Karlotta Pauly
Sage es niemandem, sonst...
Alle Gedichte
Sage es niemandem, sonst...
Alle Gedichte
Der jahrelange Weg einer Psychotherapie zwischen Hoffnung und Verzweiflung
Karlotta Pauly
Impressum
© 2015 Karlotta Pauly, Email: Karlotta-Pauly@web.de
Druck und Verlag: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de
ISBN 978-3-7375-3605-9
Printed in Germany
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Inhalt
Ich über mich
Verlorene Kindheit
Hoffnung
Liebe
Sonne
Hände
Scham
Meine Mutter
„missbraucht“
Der Schrei
Abgestorben
Ein Mantra
Allein im Boot
Mein Vater
Die Welle
Wo?
Vergessen habe ich mich
Gedanken
Alles hat seine Zeit
Die Puppe
Gebundene Gedanken
Kappelige See
Halte Abstand
Körpergefühl
Grenzen
Schwimmen
Habe Geduld
Der Traum
Es ist so kalt
Grausame Eltern
Mein Schmetterling
Ist es so schwer?
Dunkle Weihnacht
Zeit
Der Weg
Danke
Eine Parabel
Bittere Worte
Außer Atem
Oder?
Roter Mohn
Kriegskinder
Noch einmal gefunden.
Was ist geschehen?
Leben und Tod in mir
Erwachsen zwar
Heimweh
Warum Leben? Warum Sterben?
Verzweiflung
Es ist wohl nie vorbei
Danke für das Licht
Licht
Ein wunderschöner Tag
Ich bin ganz
Die Diagnose
Armes Kind
Ich glaube, aber ich verstehe nicht
Hilflos
Du zählst die Stunden
Totgeboren
Vielleicht für immer?
Wer hat bestimmt?
Was wird im Winter
Sterben
Trauer
Trauer ohne Tränen
Von der Hoffnungslosigkeit zur Hoffnung
Einsam – zu oft
Frei werden
Altwerden heißt Abschied nehmen
In der Angst
Die neue Angst
Ich sehe meine Sonne im Zauberspiegel
Ich klage an
Ich bin 1942 geboren, habe eine Kindheit durchlaufen, die ich für normal hielt. Mein Leben als Kind wurde bestimmt durch die ständige Sorge um meine Mutter und einen alkoholabhängigen Vater.
Mit 20 Jahren heiratete ich. Mein Mann und ich bekamen vier Kinder, erst einen Sohn, dann zwei Töchter, Zwillinge, die aber im 8. Monat in meinem Bauch starben, und dann noch einen Sohn. Ich war mit Begeisterung Ehefrau, Mutter und Hausfrau.
Dass meine Kindheit natürlich nicht normal verlaufen ist, entdeckte ich aber erst mit einundfünfzig Jahren. Eine unerklärliche Angst quälte mich Tag und Nacht, sie nahm mir die Luft zum Atmen. Kurz vor dem Ersticken führte mich mein Weg in die Praxis einer Ärztin, die auch Psychotherapeutin ist. Ich fühlte mich dort vom ersten Augenblick an wie in eine warme Decke gehüllt und getragen in meiner Angst. Die Therapeutin führte mich von Therapiestunde zu Therapiestunde und half mir, zu ertragen, was ich in unseren Gesprächen entdeckte.
Ich entdeckte, dass ich ein ungewolltes Kind war. Meine Mutter hatte es oft ausgesprochen, aber ich hatte es nie in mich hinein gelassen. Noch schlimmer war das Erkennen, dass meine Mutter keine Mädchen mochte, und somit mir keine Liebe entgegenbrachte.
Aber das Schlimmste stand mir noch bevor. Nach zehn Jahren Therapie öffnete sich eine Schublade in meiner Seele, zu der ich bisher keinen Zugang hatte. Hervor kamen die Bilder mit einem Mädchen von etwa 4 Jahren, das sexuell missbraucht wurde. Nach und nach wurde das Bild des Täters erkennbar und auch die näheren Umstände der Taten.
Dieses auszusprechen oder aufzuschreiben ist sehr schwer für mich.
Das bruchstückweise Auftauchen der Bilder machte es mir möglich, nicht daran zu zerbrechen. Es war eine schwere Zeit. Aber ich entdeckte in mir eine Fähigkeit, von der ich bisher nichts geahnt hatte, die mir sehr geholfen hat. Ich begann zu schreiben.
Das Lesen eines Gedichtes, das mich sehr berührt hatte, setzte meine Gedanken in diese Richtung und meine Finger am Computer in Gang.
Ich fing an Gedichte zu schreiben.
Das erste Gedicht war mehr ein Gedankenspiel und ich sah erst später, dass die Zeile
..(nichts)..
alles darüber aussagt, wie sich ein missbrauchtes Kind ein Leben lang fühlt, nämlich völlig wertlos, also als ein Nichts.
Die Gedichte sind in der Reihenfolge ihrer Entstehungsdaten aufgeschrieben. Daher erscheint die Reihenfolge vielleicht etwas durcheinander und konfus.
Aber die Gedanken und Empfindungen sind so verlaufen. Ich habe sie absichtlich nicht anders geordnet. Nur so kann ich einen Eindruck vom Verlauf der Aufarbeitung meiner Traumen vermitteln.
Ich bin ein missbrauchtes Mädchen
Ich bin missbraucht
Ich bin
Ich
..(nichts)..
Ich
Ich bin
Ich bin traurig.
Der Schrei,
lautlos,
in der Kehle,
keiner konnte ihn hören.
Die Tränen
der Seele,
trocken,
keiner konnte sie sehen.
Die Angst,
unendlich,
tief drinnen,
keiner konnte sie verstehen.
Ein verlorenes Kind.
Eine verlorene Kindheit,
unwiederbringlich,
verloren für alle Zeit.
Aber sie werden bleiben,
ein Leben lang,
der Schrei,
die Tränen,
die Angst.
Gedanken wollen gedacht werden,
dringen in deinen Kopf.
Erinnerungen wollen gefühlt werden,
müssen ausgehalten werden.
Angst nimmt dir die Kraft,
Angst vor Gedanken und Erinnerungen.
Schlaf will sich nicht einstellen.
Statt dessen
Gedanken und Erinnerungen,
Dunkelheit,
keine innere Geborgenheit.
Schmerz füllt dich aus.
Schlafen, bitte nur schlafen,
nicht mehr denken.
Aufwachen,
ein neuer Tag,
ein neuer Beginn.
Farbe, Licht und Sonne.
Doch langsam kehren sie zurück,
Gedanken,
Erinnerungen,
Schmerz,
treffen dein Herz.
Graue Wolken,
Regen,
kein alles zudeckender Schlaf,
aber ...
keine Dunkelheit.
Öffne die Augen,
ein ganzer Tag liegt vor dir.
Es kann ein schöner Tag werden.
Die Gedanken, Erinnerungen, der Schmerz
gehören zu Dir, sind in Dir.
Nehme sie an,
nehme sie in dein Leben.
Nehme dich an,
nehme dich in den Arm,
und alle, die dir lieb sind auch.
Und ein Hauch
von Leben
wird dir gegeben.
Jetzt ist dein Leben,
nicht damals.
Liebe!
Es gab sie nicht
für ein kleines Kind.
Der Blick der Mutter,
getrübt,
war kein Spiegel.
Im Kind trotz allem
die Liebe wächst und wächst,
wird immer größer.
Sehnsucht ist ihre Nahrung.
Dann ist Liebe
ein Wunder.
Liebe
gibt es!
Liebe
eines Mannes
zu einer Frau.
Ein vertrauter Blick,
eine innige Umarmung,
dann ist Liebe
Sonne bei Regen,
Wärme im Schneesturm,
Nahrung nach einer Hungersnot.
Dann ist Liebe
Alles.
Liebe
gibt es!
Liebe
einer Mutter zu ihrem Kind
ist pure Freude,
pures Glück
für beide.
Liebe
einer Mutter zu ihrem Kind
ist Leben,
ist leben lernen,
ist lieben lernen.
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