Frank Pfeifer
Der Junge mit dem Feueramulett
Das magische Schwert
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Inhaltsverzeichnis
Titel Frank Pfeifer Der Junge mit dem Feueramulett Das magische Schwert Dieses ebook wurde erstellt bei
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Titel Titel Frank Pfeifer
Der Auftrag
Die Schwarze Burg
Der Widerstand
Das Wirtshaus »Glücksbrunnen«
Auf der Flucht
Auf dem Meer
Impressum neobooks
Frank Pfeifer
Es war an diesem Tag so unerträglich heiß, dass die Schmeißfliegen ohnmächtig auf die Pflastersteine von Conchar klatschten und dort in wenigen Augenblicken mit einem leisen Zischen zu Staub zerfielen. Noch viele Jahre später würde sich Kard an dieses unwirkliche Geräusch erinnern können. Die Hitze in diesem Sommer glich dem Würgegriff einer Schlange, die nun kurz davor war, ihr Opfer vollends zu erdrosseln. Er hatte sich ein schattiges Plätzchen an der Stadtmauer gesucht und schaute den wenigen Kindern zu, die von ihren Eltern zum Wasserholen hinunter zum Mühlenbach geschickt worden waren. Als zwei schwarz uniformierte Wachen vorbeimarschierten, hielt Kard die Luft an und drückte sich fester an die kalte Mauer. Nur nicht auffallen! Die Uniformierten waren willkürlich, besser man lenkte ihre Aufmerksamkeit nicht auf sich. Sie waren dafür bekannt, immer etwas zu finden, um einen in die Kerker zu zerren. Kard betete zu Branu und bat den Gott, dass er unsichtbar bleiben möge.
Puh, Glück gehabt! Die Wachen hatten ihn nicht entdeckt. Leise ließ er den Atem, den er unwillkürlich angehalten hatte, entweichen. Eines der Kinder, das mit einem gefüllten Wassereimer vom Bach kam, konnte das leider nicht von sich behaupten. Ein Uniformierter stellte dem Jungen, einem zerlumpter Knirps von höchstens zehn Jahren, ein Bein. Was für ein Fiesling! Dann amüsierte die Wache sich köstlich darüber, dass das Kind gestolpert war und seine wertvolle Fracht verschüttet hatte.
»Na, du willst doch nicht etwa Branu opfern, oder?«
Ein Röcheln entschlüpfte Kards Kehle und er hielt sich schnell die Hände vor den Mund. Opfergaben an den Schöpfergott konnten einem in Conchar direkt in die Folterkammern der Schwarzen Burg bringen. Der findet sich wohl ziemlich witzig. Aber wenn er selbst dem Obersten Schergen Laoch gegenübersteht, ist er bestimmt klein wie eine Maus. Kard wünschte, dass der Soldat von einem Fluch heimgesucht werden würde, um ihm seine aufgeblasene Eitelkeit aus dem Leib zu prügeln.
»Nein, verehrte Wache, Goiba über alles.«
Der Uniformierte nickte zufrieden. So hatten sie das am liebsten. Wenn man sich schön klein vor ihnen machte. Kard knirschte mit den Zähnen. Er war wütend. Aber er würde dem Kleinen dort unten nicht zu Hilfe eilen. Er war bestimmt nicht so verrückt, sich mit den Wachen anzulegen. Nein! Er hatte lieber seine Ruhe. Obwohl ihm der Junge leid tat. Doch mit seinen sechzehn Jahren war Kard ja selbst noch fast ein Kind. Er konnte nichts ausrichten. Und der Platz im Schatten war doch ganz angenehm. Jahre später würde er lachen, wenn er daran zurückdachte, wie er versuchte hatte, sich unsichtbar zu machen. Eins zu werden mit dem Schatten. Aber in Dunkeln gibt es kein Licht. Die Dunkelheit frisst einen auf oder man verirrt sich. Es sei denn, man findet ein Feuer, damit man einen Weg suchen kann. Einen Weg hinaus aus der Dunkelheit.
Sein Meister und Ziehvater Wallas hatte Kard bei dieser Hitze freigegeben. In der Schmiede, in der Kard lebte und ausgebildet wurde, war es nicht zum Aushalten gewesen. Conchar, die Hauptstadt des Reiches Haragor, war in diesen Sommertagen eine einzige Bratpfanne. Selbst Toraks wie Wallas, diese gewaltigen Mischwesen aus Riesen und Menschen, wagten es an diesem Tag nicht, einen Fuß auf die glühenden Pflastersteine setzten. Die Wesen Conchars waren überzeugt davon, dass diese ungemeine Hitze ein Fluch Branus sein musste. Wollte der Schöpfer etwa Ernten verbrennen und alles Leben in diesem Land auslöschen? Auch Kard fragte sich, was Branu ihnen damit sagen wollte. Aber bei den Göttern ist es wie bei den Govas! Die Priesterinnen Goibas, die das Regiment im Waisenhaus geführt hatten, in dem Kard aufgewachsen war, konnten an einem beliebigen Morgen mit einem netten Lächeln in den Unterrichtsraum kommen und sehr freundlich wirken. Aber im nächsten Augenblick waren sie aus unerfindlichen Gründen schlecht gelaunt und schrieen alle an. Absolut unberechenbare Wesen. Wie die Götter! Trotzdem drehte sich in Haragor alles um deren Gunst. Nur wer ihr Wohlwollen hatte, war auf der sicheren Seite.
Als an diesem Tag der große Schatten kam, um die Erde zu verdunkeln, erschien es zuerst wie ein Segen, der den Lebewesen die lang ersehnte Kühle brachte. Man wagte sich wieder ins Freie, konnte durchatmen, den Kopf gegen den Himmel strecken. Auch Kard hatte das Dunkle, dass die Hitze verdrängte, zunächst begrüßt. Doch was dann am Himmel zu sehen war, erstickte die aufkeimende Freude. Langsam schob sich der Mond vor die Sonne, bis die Sonnenstrahlen nur noch wie Schlieren aus Blut um seinen Rand waberten. Ganz Conchar stöhnte auf. Eine Sonnenfinsternis! Ein Omen für schlechte Zeiten! Wenn die Götter sich stritten, und was konnte dieses Zeichen sonst bedeuten, würden irgendwann die Menschen darunter leiden. So war es damals im Waisenhaus auch immer gewesen. Wenn die Govas miteinander stritten, bekamen das irgendwann die Kinder zu spüren. Die Waisen waren der Wut der Priesterinnen schutzlos ausgeliefert gewesen. Wenn möglich hatte man sich dann irgendwo versteckt, sich unsichtbar gemacht. Kard hatte ein ungutes Gefühl beim Anblick der verdunkelten Sonne. Irgendwas sagte ihm, dass dies sein ganz persönliches Omen war.
*
Allerdings erstarrte nicht ganz Conchar in Todesangst. In den Folterkellern der Schwarzen Burg lachte Tsarr, die oberste Gova des Reiches aus vollem Hals. Tsarr war die Oberste Gova von Goiba, Schwester von Branu, Göttin von Nacht und Kälte. Ständig stritt Goiba sich mit ihrem Bruder Branu um die Macht. Sonne und Mond! Goiba war eine Göttin, deren Gunst man recht zuverlässig durch Menschenopfer erlangen konnte. Schließlich war sie die Göttin des Todes. Und Tsarr schwang ohne zu zögern das Opfermesser, wenn es zur Ehre ihrer Göttin war. Sie war niemand, den man zum Feind haben wollte.
Die Priesterin trug die schwarze Robe ihrer Zunft, einen wallenden Umhang, in dem sie selbst schwarz wie die dunkelste Nacht erschien. Auf dem Stoff klebten ein paar getrocknete Blutspritzer vom letzten Opferritual. Dazu das blasse Gesicht mit den stechend blauen Augen, das von schwarzen Locken eingerahmt war. Dadurch wirkte ihr schmales Antlitz bedrohlich und bösartig. Eine schwarze Dämonin in Menschengestalt.
Für die Sonnenfinsternis hatte die Gova eine eindeutige Erklärung. Ihre Göttin, Goiba, Herrin der Nacht, hatte gesiegt. Branu der Schöpfer musste sich geschlagen geben. Tsarr war überzeugt, mit dem Blut der zehn Jungfrauen, die mit durchgeschnittenen Kehlen kopfüber über der großen Opferschale hingen, wesentlich zur Sonnenfinsternis beigetragen zu haben. Die Gefahr, die sie für Flanakan, dem bisher unangefochtenen Herrscher über Haragor, in den Sternen gesehen hatte, war vorerst gebannt. Goiba hatte das Opfer angenommen und sich erneut gegen ihren Bruder Branu gestellt. Für Tsarr bedeute die Sonnenfinsternis, dass Flanakan nun noch viele Jahre herrschen würde. Und sie selbst würde weiterhin die oberste Gova des Reiches sein und niemand und nichts würde diese Macht gefährden können!
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