KATE: Ich kann es mir in etwa vorstellen. Aber immerhin ist es gefliest.
TONY: Das ist aber auch der einzige Vorteil. Und so leicht lässt sich Blut auch nicht von Fliesen waschen, falls Sie das denken.
KATE: Ich habe nicht vor, es auszuprobieren.
TONY: Das ehrt Sie. (öffnet die Minibar) Darf ich... oh. Wann?
KATE: Wenn die Polizei fertig ist, nehme ich an.
TONY: Das... klingt vernünftig. (schließt die Bar wieder) Natürlich berechnen wir Ihnen nichts, wenn Sie sich in dieser schweren Stunde aus der Minibar bedienen.
KATE: Wie großzügig. Haben Sie der Person in Neapel etwas berechnet?
TONY: Die hat die Minibar gar nicht angerührt.
KATE: Das muss Sie erleichtert haben.
TONY: Nicht ganz. Ihr Mörder hat zwar alles in der Minibar gelassen, aber leider hat er die Minibar selbst dann benutzt, um damit sein Opfer... auf brutale Weise... (macht eine Geste, wie man jemandem etwas Schweres auf den Kopf haut) Er hat drei Anläufe gebraucht. Die Minibar konnten Sie dann natürlich wegschmeißen.
KATE: Und das Opfer?
TONY: Das auch.
KATE: (sieht ihn mit schiefem Kopf an)
TONY: Also tot.
KATE: Bessere Formulierung.
TONY: Ich weiß, danke.
KATE: Und das Badezimmer.
TONY: Versaut. Es war genau das Szenario, das man als Hotelbediensteter nicht erleben möchte.
KATE: Als Hotelgast auch nicht!
TONY: So hab ich das noch gar nicht betrachtet. Ja, vermutlich haben Sie recht. Vielleicht möchte man so etwas als Gast in einem Hotel wirklich nicht erleben.
KATE: Hat man den Mörder gefasst?
TONY: Natürlich. Und mit gefasst meine ich erschossen – und natürlich haben wir ihm die komplette Minibar in Rechnung gestellt, obwohl das gar nicht sein Zimmer war.
KATE: Das wird ihn sicher sehr geärgert haben.
TONY: Das denk ich auch. Außerdem hat man in seinem Koffer drei Handtücher und zwei Bademäntel aus dem Hotel gefunden.
KATE: Also Mörder und Dieb.
TONY: Da fragt man sich, was schlimmer ist.
KATE: Tut man das?
TONY: Wenn man in meiner Branche arbeitet, schon. Ich meine, wie oft finden Sie schon eine Leiche – aber wie oft wird was geklaut?!
KATE: Ich verstehe, was Sie meinen. Gab es noch andere Zwischenfälle?
TONY: Mit diesem Gast?
KATE: Mit Leichen!
TONY: Mehr als Sie sich vorstellen können. Wo auch immer ich arbeite, es gibt immer Blut und Tränen… und Leichen!
KATE: Da haben Sie ja eine ganze Menge erlebt.
TONY: Oh ja, das hab ich. Ich scheine das Pech anzuziehen.
KATE: Oder die Mörder.
TONY: Oder die. Und gerade, als ich gehofft hatte, es würde endlich aufhören… (wird aufmerksam) Ist jemand im Bad?
KATE: Sie meinen, außer meinem Mann?!
TONY: Äh…
KATE: Die Inspektorin.
TONY: Der Zimmermädchen?
KATE: Der Polizei !
TONY: Inspektor Misses?!
KATE: Ja.
TONY: Oh! (erhebt sich) Dann… möchte ich nicht weiter stören. (geht zur Tür) Ach, sagen Sie ihr doch bitte, dass ihre Rechnung an der Rezeption auf sie wartet.
KATE: Ihre Rechnung?
TONY: Von gestern Abend. Für ihre Getränke. Bis später. (geht ab)
Szene 4
(Fliegender Wechsel: Während TONY abgeht, drängt sich ELODIE an ihm vorbei und kommt herein. Sie ist sehr fröhlich.)
ELODIE: (tritt auf) Wunderschönen guten Morgen, KATE!
KATE: Morgen, Elodie.
ELODIE: Ist das nicht ein wundervoller Tag?
KATE: Das hängt ein bisschen davon ab.
ELODIE: Wovon?
KATE: Ob man meinen Mann gemocht hat.
ELODIE: (ihr fällt es wieder ein) Ach, meine Güte, das hatte ich ganz vergessen. Dein Mann! Ist er immer noch…
KATE: Tot? Ja.
ELODIE: Oh.
KATE: Ich denke, da wird sich wohl auch nichts mehr dran ändern.
ELODIE: Meinst du nicht?
KATE: Die Medizin hat noch kein Mittel gegen Totheit gefunden, fürchte ich.
ELODIE: Da könnte man bestimmt Millionen mit verdienen.
KATE: Ja. Aber es würde Mord sehr unbefriedigend machen.
ELODIE: Da ist was dran. Mord? Meine Güte, war es denn Mord?
KATE: Hattest du den Eindruck, er wäre eines natürlichen Todes gestorben?
ELODIE: Ich hab gar keinen Eindruck, ich hab ganz schnell weggeguckt. Wie er da gelegen hat… Ich werd seinen Anblick wohl nie vergessen.
KATE: Du kommst schon darüber hinweg.
ELODIE: Meinst du?
KATE: Da bin ich sehr optimistisch.
ELODIE: Danke. Ich hab ja schon viele Männer gesehen.
KATE: Das glaub ich.
ELODIE: Auch in der Badewanne.
KATE: Das glaub ich auch.
ELODIE: Auch tot.
KATE: Das… Wirklich?
ELODIE: Doch. Ich bin nicht stolz drauf. Aber…
KATE: Du bist so gut im Bett, dass dir die Männer haufenweise wegsterben?
ELODIE: Nein, ich hab mal im Altenheim gearbeitet.
KATE: Oh.
ELODIE: Ich wollte immer einen alten, reichen Mann kennenlernen, den ich dann heiraten kann und der dann stirbt und mir alles vererbt.
KATE: Und?
ELODIE: Die sind alle zu früh gestorben. (öffnet die Minibar) Dein Kühlschrank ist kaputt.
KATE: Ich weiß.
ELODIE: (macht die Minibar zu)
KATE: Vielleicht solltest du dir ein neues Jagdgebiet suchen.
ELODIE: Das hab ich mir auch schon gedacht. Außerdem sind die im Altenheim auch selten so richtig reich. Weißt du, wie viele Jahre ich verschwendet hab, bis ich das rausgekriegt habe?
KATE: Ich kann’s mir vorstellen.
ELODIE: Also hab ich mir gesagt, ich muss offenblusiger sein.
KATE: Offenherziger.
ELODIE: Nein. (deutet auf ihren Ausschnitt) Obwohl es in dieselbe Richtung geht. Also, was wollen wir heute machen?
KATE: Ich weiß nicht, was du machen möchtest, aber ich habe schon etwas vor.
ELODIE: Und das wäre?
KATE: Trauern.
ELODIE: Ah. Weswegen?
KATE: (deutet Richtung Bad)
ELODIE: Ach so, ja, sicher. Das vergess ich immer. Mir ist so, als hätte ich ihn erst gestern noch gesehen.
KATE: Das hast du.
ELODIE: Bitte?
KATE: Du hast ihn erst gestern noch gesehen.
ELODIE: Ist ja nicht wahr. Wo?
KATE: Unten. Am Pool. In der Bar. Beim Mittagsessen. In der Bar. Beim Abendessen. In der Bar.
ELODIE: Er war viel in der Bar, oder?
KATE: Ja.
ELODIE: Meinst du, das hat ihn umgebracht?
KATE: Ich glaube, die Badewanne spricht da eine andere Sprache.
ELODIE: Er ist nicht ertrunken?
KATE: Nicht im Alkohol.
ELODIE: Und davon hatten wir eine ganze Menge. Also, wir waren an der Bar… Waren wir nicht alle an der Bar?
KATE: Ja.
ELODIE: Er auch?
KATE: Er auch.
ELODIE: Und dann hattet ihr diesen Streit und er ist aufs Zimmer gegangen, aber wir sind noch unten geblieben, weil die Stimmung so gut war, also abgesehen von eurem Streit und so. Und niemand wusste, dass er… woran ist er gestorben?
KATE: Mord.
ELODIE: Ist das ansteckend?
KATE: Kann man nie wissen.
ELODIE: Und man hat nicht vorher…
KATE: Es gab keine Anzeichen, wenn du das meinst.
ELODIE: Das ist immer am schlimmsten. Wenn so was ganz überraschend passiert. Gut, im Altenheim rechnet man ja mit so was, aber hier…
KATE: Tja, wenigstens erspart es mir, mich scheiden zu lassen.
ELODIE: Warum?
KATE: (seufzt)
ELODIE: Ach so, ja. Und jetzt?
KATE: Bring ich ihn unter die Erde.
ELODIE: Brauchst du mich dafür?
KATE: Nein, ich denke das schaff ich auch so.
ELODIE: Super. Ich bin auch nicht der Typ für…
KATE: Beerdigungen?
ELODIE: Ja. Oder darf man da im schwarzen Bikini hin?
KATE: Das sollte mich sehr wundern.
ELODIE: Schade. Ist bestimmt ne gute Gelegenheit, Männer kennenzulernen. Ledige Männer!
KATE: Ich wusste nicht, dass das für dich einen Unterschied macht.
ELODIE: Manchmal schon. Ich hab schlechte Erfahrungen als Geliebte gemacht.
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