Der Floh Hupfdiwupf und andere Geschichten
Helmut Höfling
published by: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de
Copyright: © 2013 Helmut Höfling
ISBN 978-3-8442-6377-0
Der Floh Hupfdiwupf
Schnurriburr schnurrt hinterm Ofen
Tja, wenn man so einen Floh neben einen Elefanten setzen würde, dann sähe man den Floh überhaupt nicht mehr: So klein ist er – wie der Kopf einer Stecknadel.
Aber so ein Floh ist ein ausgefuchstes Bürschlein, wenigstens unser Floh Hupfdiwupf. Er war in dem dicken Fell des Katers Schnurriburr zu Hause, und dort fühlte sich unser Hupfdiwupf richtig flohwohl. Es war so warm darin, und wenn der Floh hungrig war, dann brauchte er nur den Kater zu zwicken und zu zwacken, bis er ihm ein Tröpfchen Blut abgezapft hatte.
Denn ein Floh lebt ja nun mal davon, dass er anderen Lebewesen immer ein bisschen Blut absaugt, und dann sagt man: „Die Flöhe beißen einen.“
Also, eines Tages lag der Kater Schnurriburr gerade hinterm Ofen und schnurrte und schnarchte. Zur gleichen Zeit spürte der Floh Hupfdiwupf ein solches Knurren im Magen, dass er es nicht mehr aushielt vor Hunger. Ohne erst lange um Erlaubnis zu fragen, biss der Floh einfach zu.
Da fuhr der Kater verärgert aus dem Schlaf hoch. „Zum Kuckuck!“, schimpfte er. „Wer piesackt mich denn da schon wieder?“
Doch statt der Antwort hörte er nur ein unverschämtes Kichern.
„Natürlich der Hupfdiwupf!“, fauchte der Kater. „Wer soll’s denn auch schon anders sein.“
„Ach, werd doch nicht gleich böse, Kater Schnurriburr.“
„Soll ich vielleicht noch lachen? Es ist zum Weinen! Jedes Mal, wenn ich durch die mollige Ofenwärme schläfrig geworden bin und einnicke, dann kommst du daher und beißt mich frech in den Buckel.“
Der Floh machte ein unschuldiges Gesicht. „Was kann ich denn schon dafür, wenn ich plötzlich solchen Hunger kriege?“
„Kannst du denn nicht wenigstens deine Mahlzeiten halten, wenn ich wieder aufwache?“
„Kunststück! Du schläfst ja den ganzen Tag“, kicherte Hupfdiwupf.
„Frechheit! Warte, ich mache dir Beine, du unverschämter Floh!“, fauchte Schnurriburr.
Wenn das Gesicht des Katers nicht ganz mit Haaren zugewachsen gewesen wäre, dann hätte man erkannt, wie er vor Wut rot wurde.
Aber sosehr er auch fauchte und mit dem Schwanz um sich peitschte – den Floh Hupfdiwupf konnte er dennoch nicht erwischen. Und das machte Schnurriburr noch wütender.
„Gib dir keine Mühe, Schnurriburr“, sagte der Floh spöttisch. „Wenn man schon so alt ist wie du, dann soll man sich nicht gleich so aufregen.“
Da platzte dem Kater der Kragen! „Was, alt nennst du mich?“, zeterte er.
„Sieh dir nur mal deine Schnurrhaare an, mein Lieber. Sie sind schon völlig grau.“
„Man trägt sie jetzt so. Und überhaupt – deswegen brauch ich doch noch lange nicht alt zu sein.“
„Soso“, spottete Hupfdiwupf, „und wie ist es mit der Mäusejagd? Früher bist du jede Nacht durch Keller und über Dachböden geschlichen und nie ohne Beute heimgekehrt. Aber heute lässt du dir von den Menschen eine Schüssel mit Milch hinstellen, die du dann wie ein Baby schleckst.“
Die Wut des Katers verwandelte sich in Trotz. Er merkte, dass der Floh ihn durchschaut hatte. „Es gibt eben keine Mäuse mehr“, verteidigte er sich. „Sie sind in den letzten Jahren alle ausgestorben.“
„Dass ich nicht lache! Und warum sind sie ausgestorben, wenn ich fragen darf?“
Hupfdiwupfs Frage kam so schnell und unerwartet, dass Schnurriburr nicht gleich die passende Antwort einfiel. Deshalb suchte er nach einer Ausrede und platzte dann plötzlich selbstgefällig heraus:
„Weil ich – jawohl ich! – sie alle weggefangen habe, miau.“
„Es soll auch schon mal Kater gegeben haben, die an Größenwahn und Einbildung gestorben sind“, kicherte der Floh,
„Du treibst es noch so lange, Hupfdiwupf, bis mir die Geduld endgültig platzt!“
„Ach, komm, Schnurriburr, wir wollen uns wieder vertragen.“
„Das könnte dir so passen, Hupfdiwupf! Du hast mich schwer beleidigt.“
„Weil ich gesagt habe, du seist auch nicht mehr der Jüngste?“, fragte Hupfdiwupf mit seiner unschuldsvollsten Miene.
„So zartfühlend hast du, ungehobelter Floh, dich nun gerade nicht ausgedrückt.“
„Nun ja, dann habe ich eben gesagt, du seist alt.“
„Aber ich bin nicht alt!“, schrie der Kater so laut, dass er selbst erschrocken zusammenfuhr. „Ich fühle mich noch wie in meinen besten Jahren.“
„Jetzt gibst du aber mächtig an! Wenn du dich mal auf den Hof hinunterschleichst, dann erinnerst du mich immer an eine Schnecke.“
„Unverschämt! Dabei nehme ich es an Schnelligkeit noch mit jedem auf.“
„Hoho, mal langsam“, höhnte Hupfdiwupf, „aber nicht mit mir!“
Schnurriburr stutzte und kratzte sich hinterm Ohr, als habe er nicht richtig verstanden. Was der Floh da eben gesagt hatte, klang ja so ungeheuerlich, dass man es noch einmal hören musste, ehe man es fassen konnte, und deshalb fragte Schnurriburr:
„Wie – wie meinst du das, Hupfdiwupf?“
„Ganz einfach so: Ich kann schneller laufen und springen als du.“
Der Kater schnitt ein Gesicht, als könne er nicht bis drei zählen. So viel Unverschämtheit und Angeberei war ihm noch nie vorgekommen. Dieser klitzekleine Floh wollte schneller laufen und springen können als er! Da musste er erst mal überlegen, ob er platzen sollte vor Wut und oder vor Lachen. Doch da er sich heute schon genug geärgert hatte, entschied er sich dafür, die Sache von der heiteren Seite aus zu betrachten, und lachte unbändig los:
„Oh, hör auf! Hör auf mit deiner Prahlerei, du Floh!“
Aber Hupfdiwupf ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. „Ich kann’s dir ja beweisen, Schnurriburr.“
„Beweisen!“, prustete der Kater immer noch vor Lachen. „Wie denn?“
„Du kennst doch die alte Tanne am Waldrand?“
„Natürlich. Was ist damit?“
„Wir beide können ja ein Wettrennen machen. Wer zuerst an der alten Tanne ankommt, der hat gewonnen.“
„Du willst mich wohl aufs Ärmchen nehmen, du Wicht, wie?“
„Nein, Schnurriburr, ich meine es wirklich ernst. Wenn du willst, dann wetten wir.“
Am liebsten wäre der Kater wieder losgeplatzt vor Lachen. Aber dann erkannte er doch, dass der Floh es ernst meinte, und da sich Schnurriburr gern einen Jux machen wollte, sagte er:
„Soso, wetten willst du? Und was kannst du, Floh, mir schon geben, wenn ich gewinne?“
„Dann – dann will ich dich künftig in Ruhe lassen und mir eine andere Wohnung suchen, im Fell eines anderen Katers, aber eines jüngeren.“
„Dass du immer wieder sticheln musst, Hupfdiwupf!“
„So sind wir Flöhe nun mal.“
„Aber dein Vorschlag gefällt mir. Nun sag mir nur noch, was du von mir haben willst, wenn du gewinnst.“
Auf diese Frage war Hupfdiwupf vorbereitet, und deshalb sprudelte seine Antwort nur so heraus:
„Dann bleibt alles beim Alten, das heißt, ich behalte meine Wohnung in deinem Fell, Schnurriburr, und ich speise, wann es mir passt, ohne dass du dich noch mal dareinmischst.“
„Bescheiden bist du gerade nicht“, murrte der Kater. „Aber abgemacht! Die Wette hast du schon verloren, mein Bürschchen, so wahr ich Schnurriburr heiße. Jetzt werde ich dich Plagegeist endlich los.“
Und damit kraulte sich Schnurriburr auf dem Rücken so, als kraule er sich zum letzten Mal in seinem Leben, weil er es künftig nicht mehr nötig habe. Denn für ihn stand es fest, dass er die Wette gewinnen würde.
Hupfdiwupf hüpfte vom Rücken des Katers hinunter und ging mit ihm bis vor die Tür. Hier nahmen sie ihre Startplätze ein, und dann gab der Floh das Kommando:
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