geschichte noch nicht zu Ende war, schwieg sie.)
„Da sie vernünftige Mädchen waren,“ fuhr die Erzählerin fort, so beschlossen sie, ihrem Rathe zu folgen, und bald waren sie erstaunt, zu sehen, wie gut sie’s hatten. Die Eine entdeckte, dass der Reichthum nicht vor Kummer und Schande schützt; eine Andere fand, dass sie trotz ihrer Armuth durch Gesundheit, Jugend und frohen Muth weit glücklicher sei, als eine gewisse grämliche alte Dame, die sich ihres Reichthums und ihres schönen behaglichen Hauses nicht freuen konnte; eine dritte sah ein, dass, wie unangenehm es auch sein möchte, das Mittagessen besorgen zu helfen, es doch noch viel härter sei, es erbetteln zu müssen; und die vierte erkannte, dass selbst Carneolringe weniger werthvoll seien, als gutes Betragen. Sie nahmen sich also vor, nicht mehr zu klagen, das Gute, das sie befassen, zu geniessen und zu verdienen, damit es ihnen nicht noch genommen würde; und ich glaube, sie haben es nie bereut, dem Rathe der alten Frau gefolgt zu sein.“
„Wie schlau du bist, Mama, unsere eigene Geschichte gegen uns zu kehren und uns eine kleine Predigt zu halten,“ rief Margaret.
„Ich liebe diese Art von Predigten, solche hielt uns der Vater auch,“ sagte Lieschen nachdenklich, indem sie Jo’s Nadeln ordentlich auf das Kissen steckte.
„Ich klage lange nicht soviel wie die Andern, und werde mich von jetzt an noch mehr in Acht nehmen, denn Susie’s Schicksal ist eine Warnung für mich gewesen,“ sagte Amy höchst verständig.
„Die kleine Vorlesung that uns noth, und wir wollen sie nicht vergessen; sollten wir es dennoch thun, so sag nur, wie die alte Chloe in Onkel Tom „Tink ob Yer marcies, chillen, tink ob Yer marcies,“ fügte so hinzu, der selbst die kleine Predigt Gelegenheit zu einem Scherz geben musste, obgleich sie die Worte der Mutter nicht weniger zu Herzen nahm als irgend eine ihrer Schwestern.
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