Er blieb bis kurz vor sieben und saß neben ihrem Bett. Ab und an schaute eine der Ärztinnen herein, überwachte den Zustand der Mutter oder injizierte ihr ein Medikament. Jan interessierte sich nicht für die Medizinerinnen. Das, was in seinem Kopf vorging, war weit wichtiger – endlich bot sich ihm eine Gelegenheit, die Ungerechtigkeit auszugleichen, die ihn seit der Kindheit unentwegt heimsuchte.
Auf dem Weg nach Hause klingelte er an einem Reihenhaus und bedankte sich dort mehrmals bei einer Freundin der Familie, die seine jüngere Schwester nach der Schule abgeholt und bis jetzt auf sie aufgepasst hatte.
Silvana war eine Frau, die mit Ende dreißig keinen Hehl daraus machte, dass sie beruflich da stand, wo sie hin wollte, und die, was ihr Privatleben anbelangte, derart viele Ansprüche und Bedingungen an eine Beziehung stellte, dass sie wohl keine mehr haben würde.
»Schaffst Du das mit der Kleinen, bis eure Mutter wieder zurück ist«, fragte sie und zog ihn etwas zu dicht an sich - so, wie sie es immer tat. Wenn sie Jan begrüßte, drückte sie ihn herzlicher, als sie es musste, und wenn sie ihn küsste, blieben ihre Lippen länger auf seiner Wange, als er es von anderen Frauen kannte.
Jan versicherte, dass sie klarkommen würde.
Mit Mia an der Hand und ihrem Ranzen über der Schulter zog er los. Er war rosa, mit Flamingos darauf. Nach dem dritten Schuljahr hatte er schon ordentlich gelitten und lag zu Beginn der vierten Klasse auch nicht mehr im Trend, weil viele Klassenkameraden jetzt Rucksäcke trugen.
»Was ist mit Mama«, fragte Mia und bekam das 'S' nur mit Mühe heraus. Es blieb immer hängen, da ihr oben zwei Schneidezähne fehlten.
»Ein Schwächeanfall. In ein paar Tagen haben wir sie wieder.«
Die Antwort beruhigte die Kleine.
Bevor sie nach Hause kamen, machten Sie einen Halt im Supermarkt. Für den Abend benötigte Jan neben Hundefutter eine weinhaltige Unterstützung.
Das, was in seinem Kopf schon lange Formen angenommen hatte, ließ sich seit heute umsetzen. Dafür brauchte er etwas mehr Mut, als er für gewöhnlich besaß – und Alkohol war ein Garant für das Quäntchen, das noch fehlte.
Nach neun Uhr lag Mia im Bett und schlief auf der Seite, die Bettdecke zwischen die Knie gestopft. Die Macke hatten sie beiden – Gelenk auf Gelenk, das ging einfach nicht. Jan stellte die Einschlaf-CD im Rekorder ab und schraubte in der Küche den Deckel vom Perlwein ab.
Das Zeug schmeckte scheußlich.
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.