Beschreibung – Grundprinzipien in der Osteopathie
Das funktionell-anatomische Prinzip
Die Struktur – also das Gelenk mit den beteiligten Geweben – gibt die Funktion vor. Umgekehrt dirigiert die Funktion die Struktur. Das heißt, dass sich bei Fehlfunktion (falsches Bewegungsmuster) die Struktur (Gelenk) negativ anpasst.
Das Gleiche gilt für alle Organe, die ihren physiologischen Stress benötigen. Bei anhaltender Fehlbelastung (falsche Ernährung, toxische Umwelt, unzureichende Bewegung) verändern sie ihre Funktion und längerfristig auch die Struktur.
Universalprinzip – Streben nach Gleichgewicht
Streben nach Gleichgewicht ist Kompensation! Wenn der Fuß nicht korrekt arbeitet, werden alle darüber liegenden Schaltstellen nach und nach in Kompensationsstress kommen. Dies bleibt meist noch symptomlos. Erst wenn das Fass überläuft – Dekompensation – wird der Patient mit Problemen zum Arzt gehen. Hierzu muss man wissen, dass Schmerzlokalisation und Ursache oft nicht im gleichen Gelenk liegt. Beispiel: Knieschmerz bei Knickfuß. Es bedarf also einer genauen Untersuchung und Beurteilung der Auslösung des Beschwerdebildes.
Dazu hat der Doc oft keine Zeit oder kann es einfach nicht.
Beispiel: „Der Fuß ist dem Knie sein Tod!“
(frei nach Sick – „Der Dativ ist dem Genetiv sein Tod“)
Mentales Training – Autosuggestion
Mentales Training
Der Effekt der später beschriebenen Übungen kann durch mentales Training sehr gut unterstützt werden. Es ist eine Übungsform, die bei technikbetonten Sportarten zur Anwendung kommt. Dabei werden komplexe Bewegungsmuster zunächst in Einzelteile zerlegt und gedanklich geübt. Als Beispiele der Aufschwung beim Golf, die Ausholbewegung beim Tennis oder eben das Hochziehen des Fuß Innenrandes. Die Fußübungen werden zunächst im Stand, sinnvoller Weise unter Spiegelkontrolle, mit hoher Wiederholungszahl (20 Mal) durchgeführt. Dabei wird man schon die belasteten Muskeln spüren. Die mentale Ausführung geschieht dann in einer Ruheposition mit geschlossenen Augen.
Legt euch hin und führt eine Bewegung auf rein gedanklicher Ebene durch. Ohne eine spürbare Gelenkaktion werden zumindest sensible Probanden eine feine Spannung in der zuständigen Muskulatur fühlen. Diese Konzentrationsübungen bewirken einen großen Lernerfolg und daraus entstehende Motivation. Die Nervenbahnung wird verbessert und damit sind die aktiven Bewegungen deutlich bewusster und erleichtert.
Auch der Stand und der Gang soll durch diese Vorstellungskraft immer wieder geschult werden.
Allein die Vorstellung eines Ereignisses oder die gedankliche Vorbereitung einer Tätigkeit bewirken eine Produktion von Botenstoffen im Gehirn, erhöhte Hormonausschüttung der beteiligten Drüsenorgane und eine angepasste Reaktion des vegetativen Nervensystems. Die Planung eines bevorstehenden erotischen Abends, die Vorbereitung einer italienischen Spezialität aber auch der Glaube an die Wirksamkeit eines Medikamentes oder eine Behandlung machen uns die geschilderten Effekte bewusst. Entsprechend dramatisch ist die Auswirkung einer negativen Einstellung.
Das hormonelle und vegetative System reagiert unbewusst. Die Folgen aber sind deutlich spürbar.
Es ist durch Autogenes Training oder eben Autosuggestion zu beeinflussen. Wir können die Herzfrequenz, den Blutdruck und besonders die Atmung durch Konzentration und Aufsagen von Formeln reduzieren. Warum soll diese Form der Beeinflussung auf die Organe und Systeme, deren Funktion uns nicht bewusst ist, nicht auch wirken?
Emil Coue´ hat in seinem Buch „Selbstbemeisterung durch bewusste Autosuggestion“ gut nachvollziehbare Fallbeispiele beschrieben.
In meiner Praxis zeigen sich seine Anleitungen als wertvolle Ergänzung zur Therapie.
Das Vertrauen in die Hilfe der Behandlung und der Glaube an die biologische Intelligenz aller Systeme mit der richtigen Einstellung zur Selbstbeeinflussung garantieren fast immer den Erfolg.
Dem Patienten soll klar sein, dass die Übungen einfach zu erlernen sind und dass er es in kurzer Zeit schnell sinnvoll anwenden kann. Dieses Bewusstsein muss er in sein Unterbewusstsein übertragen. Dazu dient die einfache Formel nach Emil Coue´: Ich kann es, es wird jeden Tag in jeder Hinsicht besser und besser!
So wie ich mich auf eine zu erwartende Situation, ein wichtiges Gespräch mental oder eben autosuggestiv vorbereiten kann, so ist es auch möglich, die Körpersysteme positiv zu beeinflussen.
Konstitution, Stand, Gangbild und Körperhaltung
Konstitution
Der Mensch ist ein Produkt seiner Erbanlage, des sozialen Umfeldes und der jeweiligen Situation.
Die Erbanlage ist bisher nicht zu manipulieren. Aber die Steuerung der Gene ist beeinflussbar wie man heute weiß. Unter Umfeld und Situation kann man die Ernährung einordnen.
Hier gilt als gesichert, dass Kleinkindnahrung und Fastfood beim Jugendlichen das für uns relevante Bindegewebe und die Nervengene seit zweidrei Generationen deutlich negativ beeinflussen.
Die Konstitution ist also durch die Gene vorgegeben. Wir unterscheiden drei Grundtypen, die abhängig von Nahrungsaufnahme und Lebensstil stark variieren können.
Der Leptosom:schlank, meist groß und sehr beweglich (schwaches Bindegewebe), verhältnismäßig geringe Muskelmasse und entsprechend schlechte Fußstatik.
Das Nervensystem ist oft etwas labil, er ist schwer zu motivieren.
Der Athlet:gute Figur, kräftig ausgebildete Muskulatur, mit qualitativ gutem Bindegewebe- also gutem Kapsel-Bandapparat und meist guten Füßen. Er ist sportlich, psychisch stabil und bei Problemen gut zu therapieren.
Der Pykniker:Eher klein und etwas oder viel runder als der Athlet. Die Muskulatur ist okay, aber der Anteil des Fettgewebes ist deutlich höher. Die zahlenmäßig hohe Zunahme dieses Menschentyps wird eindeutig der Ernährung zugeschrieben. Die negativen Folgen sind bekannt: Diabetes, Herz- und Hirninfarkt, Bewegungsunlust bis zur Bewegungsunfähigkeit und natürlich absolute Bindegewebsschwäche.
Der Rumpf ist aufgerichtet, das Becken steht gerade, die gedachte Linie Hüftgelenkskopf – Mitte Kniescheibe fällt auf das Kahnbein des gesunden Fußes.
Gesunder Fuß (links), Knick-Senkfuß (rechts):
Beim Knick-Senkfuß (Plattfuß)liegt diese gedachte Achse deutlich neben dem Innenrand des Fußes.
Im normalen Gehen setzt der Fuß mit der Ferse auf, rollt über die Außenkante und stößt sich am Ende mit der Großzehe ab.
Dieser Vorgang ist unmöglich beim Plattfuß! Der Fuß wird fast plan und außenrotiert (in der Hüfte ist das ganze Bein nach außen gedreht) aufgesetzt und knickt dabei noch mehr nach innen und rollt, wenn überhaupt, über die Innenkante ab. Die Großzehe wird in Richtung 2. Zehe gezwungen und kann am Abrollvorgang nicht teilhaben. Auf die damit verbundenen Knie- und Hüftprobleme werde ich bei der Besprechung der Krankheitsbilder eingehend hinweisen. Mindestens 50 % der Bevölkerung soll sich aber schon mal klar machen, dass diese Fehlbelastung bei jedem Schritt passiert!
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