Ein schnell näherkommendes Motorengeräusch unterbrach die Stille. Der Lichtkegel des herannahenden Fahrzeugs das hinter Klaus fuhr, erhellte bereits dessen Fahrbahn.
Klaus hielt sich jetzt aus Sicherheitsgründen ziemlich weit rechts am Fahrbahnrand. Als der dunkle PKW sich ihm näherte, drosselte dieser plötzlich seine Geschwindigkeit.
Auf gleicher Höhe fahrend, fuhr er kurze Zeit neben ihm und Klaus erkannte an der Kopfstellung des Fahrers, dass er ihn ansah. Plötzlich heulte der Motor des Wagens auf und seine Reifen quietschten. Der PKW raste über die Bundesstraße voraus.
»Du bist wohl besoffen? Vollidiot!«, schrie Klaus ihm nach.
»Dieser Blödmann, der hat sie doch nicht mehr alle beisammen – und so einer hat den Führerschein«, schimpfte er laut vor sich hin. Das Auto war bereits weit von ihm entfernt, soweit, dass Klaus nur noch die Schlusslichter sehen konnte. Am Aufleuchten der Bremslichter erkannte Klaus, dass der Fahrer sein Fahrzeug stoppte. Die hellen Rücklichter des Wagens leuchteten auf und der Wagen kam in schneller Geschwindigkeit rückwärtsfahrend zurück. Mehrere Meter vor Klaus stoppte der Wagen. Klaus war eigentlich kein ängstlicher Typ, aber diese Reaktion ließ ihn besonders aufmerksam werden. Mit den Augen tastete er schnell den Waldrand ab, ob er mit dem Rad in einen schmalen Waldweg flüchten könnte. In Sekunden kam die Ernüchterung, dass eine Flucht mit dem Rad unmöglich war. Nichts als hohes Gras und dichtes Gestrüpp, es bliebe ihm also nur zu Fuß die Möglichkeit einer Flucht. Klaus hielt an und beobachtete gespannt die Autotür des Autos.
Mit einem Fuß bereits am Boden stehend und gedanklich bereits auf dem Sprung, stand er da. Sein Herz klopfte schneller und seine Atmung hatte sich erhöht. Was wollte der oder die Fremde im Wagen von ihm? Ihn Ausrauben? Ihn kennenlernen oder Sex?
Weiter kam Klaus nicht zum überlegen, denn plötzlich fuhr der Wagen schnell rückwärts und steuerte direkt auf ihn zu. Klaus sprang vom Rad und wollte in den Wald fliehen, doch es war zu spät.
Ein schmerzhafter Schlag streckte ihn zu Boden. Der am Boden liegende verspürte weiterhin unsagbare Schmerzen, welche ihm die Räder verursachten, als sie über ihn hinweg rollten und ihn dann in Dunkelheit versinken ließen.
Die Fahrertür öffnete sich und eine dunkel gekleidete Person ging auf den am Boden liegenden Radfahrer zu. Sie prüfte mit den Fingern, ob noch Leben in ihm sei. Schnell stellte die dunkle Gestallt fest, dass der Radfahrer tot war.
»Jetzt bist du da, wo du hingehörst«, murmelte eine kehlige Männerstimme, packte den Toten an den Armen und schleifte ihn ins Gestrüpp, um ihn hinter einem Holzstoß abzulegen.
Während der Täter das Rad verschwinden lassen wollte, näherte sich auf der Autobahn, mit nicht sehr hoher Geschwindigkeit, ein in Richtung Garmisch fahrendes Auto.
Der Verbrecher begriff sehr schnell, dass die Stelle wo er sich befand von der Autobahn sehr gut einzusehen war und reagierte unwillkürlich. Das Rad liegen lassend, rannte er zu seinem Wagen und brauste damit auf der Bundesstraße weiter.
Die Beifahrerin des PKW‘s auf der rechten Fahrspur der Autobahn, sah hinüber zur Bundesstraße und sah dort das Fahrrad auf der Straße liegen. »Heinz, da liegt ein Fahrrad auf der Straße, ob da was passiert ist?« Heinz drosselte sofort seine Geschwindigkeit und versuchte einen Blick zur Straße hinüber zu riskieren.
»Ich kann nichts sehen, wir sind noch zu schnell unterwegs. Wir fahren kurz vor Wangen auf den Parkplatz, von dort führt eine Zufahrt auf diese Straße.«
»Was ist, wenn da was passiert ist, soll ich nicht schon einmal vorab die Polizei anrufen?« Heinz schüttelte den Kopf.
»Nein, hernach hat da irgendeiner nur sein Fahrrad von der Halterung seines Autos verloren.«
Sie verließen die Autobahn und fuhren auf den Parkplatz und von dort auf dieser Straße neben der Autobahn zurück, wieder in Richtung München. Im weiten Lichtkegel ihrer Scheinwerfer erkannten sie das Fahrrad auf der Straße liegend. Sie näherten sich und sahen, dass dieses Mountainbike beschädigt war.
»Hier hat es einen Unfall gegeben«, stellte Heinz entsetzt fest und stoppte seinen Wagen so, dass der Lichtkegel seiner Scheinwerfer die Unfallstelle erhellte. Er schaltete die Warnblinkanlage ein und schaltete den Motor ab. »Komm!«, sagte er und warf seiner Frau einen kurzen Blick zu.
»Nein geh du allein, wer weiß wie der Radfahrer aussieht. Ich ruf inzwischen die Polizei und die Rettung an.«
»Wart noch ein bisserl, mit dem Anrufen … ich schau erst einmal nach.« Seine Frau Barbara nickte.
»Okay.«
Heinz stieg aus und näherte sich mit gemischten Gefühlen dem vermeintlichen Unfallort. Nur noch wenig Schritte davon entfernt, erkannte er, dass der Radfahrer fehlte. Aufatmend ging er zu dem auf der Straße liegenden verbeulten Mountainbike.
»Es ist anscheinend jemanden während der Fahrt vom Auto gefallen«, murmelte er erleichtert vor sich hin. Wie er jedoch näher kam, sah er eine Blutlache auf dem Boden und eine blutverschmierte Schleifspur, die ins Gebüsch führte.
Heinz folgte der Spur und sah hinter dem Holzstoß den Radfahrer liegen. Mit zitternden Händen fasste er zaghaft dem im Gehölz liegenden Mann an den Hals und stellte fest, dass der Körper noch warm war, jedoch dieser keinen Pulsschlag mehr hatte.
Heinz rannte zurück zu seinem Wagen.
»Ruf die Polizei an, es gibt einen Toten!« Barbara sah ihn entsetzt an. »Hast du einen Toten gesagt?« Ihr Mann nickte.
»Ja …, er wurde zusammengefahren und hinter einen Holzstapel abgelegt. Mit einem toten Tier geht man nicht einmal so um. Der verschwundene Autofahrer ist ein Mörder«, gab Heinz wütend und zugleich entsetzt von sich.
»Warum hat er dann nicht das Rad verschwinden lassen?«
»Wahrscheinlich wurde er gestört, von einem auf der Autobahn herannahenden PKW … Womöglich sogar von uns, denn der Tote ist noch warm.«
»Du meinst, wir haben ihn gestört? Warum haben wir ihn dann nicht gesehen?« Heinz zuckte mit den Schultern.
»Ich bin so aufgeregt. Ruf du an, ich kann nicht.« Barbara hielt ihrem Mann das Handy entgegen und dieser tippte die Nummer der Polizei ein. Hinterher warteten sie auf das Eintreffen der Polizei am Unfallort.
Später im Revier:»Uaah …«, lautes Gähnen ertönte im Raum. Evi Kramer sah zu ihrem Kollegen Rudi Moser, der am Nebentisch saß und die Arme hoch streckte und gähnte.
»Geht‘s nicht noch ein bisserl lauter?«, fragte sie ihn Kopfschüttelnd. »Nein, warum?«
»Ich mein halt nur, dass du mich ziemlich erschrocken hast.«
»Du hast geschlafen? Entschuldige … ich wollt dich ned wecken.«
»Nein hab ich nicht!«, empörte sie sich und Rudi lachte laut auf.
»Klar hast du gepennt«, antwortete Rudi. Im Nebenzimmer klingelte das Telefon von ihrem Revierleiter.
»Wetten das es wieder irgendwo eine Ruhestörung gibt?«
»Wahrscheinlich und diesmal müssen wir los, weil Popeye und Ludwig ned da sind«, stellte Evi fest. In diesem Moment, betrat Revierleiter Gruber den Raum.
»Es gibt einen Einsatz, ihr müsst zur alten Starnberger Straße, dort liegt ein kaputtes Rad auf der Straße?«
Evi und Rudi sahen ihren Vorgesetzten fragend an. »Ich glaub ich hör ned richtig! Nur weil so ein Depp ein kaputtes Radl auf die Straße schmeißt, müssen wir es wegräumen!«, gab Rudi energisch von sich.
»Mensch, lass mich ausreden …! Natürlich nicht nur wegen des kaputten Radls, es gibt auch einen Toten. Mit Fahrerflucht des Unfallverursachers.« Rudi und Evi standen in Sekunden neben ihren Schreibtischen.
»Also wir fahren los. Zur Olympiastraße … und auf welcher Höhe ungefähr?«
»Ihr werdet vom Anrufer an der Unfallstelle erwartet, er hat alles abgesichert. Den Unfallort könnt ihr sicher schon von weitem sehen. Schaut euch am Unfallort genau um, ich verlass mich auf euch!«
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