Stille.
KarolineVielleicht sind wir zu schwer füreinander –
KasimirWie meinst du das jetzt?
KarolineWeil du halt ein Pessimist bist und ich neige auch zur Melancholie – Schau, zum Beispiel zuvor – beim Zeppelin–
KasimirGeh halt doch dein Maul mit dem Zeppelin!
KarolineDu sollst mich nicht immer so anschreien, das hab ich mir nicht verdient um dich!
KasimirHabe mich gerne! Ab.
Karoline sieht ihm nach; wendet sich dann langsam dem Eismann zu, kauft sich eine Portion und schleckt daran gedankenvoll. Schürzinger schleckt bereits die zweite Portion.
KarolineWas schauns mich denn so blöd an?
SchürzingerPardon! Ich habe an etwas ganz anderes gedacht.
KarolineDrum. Stille.
SchürzingerIch habe gerade an den Zeppelin gedacht.
Stille.
KarolineDer Zeppelin, der fliegt jetzt nach Oberammergau.
SchürzingerWaren das Fräulein schon einmal in Oberammergau?
KarolineSchon dreimal.
SchürzingerRespekt!
Stille .
KarolineAber die Oberammergauer sind auch keine Heiligen. Die Menschen sind halt überall schlechte Menschen.
SchürzingerDas darf man nicht sagen, Fräulein! Die Menschen sind weder gut noch böse. Allerdings werden sie durch unser heutiges wirtschaftliches System gezwungen, egoistischer zu sein, als sie es eigentlich wären, da sie doch schließlich vegetieren müssen. Verstehens mich?
KarolineNein.
SchürzingerSie werden mich schon gleich verstehen. Nehmen wir an, Sie lieben einen Mann. Und nehmen wir weiter an, dieser Mann wird nun arbeitslos. Dann läßt die Liebe nach, und zwar automatisch.
KarolineAlso das glaub ich nicht!
SchürzingerBestimmt!
KarolineOh nein! Wenn es dem Manne schlecht geht, dann hängt das wertvolle Weib nur noch intensiver an ihm könnt ich mir schon vorstellen.
SchürzingerIch nicht.
Stille .
KarolineKönnen Sie handlesen ?
SchürzingerNein.
KarolineWas sind denn der Herr eigentlich von Beruf?
SchürzingerRaten Sie doch mal.
KarolineFeinmechaniker?
SchürzingerNein. Zuschneider.
KarolineAlso das hätt ich jetzt nicht gedacht!
SchürzingerUnd warum denn nicht?
KarolineWeil ich die Zuschneider nicht mag. Alle Zuschneider bilden sich gleich soviel ein. Stille .
SchürzingerBei mir ist das eine Ausnahme. Ich hab mich mal mit dem Schicksalsproblem beschäftigt.
KarolineEssen Sie auch gern Eis?
SchürzingerMeine einzige Leidenschaft, wie man so zu sagen pflegt.
KarolineDie einzige?
SchürzingerJa.
KarolineSchad!
SchürzingerWieso?
KarolineIch meine, da fehlt Ihnen doch dann was.
Kasimir erscheint wieder und winkt Karoline zu sich heran, Karoline folgt ihm.
KasimirWer ist denn das, mit dem du dort sprichst?
KarolineEin Bekannter von mir.
KasimirSeit wann denn?
KarolineSchon seit lang. Wir haben uns gerade ausnahmsweise getroffen. Glaubst du mir denn das nicht?
KasimirWarum soll ich dir das nicht glauben?
Stille.
KarolineWas willst du? Stille.
KasimirWie hast du das zuvor gemeint, daß wir zwei zu schwer füreinander sind? Karoline schweigt boshaft. Soll das eventuell heißen, daß wir zwei eventuell nicht zueinander passen?
KarolineEventuell.
KasimirAlso das soll dann eventuell heißen, daß wir uns eventuell trennen sollen – und daß du mit solchen Gedanken spielst?
KarolineSo frag mich doch jetzt nicht!
KasimirUnd warum nicht, wenn man fragen darf?
KarolineWeil ich jetzt verärgert bin. Und in einer solchen Stimmung kann ich dir doch nichts Gescheites sagen!
Stille.
KasimirSo. Hm. Also das wird dann schon so sein. So und nicht anders. Da gibt es keine Ausnahmen. Lächerlich.
KarolineWas redest du denn da?
KasimirEs ist schon so.
Karoline fixiert ihn: Wie?
Stille.
KasimirOder ist das vielleicht nicht eigenartig, daß es dir gerade an jenem Tage auffällt, daß wir zwei eventuell nicht zueinander passen – an jenem Tage, an welchem ich abgebaut worden bin?
Stille.
KarolineIch versteh dich nicht, Kasimir.
KasimirDenk nur nach. Denk nur nach, Fräulein!
Stille.
Karoline plötzlich: Oh du undankbarer Mensch! Hab ich nicht immer zu dir gehalten? Weißt es denn nicht, was das für Schwierigkeiten gegeben hat mit meinen Eltern, weil ich keinen Beamten genommen hab und nicht von dir gelassen hab und immer deine Partei ergriffen hab?!
KasimirReg dich nur ab, Fräulein! Überleg es dir lieber, was du mir angetan hast.
KarolineUnd was tust du mir an?
KasimirIch konstatiere eine Wahrheit. So. Und jetzt laß ich dich stehn – Ab.
Karoline sieht ihm nach; wendet sich dann wieder dem Schürzinger zu; jetzt dämmert es bereits.
SchürzingerWer war denn dieser Herr?
KarolineMein Bräutigam.
SchürzingerSie haben einen Bräutigam?
KarolineEr hat mich gerade sehr gekränkt. Nämlich gestern ist er abgebaut worden und da hat er jetzt behauptet, ich würde mich von ihm trennen wollen, weil er abgebaut worden ist.
SchürzingerDas alte Lied.
KarolineGeh reden wir von etwas anderem!
Stille.
SchürzingerEr steht dort drüben und beobachtet uns.
KarolineIch möcht jetzt mal mit der Achterbahn fahren.
SchürzingerDas ist ein teurer Spaß.
KarolineAber jetzt bin ich auf dem Oktoberfest und ich hab es mir vorgenommen. Geh fahrens halt mit!
SchürzingerAber nur einmal.
KarolineAlso das steht bei Ihnen.
Dunkel.
Das Orchester spielt nun die Glühwürmchen-Suite.
Neuer Schauplatz: Neben der Achterbahn, dort wo die Oktoberfestwiese aufhört.
Die Stelle liegt etwas abseits und ist nicht gut beleuchtet. Nämlich es ist bereits Nacht geworden, aber in der Ferne ist alles illuminiert. Karoline und Schürzinger kommen und hören das Sausen der Achterbahn und das selige Kreischen der Fahrgäste.
KarolineJa das ist die richtige Achterbahn. Es gibt nämlich noch eine, aber mit der ist man bald fertig. Dort ist die Kasse. Jetzt ist mir etwas gerissen.
SchürzingerWas?
KarolineIch weiß noch nicht was. Geh drehens Ihnen um bitte.
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