»Oh nein Max, du bleibst hier!«, befahl Kevin sanft.
Grinsend setzte Kevin sich hinters Lenkrad.
»Was ist? Warum grinst du schon wieder?«
»Max mag dich.«
»Ich ihn auch.«
»Ja, das spürt er. Deswegen ist er dir auch nicht von der Seite gewichen.«
»So wie du?«, fragte sie neckend.
Er warf ihr ein umwerfendes Lächeln zu und ihr schoss das Blut in die Wangen. Sie hoffte inständig, dass er das nicht bemerkte. Aber sein Grinsen wurde noch breiter. Mist , dachte sie. Ich hasse meine Blutzirkulation. Während sie noch mit ihrem Blut kämpfte, sprach er mit ruhiger Stimme weiter.
»Eigentlich ist er nie so anhänglich. Obwohl er daran gewöhnt ist immer fremde Frauen um sich zu haben. Schon alleine, weil Jack viele Aufträge bei sich zu Hause abwickelt. Aber du... du scheinst auf ihn anders zu wirken. Hm, da sind wir uns sehr ähnlich.«
»Wieso ähnlich? Bist du sonst nie so freundlich und höflich zu den Frauen, so wie du es zu mir bist?«
»Doch, höflich bin ich immer. So wurde ich erzogen. Aber....«
»Aber?«, fragte sie neugierig.
Wie bringe ich glaubwürdig rüber, dass ich sonst nie mit den Frauen so ausgelassen rede? Wie kann ich erklären, dass ich nur ihr das kleine Paradies gezeigt habe? Wie soll ich in Worte fassen, dass ich mich gerade in sie verliebe?
»Hey ...Kevin? Was ist?«
Er suchte kurz ihren Blick und schaute dann wieder zur Straße. Plötzlich fand er es albern, ihr all das zu sagen. Er hatte Angst, sie würde ihn missverstehen. Er zwang sich zur Ruhe und holte tief Luft. Nein, dachte er, dies wäre der falsche Moment für so ein Geständnis. Was würde sie wohl über ihn denken? Nein, entschied er, nicht jetzt und nicht heute. Er wechselte das Thema.
»Du bist wirklich ein Profi. Ich meine, wie du Jack deine Bedingungen aufgezwungen hast... du hast meinen Respekt!«
Zaghaft fragte sie: »Meinst du, ich war zu forsch«
Er schüttelte mit dem Kopf und war dankbar, dass sie auf sein Ablenkungsmanöver einging.
Ruhig sagte er: »Nein, bestimmt nicht!«
Skeptisch schaute sie zu ihm rüber.
»Du lügst mich jetzt auch nicht an?«
Beleidigt stieß er hervor: »Hey, was denkst du von mir? Warum sollte ich dich anlügen?«
»Verzeih! Es ist nur so, dass ich Lügen hasse.«
»Wer nicht! Wirklich, ich lüge nicht«, sagte er ernst. »Jack kann es verkraften, glaube mir. Im Gegenteil. Er mag es, wenn man weiß was man will.«
»Ja, das weiß ich in meinem Beruf. Ich weiß was ich kann und bin dadurch, ich muss es zugeben, sehr selbstbewusst. Privat sieht es dagegen anders aus.«
Flüchtig schaute er zu ihr rüber.
»Ich finde, du bist privat genau richtig. Der Tag mit dir war sehr schön. Ich habe mich schon lange nicht mehr so amüsiert.«
»Oh ja, stimmt. Warst du nicht der Mann, der ständig über mich lachte?«
Zu seiner Verteidigung hob er die Hand und richtete diese auf sie.
»Du bist schuld. Schau her... ich muss schon wieder grinsen.«
Sein Lächeln war umwerfend und sie stufte es als sehr gefährlich ein.
»Hör sofort auf, mich so anzulächeln«, fuhr sie ihn an.
»Was meinst du? Wie soll ich nicht lächeln?«
Sie zeigte mit ihrem Finger auf seinen Mund und rückte ein bisschen näher an ihn heran. Fast hätte sie seinen Mund berührt.
»Da..., da ist es wieder!«, rief sie.
Leider musste sie selber lachen und verfehlte somit die Wirkung.
»Soll ich lieber ernst gucken?«, sagte er übertrieben langsam und schaute sie diesmal durchdringend an. Sie musste schlucken. Dieser Blick war noch unerträglicher. Unerträglich umwerfend!
Sie merkte wieder das Kribbeln in der Brust. Als wenn sich dort ein Bienenschwarm eingenistet hätte und nun mit aller Kraft gegen ihre Brust flogen, um den Ausgang zu finden.
Was soll das Julia? Du kannst dich nicht verlieben. Du kannst kurze Affären nicht leiden. Schon vergessen? Jetzt reiß dich zusammen und reagiere auf sein Lächeln nicht so, als wenn du noch nie angelächelt wurdest!
»Mir egal. Mach was du willst. Ich werde nur noch aus dem Fenster schauen.«
»Wie jetzt? Kein Lächeln? Kein Grinsen?«
Sie nickte und drehte ihren Kopf in Richtung Seitenfenster. Sie hatte beschlossen, ihn nicht mehr anzusehen. Im Moment fiel ihr nichts Besseres ein, als sein Lächeln zu boykottieren.
Eine gute Idee, fand sie. Er nicht!
»Okay! Kein Lächeln?.. dann nehme ich eben deine Hand.«
Kaum hatte er es ausgesprochen, verschränkte sie ihre Hände.
»Nein, auch keine Hand!«
Er griff trotzdem nach links und umfasste mit seinen schlanken Fingern ihre gefalteten Hände.
Sie boxte ihm gegen den Arm und tadelte ihn: »Okay, ich gebe auf. Du hast gewonnen. Grinsen darfst du, aber meine Hand bekommst du nicht!«
„Na geht doch!“ –
„Ohne dein Grinsen würde mir was fehlen“, gestand sie leise.
Sie versuchte weiterhin seinem Blick auszuweichen. Sie wollte auf Nummer sicher gehen und ihren Puls zur Ruhe zwingen. Bloß keine unnötigen Hormonschübe verursachen. Das ist das Letzte, was sie jetzt in ihrer Situation bräuchte. Also schaute sie verträumt aus dem Fenster und stellte fest, dass es bereits dämmerte und man nur noch schemenhaft die Landschaft erkannte.
Während er noch überlegte, ob er ihr wieder Fragen aus seinem Fragenkatalog stellen sollte, klingelte ihr Smartphone.
Es war Rose und Julia zwang sich, nicht so verärgert zu klingen.
«Hi Rose!«
»Hi Kleines, du warst vorhin so kurz angebunden. Ist alles in Ordnung?«
»Rose!«, fauchte sie. »Du sollst mich nicht Kleines nennen!«
»Schon gut, schon gut. Erzähl endlich, was ist los bei dir? ...kannst du reden?«
Sie drehte sich automatisch zur Tür und ihre Stimme wurde leiser.
»Ja, ich kann reden. Deutsch versteht hier keiner.«
»Auch das Sahneschnittchen nicht?«
Kevin zuckte ein wenig zusammen. Er hatte ihr noch immer nicht gesagt, dass er sie verstand. Sollte er ihr jetzt einen Wink geben, bevor es peinlich für sie wird? Die Antwort bekam er von ihr.
»Nein Rose, er hätte es mir schon längst erzählt. Er versteht uns nicht, glaube mir.«
»Wieso bist du dir so sicher?«
»Weil er mich nicht anlügen würde.«
»Hallooooo... was hast du in deinen letzten Beziehungen gelernt? Männer lügen!«
»Rose, lass meine Beziehungen aus dem Spiel. Außerdem ist er nicht so wie die anderen.«
Es entstand eine kleine Pause.
Rose musste Luft holen, damit sie nicht platzte.
Julia lauschte auf das komische Geräusch am anderen Ende der Leitung. Kevin verkrampfte seine Hand am Lenkrad. Sollte er sie lieber unterbrechen? Nein. Er wollte unbedingt wissen, was sie über ihn dachte. Es war mordsmäßig gemein, das wusste er. Aber die Neugier war stärker als die Vernunft.
»Julia Montana! Nicht so wie die anderen...?«, kreischte sie . »Ich weiß, er ist ein Sahneschnittchen und ich weiß, dass ich gerne mit dir jetzt auf der Stelle tauschen würde. Aber versteh doch, du darfst dich nicht verlieben.«
»Also, das sagt jetzt die Richtige!«, stieß sie hervor.
Rose kicherte und räusperte sich.
»Okay, okay! Du hast ja Recht. Aber Schätzchen, ich leide auch nicht immer so lange, wenn es schief geht.«
»Das stimmt, sondern kürzer und lauter.«
»Ja? Das habe ich noch gar nicht so gesehen.«
Es wurde still um Rose. Sie musste diese Aussage erst einmal sacken lassen.
»Ach Rose. Entschuldige bitte. Das war nicht so gemeint. Du hast mich bloß so in die Enge getrieben«, sagte sie sanftmütig. Rose zu kränken, war das Letzte, was sie wollte. Doch Rose schwieg.
»Hey Rose... du darfst auch Kleines zu mir sagen«, lenkte sie ein.
Читать дальше