Wie sollte denn so etwas funktionieren?
Ich fuhr in die Tiefgarage auf meinen Privatparkplatz und stellte befriedigt fest, dass Andreas' Range Rover schon parkte.
Der Lift brachte mich nach oben, ich öffnete die Wohnungstür und hörte sanfte Klänge meditativer Musik. Ich selbst konnte mich dafür nicht begeistern, aber ich tolerierte ihren Geschmack und sie akzeptierte auch meine Jazz- und meine Klassiksammlung.
Sie stand in der Küche und bereitete einen Happen zu Essen zu.
Freudestrahlend erzählte ich ihr von meiner Auszeichnungsreise und bemerkte mit Befremden ihren sich verdüsternden Gesichtsausdruck.
„Wann genau soll diese neuntägige Kreuzfahrt stattfinden?“ fragte sie mit gerunzelter Stirn.
„Samstag in drei Wochen geht’s schon los.“ antwortete ich mit schon deutlich verminderter Euphorie.
„Aber da kann ich doch nicht. Ich hatte dir doch erzählt, dass ich in unsere Kanzlei nach New York fliegen muss. Das ist genau in dieser Woche. Du weißt doch wie wichtig dieser Mandant für mich ist, oder?“
Ich ließ die Schultern hängen, schnaufte und sagte erst einmal nichts.
Mein Gesichtsausdruck sprach wohl Bände.
„Aber ich gönne dir diese Reise. Und ehe du hier eine Woche allein zubringst, fahr doch ohne mich. Das wäre vollkommen okay, im Ernst. Ich wäre dir wirklich nicht böse.“
„Weiß nicht, muss ich erst nachdenken.“ brummte ich und ging ins Wohnzimmer.
Aber ich wusste eigentlich schon, dass sie mich mit ihrem unwiderstehlichen Charme mit Sicherheit allein auf diese Reise schicken würde.
II.
Der Flug nach Palma de Mallorca war schon vorüber ehe ich meine Gedanken an die Arbeit und die traurige Tatsache, dass ich nun wirklich ohne Andrea unterwegs war, beendet hatte. Die Abfertigung am Flughafen ging zügig und die Busse zum Schiff standen schon bereit.
Das Einchecken an Bord verlief professionell, dauerte aber ziemlich lange, da erst Begrüßungsfotos von jedem Passagier geschossen, anschließend Bordkarten ausgehändigt wurden und eine kurze Einweisung erfolgte.
Als ich die Tür zu meiner Kabine auf Deck 10 öffnete, war es kurz nach 18.00 Uhr.
Die Firma hatte sich nicht lumpen lassen.
Mit knapp 20 Quadratmetern Platz wie üblich bei Schiffen nicht gerade geräumig, aber mit allem denkbaren Komfort ausgestattet, hatte sie vor allem die aufpreispflichtige Außenlage, was an den zwei erstaunlich großen Fenstern statt der von mir erwarteten kleinen Bullaugen sofort zu erkennen war.
Ich ging duschen, studierte noch etwas die Reiseunterlagen und den Schiffsplan und beschloss, den ersten Abend im Gourmet-Restaurant zu verbringen.
Mein Smoking hatte die Anreise erstaunlich gut überstanden und die dezente schwarz-silberne Fliege hatte Andrea perfekt ausgesucht.
Beim Gedanken an sie wurde ich wieder etwas schwermütig und dachte daran, dass sie am nächsten Morgen nach New York fliegen würde.
Der Oberkellner im „Rossini“ auf Deck 12 hatte eine sehr höfliche, jedoch nicht zu unterwürfige Art und sprach mich mit perfektem Deutsch trotz seines südländischen Äußeren an.
Ich wählte ein Menü aus Hummerschaumsuppe, Rindercarpaccio, Seeteufelfilet vom Grill und Obstsalat mit Pistazieneis und trank dazu einen mir bis dato unbekannten Weißwein aus dem Piemont auf Empfehlung des Kellners.
Dann begann ich die übrigen Gäste zu beobachten.
Die meisten waren Paare oder Gruppen, nur wenige hatten wie ich einen Einzeltisch.
Ein alter Mann saß mir gegenüber und fiel höchstens dadurch auf, dass er besonders unauffällig wirkte.
Die gesamte Aufmerksamkeit zog ohnehin ein anderer Mann auf sich, der einen großen, runden Tisch in der Mitte des Restaurants für sich reserviert hatte, an dem er mit drei jungen Damen, die alle seine Töchter hätten sein können, seinen Reichtum jedem präsentierte, egal ob dieser davon wissen wollte oder nicht.
Er wirkte wie Anfang fünfzig, konnte aber gut und gerne noch einiges älter sein.
Sein Haar war zwar schon sehr ergraut, aber noch relativ dicht.
Sein Gesicht zeigte die typische Solariumsbräune, war faltig, aber noch recht attraktiv.
Er war ziemlich groß und bullig, wirkte aber wie ein Mann, der seine über 100 kg noch schnell in Aktion versetzen konnte.
Alles an ihm war teuer. Sein Anzug von einem Spitzenschneider, die Uhr an seinem Handgelenk war offensichtlich die unverwechselbare sportliche Royal Oak von Audemars Piguet, leider jedoch die nach meinem Empfinden zu aufdringliche Ausführung komplett in Gelbgold und seine Ringe funkelten nur so im Kerzenschein.
Alles wirkte nach meinem Empfinden viel zu protzig um geschmackvoll zu sein.
Aber trotzdem faszinierte er mich. Sein Auftreten war nicht laut und unhöflich, er brüllte den Kellner nicht an oder behandelte die Mädchen wie billige Flittchen.
Über diese brauchte man nicht viel zu sagen. Jede wirkte wie ein Topmodel aus einem Modejournal. Zu schön um wahr und um echt zu sein.
Ebenfalls in teure Kleider und Schmuck gehüllt, genossen sie ihr Luxusleben offensichtlich ohne sich in der Öffentlichkeit wegen ihres Kurtisanenauftrittes zu schämen.
Auch sie wirkten keineswegs billig oder dümmlich, wenn auch im Laufe des Abends nach einigem Champagnergenuss das eine oder andere Kichern das Lokal erfüllte.
Trotz allem hatte man nicht den Eindruck, es mit einem verwöhnten Playboy zu tun zu haben, der mit einem goldenen Löffel im Mund geboren worden war, sondern mit einem Mann, der sich seinen Reichtum selbst hart erarbeitet hatte.
Doch auch er wurde im Laufe des Abends etwas lauter und ich verließ das Restaurant, um mir noch einen Cocktail in einer der zahlreichen Bars an Bord zu genehmigen.
Gegen elf ging ich zu Bett und las noch ein paar Seiten in einem spannenden Thriller, den mir Andrea kürzlich geschenkt hatte.
Am Morgen ging ich gegen 8.30 frühstücken und ließ gegen 10.00 Uhr das angekündigte Sicherheitstraining über mich ergehen. Anschließend beschäftigte ich mich mit dem Reiseplan.
Heute war Seetag. Morgen würden wir am Morgen in Cadiz in Spanien eintreffen und gegen Abend wieder ablegen. Übermorgen war Lissabon angesagt und dann war wieder ein Seetag geplant.
Anschließend Madeira, welches ich ebenfalls noch nicht kannte.
Alles Landgänge, auf die ich mich schon sehr freute.
Die danach anstehenden Kanaren interessierten mich schon weniger, da ich hier schon einige Male mit Andrea war.
Ich nutzte bis zum Mittag einige Fitnessmöglichkeiten an Bord und aß in einem Grillrestaurant eine leichte Mahlzeit. Hier sah ich den Alten vom Vorabend wieder und bekam langsam den Eindruck, dass er mich zuweilen ein wenig beobachtete.
Danach genoss ich die Nachmittagssonne auf dem Sonnendeck.
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