Maria Rohmer - Liebe Amelie! EINS

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Ich hatte also vor einer ganzen Weile die Frau Dr. Hansen lesend zurückgelassen.
(War die doch ausreichend beschäftigt und ich konnte Ihnen in der Zwischenzeit so'n bißchen was erzählen. Oder hätten Sie derweil auch lieber gelesen?)
Was sie da nun zum 2. Mal in Händen hielt, gefiel ihr recht gut – so gut sogar, daß sie sich spontan zu ein paar Zeilen an die ihr unbekannte Verfasserin entschloß. (Das mit den von dieser beschriebenen Gefühlen, das hatte sie nämlich zu ihrer Seemannsfrauenzeit ganz genau so gefühlt.)
So machte sich also am 27. Dezember des Jahres 1991 die erste Karte von Jena auf nach 4050 Mönchengladbach. DAMIT WAR UNSER SCHICKSAL BESIEGELT! – Durch eine unschuldige kleine Karte, durch ein paar Sätze voller Gefühle …
Die Frau Hansen mit dem tchirurgischen Doktortitel (schreib ich meistens falsch) und die Frau Rohmer, der die drei entscheidenden Jahre bis zum Abitur fehlen (das sag' ich Ihnen lieber gleich, eh Sie das aus zweiter Hand erfahren) – also die beiden machten sich auf den Weg zur Amelie und zur Maria.
Es begann spannend zu werden …
Brief folgte auf Brief – denn zurückgeschrieben habe ich immerzu – und so halte ich das bis zum heutigen Datum. Und da die Amelie diese goldene Regel des Postverkehrs ebenso beherzigt – ja, da häufelt sich halt so einiges aufeinander.
Wenn ich nun schon höflich drängend dazu aufgefordert worden bin Geschichten von uns oder so zu schreiben, dann benötige ich zumindest Material aus dem sich ggf. und möglicherweise etwas machen ließe. Recherchieren muß auch die beste Autorin – warum also sollte ich nicht müssen! Die wirklich guten, die recherchieren bis kurz nach Ablauf von zwei Jahren und schreiben das eigentliche Buch zwischen Weihnachten und Neujahr. (Da passiert ja ohnehin nicht viel.
Da wartet doch nur jeder auf Silvester.)
Falls Du, meine bisher liebe Amelie, nun Dein Zeitlupentempo nicht ein wenig in Beschleunigung versetzt, sehe ich nicht allzu rosig für unser gemeinsames Projekt.

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Maria Rohmer

Liebe Amelie! EINS

Zwei wie wir...

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Inhaltsverzeichnis Titel Maria Rohmer Liebe Amelie EINS Zwei wie wir - фото 1

Inhaltsverzeichnis

Titel Maria Rohmer Liebe Amelie! EINS Zwei wie wir... Dieses ebook wurde erstellt bei

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

Impressum neobooks

1. Kapitel

Auf daß ihr suchet und findet

«Da sitze ich also inmitten von Hunderten Maria-Briefen und Karten und soll

eine Auswahl der für mich besten zusammenstellen» - schreibst Du mir in

aller Seelenruhe, anstatt weiter zu wühlen in den Tiefen Deiner Schreibtischschublade.

Ich will mal für Dich hoffen, daß Du wenigstens alle beisammen und nicht

welche in jener Kiste und andere in jenem Kasten abgelegt hast.

Daß in Deinem letzten dienstlichen Führungszeugnis neben Ordnung ein Sehr gut eingetragen wurde, steigert noch den Grad meiner Hoffnung. Wär’ doch auch wahrscheinlich nicht so günstig, wenn Du Deine Patienten, die Dir uneingeschränkt grenzenlos vertrauen, während der O.P. wieder falsch zusammenmontierst, nur weil Du einzelne Teilstücke gerade nicht auffinden kannst. So was ließe sich auf Dauer bestimmt nicht verheimlichen.

Wenn ich nun schon höflich drängend dazu aufgefordert worden bin Geschichten von uns oder so zu schreiben, dann benötige ich zumindest Material aus dem sich ggf. und möglicherweise etwas machen ließe. Recherchieren muß auch die beste Autorin – warum also sollte ich nicht müssen! Die wirklich guten, die recherchieren bis kurz nach Ablauf von zwei Jahren und schreiben das eigentliche Buch zwischen Weihnachten und Neujahr. (Da passiert ja ohnehin nicht viel - da wartet doch nur jeder auf Silvester.)

Falls Du, meine bisher liebe Amelie , nun Dein Zeitlupentempo nicht ein wenig in Beschleunigung versetzt, sehe ich nicht allzu rosig für unser gemeinsames Projekt. Bis Weihnachten ist nicht mehr lange hin ...

Daß Peter genau so besessen von der Buchidee ist, wie der von mir bei Euch hinterlassene Eindruck an Eurem Telefon ist angenehm zu hören und versetzt mich in freudige Erwartung.Daß er Dich – wie Du schreibst – mehrmals täglich bedrängt, nehme ich als Zeichen seiner zunehmenden Spannung.

«Hast Du nun endlich die Briefe für Mariechen rausgesucht?» - man höre Mariechen ! «Nun mach aber mal!»

Ich suche Schatz, ich suche...«Wo ist mein weißer Pullover?» «Hast Du die Jeans schon gewaschen?» «Geh’ doch in’s Bett wenn Du so erkältet bist.» « Wann gibt es Abendessen?» «Kommst Du Krimi gucken?» «Machst Du dem Hund die Zecke raus?» «Hast Du überhaupt heute eingekauft?» «Packst Du mir gleich die Reisetasche für nächste Woche?»

«Wie weit bist Du nun mit den Briefen???» Gleich Schatz, gleich. Ich suche, ich suche...

DAS, Amelie, das ist einer der Dialoge, die ich liebe! DAS wäre glatt etwas für unsere Geschichten. Sollten wir uns überlegen, ob wir’s mit reinnehmen. Auf jeden Fall mit reinnehmen müssen wir die Geschichte unseres Kennenlernens – nicht daß eventuelle Leserinnen oder noch eventuellere Leser sich verwundert fragen, wieso da ständig und seit nunmehr zwanzig Jahren Briefliches zwischen Jena und – erst Mönchengladbach, dann Rath-Anhoven, jetzt Niederkrüchten hin und her versendet wird. Auch mit rein kommt der zweite Abschnitt der dritten Seite Deines Suchmeldungs-Briefes . Und das jetzt gleich sofort. Das ist einstimmig unwiderruflich beschlossen! Da steht also zu lesen: «Ja, wieweit bin ich mit dem Briefe-Suchen? Wieweit komme ich überhaupt? Komme ich überhaupt weiter? Bis nachts zwei Uhr kannst selbst Du als beste Freundin nicht verlangen, wo ich doch gegen halb sechs schon wieder aufwachen muß! Ich soll Dir also vier oder fünf Deiner gelungensten Briefe schicken.»

(" Gelungen" im Sinne von seltsam – wunderlich sind die alle – Anmerkung von M.)

«Du bist drollig!» ( Das behauptet mein Gemahl auch des öfteren. Langsam fangich an, das zu glauben – Anmerkung von M.)

«Weißt Du überhaupt wieviele sich da im Laufe der Zeit angesammelt haben

(Klar, weiß ich das, habdie schließlich eigenhändig auf den Postweg gebracht . Außerdem,der Amelie-Briefe-Berg ist nun auch nicht gerade mitleidsvoll zu belächeln ! – wieder eine Anm.)

«Erinnerst Du Dich an all das, was Du mir geschrieben hast?» ( Och, da laßich mich gerne mal überraschen. Sicher nicht uninteressant – A.v.M.)

«Was hab’ ich da bis jetzt nicht alles gefunden – dicke Briefe (faßDich doch mal kurz, sagt mein Gemahl auch des öfteren! ), Zettel , (lose Zettel? Du mußt Dich irren! Gucknoch mal auf den Absender ! – A.v.M.),

Briefe ohne Umschlag (Du willst doch wohl nicht behaupten, das seien die durch meine Schuld !?) -, Umschläge ohne Briefe ( vielleicht begegnen die mir in meiner Schublade. Sollte dem so sein, werden sie Dir in nächster Zeit zugehen ), diese und jene Karte, von der ich bis gestern nicht wußte, das ich die gleiche noch dreimal besitze,

(drei gleiche in 240 Monaten ! - willst Du die etwa im nachhinein reklamieren ?), förmliche Briefe (die Form, die habich stets bewahrt, in jedweder Lebenslage. Und am Anfang unserer brieflichen Kontaktaufnahme, da warst Du eben noch die Frau Hansen , ähnlich wie ich die Frau Rohmer war . Nur “lieb“, das waren wir da schon – hast Du jedenfalls stets darübergeschrieben zur Begrüßung : “Liebe Frau Rohmer“)‚ Briefe die thematisch, grammatisch, theoretisch und überhaupt vollends aus der Art schlugen ( heißt das nicht "grammatikularisch “?), traurige Briefe mit Tränen innendrin, Besinnliches, Romantisches, und immer wieder Humoriges

(Amelie,wenn ich den nicht mehr hätte – meinen Humor ...) , Briefe für 1 DM, später für 1,10 DM, Briefe für Strafporto ( wenn die von der Post auch ständig die Buchstaben nachwiegen !), Maxibriefe, Minibriefe auf die gerade noch die Marke draufging, Briefe auf denen statt “Briefzentrum“ noch “Mönchengladbach, die Großstadt im Grünen“ stand, und später dann Wegberg , Briefe mit Leuchttürmen und Briefe mit “Gemeinsam geht’s besser“ ( sind echt gut, die Stempel, was? ), Briefe mit Maikäfern (die waren mir zugeflogen ), Briefe mit und ohne Fehler ( Phälerhaftes aus meine Pfäder? ),

Briefe in Schönschrift ( von mir ?), Briefe in Schmierschrift (einwandfrei von mir !), Briefe mit Umarmungen und den ausgefallensten Grüßen, Briefe mit Geschichten ( ach was?, wo ich doch eine Verfechterin von “Kurz und Bündig“ bin! ), Briefe mit spinnrigen Träumen (glaubich Dir unbesehen - kennmich lang genug! ), Briefe, allerweltsverständlich und Briefe, die nur wir beide verstehen (ist das nicht zu und zu schön, Amelie? !).

Es waren und sind keine Tagebuch-Briefe, aber es war und ist ein ganzer Abriß Deines Lebens in dieser Zeit.»

«Es hat geregnet, wenn die Briefe ankamen oder es hat die Sonne geschienen, manchmal lag hoch der Schnee und es war nicht leicht bis zu unserem Haus vorzudringen, die Jahreszeiten haben gewechselt, die Postboten haben gewechselt, die Jahre sind vergangen – geblieben ist ein Berg an Post, entstanden ist eine Freundschaft. Beides möchten weder ich noch Du missen und lassen es uns nicht wegnehmen (da soll mal einer kommen!) . Nähe ist entstanden, die größer nicht sein könnte, säßen wir zweimal in der Woche im Café und würden klönen. Nähe wird manchmal erst zu Nähe durch Ferne! Wir haben zu einer Zeit, da Deutsch-Deutsche Verbrüderung enthusiatisch angesagt war, eine ganz unspektakuläre Beziehung begonnen und aufgebaut, ausgebaut und beiderseitig für gut befunden.

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