mache, so henkt mich ohne Urtel und Recht.«
Die guten Leute waren froh, verhießen dem Schwaben
hundert Gulden, und setzten die Bahre, darauf der
Tote lag, nieder. Der Schwab tät den Sarg auf, und
fing an zu sprechen: »Steh auf im Namen der Heiligen
Dreifaltigkeit!« Der Tote aber wollte nicht aufstehen.
Dem Schwaben ward angst, er sprach seinen Segen
zum andern und zum dritten Mal, als aber jener Tote
sich nicht erhob, so rief er voll Zorn: »Ei so bleib liegen
in tausend Teufel Namen!« Als die Leute diese
gottlose Rede hörten, und sahen, daß sie von dem
Gecken betrogen waren, ließen sie den Sarg stehen,
faßten den Schwaben und eileten demnächst mit ihm
dem Galgen zu, warfen die Leiter an und führten den
Schwaben hinauf.
Unser Herrgott zog fein gemachsam seine Straße
heran, da er wohl wußte, wie es dem Schwaben ergehen
werde, wollte doch sehen, wie er sich stellen
würde, kam nun zum Gericht, und rief: »O guter Gesell,
was hast du doch getan? In welcher Gestalt erblick
ich dich?« Der Schwab war blitzwild und begann
zu schelten, der Herr hätte ihm den Segen nicht
recht gelehrt. »Ich habe dich recht belehrt«, sprach der
Herr. »Du aber hast es nicht recht gelernt und getan,
doch dem sei, wie ihm wolle. Willt du mir sagen, wo
das Leberlein hinkommen ist, so will ich dich erledigen!
« – »Ach!« sagte der Schwab, »das Lämmlein hat
wahrlich kein Leberlein gehabt! Wes zeihest du
mich?« – »Ei du willst's nur nicht sagen!« sprach der
Herr. »Wohlan, bekenn es, so will ich den Toten lebendig
machen!« Der Schwab aber fing an zu schreien:
»Henket mich, henket mich! So komm ich der
Marter ab. Der will mich zwingen mit dem Leberlein,
und hört doch wohl, daß das Lämmlein kein Leberlein
gehabt hat! Henket mich nur stracks und flugs!«
Wie solches unser Herrgott hörte, daß sich der
Schwab eher wollt henken lassen, als die Wahrheit
gestehen, befahl er, ihn herab zu lassen, und machte
nun selbst den Toten lebendig.
Als sie nun mit einander wieder von dannen zogen,
sprach unser Herrgott zum Schwaben: »Komm her,
wir wollen miteinander das gewonnene Geld teilen,
und dann voneinander scheiden, denn wenn ich dich
allewege und überall sollte vom Galgen erledigen,
würde mir das zu viel.« Nahm also die zweihundert
Gulden und teilte sie in drei Teile Als solches der
Schwab sahe, fragte er: »Ei Lieber, warum machst du
drei Teile, so doch unsrer nur zween sind?« – »Ja«,
antwortete unser lieber Herrgott, »der eine Teil, der
ist mein; der andere Teil, der ist dein, und der dritte
Teil, der ist dessen, der das Leberlein gefressen hat!«
Als der Schwab solches hörte, rief er fröhlich aus:
»So hab ich's bei Gott und allen lieben Gottes-Heiligen
doch gefressen!« Sprach's und strich auch den
dritten Teil ein, und nahm also Urlaub von unserm
lieben Herrgott.
Die Probestücke des Meisterdiebes
Es wohnten in einem Dorfe ein Paar sehr arme alte
Leute mutterseelenallein in einem geringen Häuslein,
das ganz weit draußen stand, und hörte gerade mit
diesem Häuslein das Dorf auf. Die beiden Alten
waren brav und fleißig, aber sie hatten keine Kinder.
Einen Sohn, einen einzigen, hatten sie gehabt, aber
der war ein ungeratener Bube gewesen, und heimlich
auf und davon gegangen, hatte auch sein Lebetag
nichts wieder von sich hören und sehen lassen, und so
glaubten die beiden Alten, ihr Einziger sei lange tot
und bei Gott gut aufgehoben.
Nun saßen einstmals die beiden Alten vor ihrer
Haustür, an einem Feiertage, da fuhr zum Dorfe herein
ein stattlicher Wagen, den zogen sechs schöne
Rosse, und darin saß ein einzelner Herr, hintenauf
stand ein Bedienter, dessen Hut und Rock von Gold
und Silber nur so starrte. Der Wagen fuhr durch das
ganze Dorf, und die Bäuerlein, die gerade aus der Kirche
kamen, meinten schier, es fahre ein Herzog oder
gar ein König vorbei, denn solche Pracht konnte der
Edelmann, der droben im alten Schloß wohnte, nicht
aufwenden. Da hielt mit einem Male der Wagen vor
dem letzten Häuslein still, der Bediente sprang vom
Bocke und öffnete dem darin sitzenden Herrn den
Schlag, welcher ausstieg, und auf die beiden Alten zueilte,
die sich ganz bestürzt von ihrer Bank erhoben
hatten. Er bot ihnen freundlich guten Tag und Handschlag
und fragte, ob er nicht ein Gericht Kartoffelhütes
(Klöße) mit ihnen essen könne? Darüber verwunderte
sich am meisten das Mütterlein, aber der junge
hübsche und sehr vornehm gekleidete Herr stillte alsbald
ihr Staunen, indem er sagte, daß ihm noch kein
Koch diese Hütes habe recht machen können, er wolle
sie einmal von Landleuten zubereitet essen, wie in
seiner Jugend. Da luden die Alten den edlen Junker,
für den sie den Fremdling hielten, freundlich in ihre
Hütte, und er ließ den Wagen mit Kutscher und Bedienten
einstweilen in das Wirtshaus fahren. Das
Mütterlein holte eilends Kartoffeln aus dem kleinen
Keller des Häusleins herauf, schälte, rieb und preßte
sie, ließ Wasser sieden, tat die geballten Klöße, zu
denen sie etwas Schmalz getan, hinein, und segnete
dieses Essen mit dem frommen Spruch: »Gott behüt
es«, davon denn auch die Klöße an vielen Orten Südthüringens
Hütes heißen. In dieser Zeit, daß die Alte
ihr Mahl bereitete, war ihr Mann mit dem Fremdling
in das Hausgärtchen gegangen, wo er an kurz zuvor
gepflanzten jungen Bäumen sich eine kleine Beschäftigung
machte, und nachsah, ob die Pfähle, an welche
die Stämmchen mit Weide gebunden waren, noch fest
hielten, und der Wind keine Weide losgerissen hatte,
und wo dies geschehen war, da band der Alte jedes
Stämmchen wieder fest. Da hub der junge Fremde an
zu fragen: »Warum bindet ihr dieses kleine Stämmchen
dreimal an?« – »Ja!« sprach der Alte, »da hat es
drei Krümmen, darum bind ich's fest, daß es gerade
wächst.« – »Das ist recht, Alter!« sprach der Fremde;
»aber dort habt ihr ja einen alten krummen Knorz von
Baum! Warum bindet ihr den nicht auch an einen
Pfahl auf, daß er gerade wird?« – »Hoho!« lachte der
Alte: »alte Bäume, wenn sie krumm sind, werden
nicht wieder gerad. Wenn man sie gerade haben will,
muß man sie jung gut ziehen.« – »Habt ihr auch Kinder?
« fragte der Fremde weiter. »O lieber Gott, Euer
Gnaden!« antwortete der Mann, »gehabt hab ich einen
Jungen, war ein erzer Nichtsnutzer, hat wilde böse
Streiche gemacht, und ist mir zuletzt davon gelaufen,
und sein Lebtag nicht wiedergekommen. Wer weiß,
wo ihn der liebe Gott hingeführt hat, oder der
Böse.« – »Warum habt ihr denn euern Sohn nicht bei
Zeiten gerad gezogen, wie diese da, eure Bäumchen!«
sprach betrübt und vorwurfsvoll der Fremde. »Wenn
er nun ein ungeratner krummer Knorz und Wildling
worden, so ist's eure Schuld. Aber wenn er euch nun
wieder unter die Augen käme, würdet ihr ihn wohl erkennen?
« – »Weiß auch nicht, lieber Herr!« erwiderte
der Bauer: »er wird wohl in die Höhe geschossen
sein, wenn er noch lebt, doch hatte er ein Muttermal
am Leibe, daran allenfalls könnt ich ihn kennen. Der
kommt aber doch erst am Nimmermehrstag wieder
heim.« Da zog der Fremde seinen Rock aus, und zeigte
dem Alten ein Muttermal; der schlug die Hände
übern Kopf zusammen, und schrie: »Herr Jes's! Du
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