Maria Rohmer - Liebe Amelie! ACHT

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Du wirst nicht glauben, womit die Schüler sich heutzutage während des Unterrichts befassen, bzw. was sowohl männliche als auch weibliche Lehrkörper versuchen ihren Schützlingen an Wissen zu vermitteln.
(Ich – wie Du weißt – bin nach fünfjähriger Nichten- und Neffenbetreuung reichlich leichtgläubig geworden, oder besser gesagt mich wundert nicht mehr allzu viel!)
Heute – wieder mal während des Mittagessens.
Hieß das früher nicht «Kinder haben bei Tisch zu schweigen oder Kinder hat man zwar, aber bemerken darf man sie nicht?»
Mittlerweile haben sich die Zeiten geändert. Mittlerweile heißen die Kinder ja auch nicht mehr Kinder sondern Kids. Das erklärt so manches. Julian – zwischen Schwarzwurzeln und Geflügelsticks im Backteig und mit Käse -: «Gerrit hat gerülpst.»
Ist nicht wahr!? «Stellt Euch vor, bei Herrn Klemm, im Englisch-Unterricht.»
Lea und die Tante stellen sich das vor.
"Ja und dann?", will die neugierige Tante wissen. «Dann hat Herr Klemm gefragt: „Wer von Euch war das“?»
Hätt' ich auch gefragt.
"Ja und dann?" (Einer der Backteig-Käse-Sticks versinkt gerade im Ketchup.)
"Dann haben wir alle Gerrit angeguckt und Herr Klemm wußte Bescheid."
Verräterbande!
"Ja und dann?" Auch Lea zeigt reges Interesse.
"Dann hat Herr Klemm den Gerrit gefragt "Wetten, daß ich das lauter kann? « und wir haben alle gejubelt, auch die Mädchen.»
Das will was heißen.
"Ja und dann?" Mensch, macht der Knabe das heute spannend. Die Tante sollte öfter Kartoffelbrei kochen, dann müßte er sich mit Kauen nicht so lange aufhalten.
"Dann ging's los. Dann haben die wettgerülpst. Immer abwechselnd und immer lauter."
Die Tante kippt fast vom Stuhl.
"Ja, und Du hast Dich diskret zurückgehalten – und nicht etwa mitgemacht!?"
"I-i-ich? Aber der Gerrit hat eindeutig in Führung gelegen. Der hat den Herrn Klemm jedesmal überrülpst."
Ich fass' es nicht!
"Ja und dann?" Dann hat Herr Klemm den Gerrit zum eindeutigen Sieger erklärt und …

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Maria Rohmer

Liebe Amelie! ACHT

Zwei wie wir...

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Inhaltsverzeichnis Titel Maria Rohmer Liebe Amelie ACHT Zwei wie wir - фото 1

Inhaltsverzeichnis

Titel Maria Rohmer Liebe Amelie! ACHT Zwei wie wir... Dieses ebook wurde erstellt bei

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

Impressum neobooks

1. Kapitel

Augen – blick mal!

"Ich brauche dringend ein Schweineauge!" - sagte die Tante vor einigen Tagen zum Bauern, dessen Gehöft sich in Tetelrath befindet. Tetelrath wirst Du nicht kennen, Amelie. Wirst nicht wissen, welche Deiner Landkarten Du auseinanderfalten mußt, um diese Honschaft zu finden. (Ein kleiner Such - Hinweis, guck mal Richtung Wegberg). Aber gut, Du wirst Dich längst fragen, was ich mit einem Schweineauge vorhatte. Nun, ich eigentlich gar nichts, wohl aber hatte der Neffe sich da etwas ausgedacht um sein SEHR GUT in Kunst auch auf dem nächsten Zeugnis wiederzusehen. Leider befand er sich jetzt wiedermal (wie eigentlich jedesmal) in Verzug, bzw. in akutem Abgabedruck in Sachen "Kunstprojekt". Immerhin war bereits Donnerstag, und bis Freitag sollte und wollte er eigentlich (!) sein Werk mit der Montage eines echten, ehemals lebendigen Auges vollendet haben.

Ich persönlich hätte es bei einem Glasauge belassen, aber ich habe es in meiner Schulzeit auch nur bis zu einem AUSREICHEND - BEFRIEDIGEND im künstlerischen Bereich gebracht, das gebe ich zu.

Ich mußte mir schon im 2. Volksschuljahr die von Frau Kaehler gewünschten "Heinzelmännchen" von meiner Mutter auf den Block zeichnen lassen. (Dafür hat sie dann auch ein recht schönes Erfolgserlebnis gehabt, indem sie ein GUT einheimste!)

Zu ähnlicher Anerkennung ihrer Fähigkeiten konnte ich übrigens damals weiteren Mitgliedern meiner Verwandtschaft verhelfen, indem ich z. B. Tante Tini Socken stricken und Tante Wilma ein Nachthemd nähen ließ.

Und irgendwie, Amelie, irgendwie wiederholt sich alles im Leben. Heute denkt der Neffe wohl ähnlich fürsorglich an Onkel und Tante! Maarten nämlich hatte bereits den Holzkasten in Form eines Würfels gebaut, in dessen Mitte das Schweineauge dann seinen Platz finden sollte. In einer, auf eine Säule geklebten, mit Alkohol gefüllten Plexiglaskugel schwimmend, wollte der Neffe dieses Auge dem kunst - sinnigen Betrachter darbieten.

Weisungsgemäß und streng nach Bauplan hatte der Onkel den Kasten mit 2 runden Öffnungen versehen - ein Loch oben, ein Loch vorne, so daß dem künstlerisch Neugierigen gleich zwei Sichtweisen ermöglicht wurden.

Maarten hatte nun seinen Teil zur Kunst sägend, leimend, klebend und farblich gestaltend beigetragen.

Eine Winzigkeit mußte man der Tante aber schließlich auch noch lassen.

Sicher von wegen des Erfolgserlebnisses und der damit einhergehenden Ausschüttung von Glückshormonen - ein Umstand, den man besonders in der meist dunkelgrauen Jahreszeit nicht unterschätzen sollte. Du als medizinische Ärztin wirst das am besten wissen!

Und damit kehre ich zurück nach Tetelrath. Eigentlich wähle ich ja immer den geraden Weg, verzichte also auf weitschweifige Abweichungen vom eigentlichen Thema - weiß wirklich nicht, wieso meinen Kurzgeschichten hin und wieder die Kürze abhanden kommt und die Postler aus Jena von Dir Strafporto einfordern bevor sie Dir mein Briefliches aushändigen wollen. Na, jedenfalls, heute ging es nicht den geraden Weg entlang, heute blieb mir nur der Umweg. Hättest doch ansonsten gar nicht gewußt, warum ich nun mit dem Bauern vor dessen Tetelrather - Scheune stand.

Und, Amelie, beinahe hätte ich mein Erfolgserlebnis da schon gehabt. Hatte es wirklich nur um Minuten verpasst.

Geschlachtet worden war nämlich an diesem Morgen, nur: "Die Abfälle hat man gerade eben abgeholt, tut mir leid."

Und nur wegen eines einzelnen Auges... Den Gedanken will ich lieber gar nicht erst weiterverfolgen! Glücklicherweise hatte der Bauer für heute Feierabend, alle Messer waren bereits gesäubert, warteten auf ihren neuen Einsatz am Montag.

Zu spät also für das Kunst - Objekt des Neffen. Pech für ihn.

Selbiges verfolgte dann auch die Tante bei ihren weiteren Beschaffungsversuchen in Sachen Auge.

In der hiesigen Gegend existieren zwar noch 2 bis 3 Metzgermeister, die ihr Geschäft betreiben, von diesen wurde ich aber telefonisch darüber aufgeklärt, daß man heutzutage auf selbsttätige Schlachtung verzichtet. Hätte ich eigentlich wissen müssen, Amelie. Oder hast Du etwa während der letzten Jahrzehnte ein Tier auf eigenen 4 Beinen einen Metzgerladen betreten sehen?! Also ich nicht. Früher, in meiner Kindheit, da war das alles anders.

Was sagst Du? <>

Meine Freundin willst Du aber schon bleiben?!

Na, jedenfalls, damals, da hat so manches Schwein quicklebendig, sicher nichts Böses ahnend auf dem Hof vom Metzger Dohmen den Viehtransporter verlassen um sich wenige Stunden später in der Fleisch - und Wursttheke wiederzufinden.

Dort, beim Metzger Dohmen in Holt, da hätte ich mein Auge jederzeit gekriegt, bloß, damals brauchte ich keins.

Damals verlangte Schwester Brigitta von mir lediglich einige möglichst noch lebende Regenwürmer als Anschauungsmaterial im Biologie - Unterricht.

Meinem Opa hat das Ausgraben und vorübergehende Unterbringen in einer mit Gartenerde gefüllten Dose nichts ausgemacht. Aber zurück in die Gegenwart.

"Schlachthof", das war die nächste ( und letzte ) Institution, die ich mit dem Vorhandensein toter Tieraugen in Verbindung brachte.

"Schlachthof", "TÜV" und "DEKRA" steht auf dem Straßenschild zu lesen, das einen in Viersen kurz hinter der ehemaligen Post dazu auffordert, rechts abzubiegen. Es ging schon auf 17.00 Uhr zu an diesem Donnerstag als ich den Wagen auf dem Schlachthof abstellte. Zwei riesige, flache Gebäude waren zu sehen, eines gleich vorne, das andere mehr im Hintergrund, nach links versetzt.

Bot sich also an erst einmal in das "gleich vorne" reinzugucken.

Gleich hinter dem Eingang ein langer Gang, Türen zu beiden Seiten, niemand zu sehen - weder Mensch noch Tier.

Der Gang führte mich in eine große Halle, in der mehrere Jünglinge emsig und geschäftig hin und her eilten.

Alle ausstaffiert mit weißen, langen Gummischürzen, weißen Hauben und weißen Gummistiefeln (hättest Du jetzt angenommen, Amelie,) stimmt aber nicht. Das Gelb, Grün und Schwarz der Fußbekleidungen lockerte das insgesamt eher sterile Bild erfreulich auf. Zwei der Jünglinge hielten Schläuche in Händen, waren wohl bereits beim Saubermachen. Einer der beiden sah mich und kam auf mich zu. Brav sagte ich erneut mein Sprüchlein auf: "Ich brauche ganz dringend ein Auge für meinen Neffen, für den Kunstunterricht, Sie verstehen?" (Hätte ja durchaus auch für die Biologie - Stunde sein können.)

"Hierrr nix Auge, wirrr hierrr Döner drrrehen!", sprachs, drehte sich um und entschwand, den Schlauch hinter sich herziehend.

Mensch, Amelie, hatte ich doch gleich beim Betreten der Halle und beim Anblick der Gummibestiefelten schon so eine flüchtige Empfindung verspürt, konnte ich jetzt sicher sein: Der Ort hier war fest in türkischer Hand!

Jetzt stell Dir vor, ich hätte harmlos wie ich nun mal bin, das Verlangen nach einem Schweineauge geäußert...

Ich will lieber gar nicht erst wissen in welchem Zustand ich dann die Halle und die Döner - Drrreher verlassen hätte...

Was sagst Du da? - "Das Glück ist eben immer noch mit den..." Nun blieb mir noch der Versuch im hinteren, nach links versetzten Gebäude. Und da war ich dann auch richtig, oder besser: Ich war zwar am richtigen Ort, das aber leider nicht zum rechten Zeitpunkt.(Demnach - wie gehabt!) Nachdem ich eine schwere Eingangstür aufgezogen hatte, befand ich mich wieder in einem langen Gang.

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