Als die Last Hope in den Normalraum eintrat, wurde sie sofort heftig durchgeschüttelt, als Trümmerstücke gegen die neuen Schilde prallten und somit eine bläulich schimmernde Kugel um das Schiff sichtbar machten. Kate versuchte so gut es ging auszuweichen, dennoch schlugen noch etliche Trümmerteile in die Schilde ein. „Was zum…“
Kate schaffte es aus dem Trümmerfeld heraus und die Erschütterungen ließen nach.
Sie warf einen fragenden Blick zu Lilly, die hastig einen Scan der Umgebung durchführte. Ihre Miene änderte sich sofort und sie warf einen vielsagenden Blick zu Kate. Kate hatte es bereits vermutet, aber Lilly sprach ihre Befürchtungen aus.
„Es war die Prometheus . Sie wurde vollkommen zerstört.“
Betroffenes Schweigen herrschte auf der Brücke. Jeder wusste, dass mit der Prometheus viele Menschen ihr Leben gelassen hatten, die tapfer für den Erhalt der Menschheit gekämpft hatten. Im Darstellungsbereich tauchte plötzlich eine verbrannte Kugel auf. Die gesamte Oberfläche war schwarz und karg. Kate kannte den Planeten, zumindest hatte sie ihn gekannt. Sie hatte ihn vor zehn Jahren besucht. Eine wunderschöne Welt mit riesigen Naturreservaten. Ungefähr vierhundert Familien und ihre nächsten Verwandten hatten auf dieser Welt gelebt.
„Verdammt!“, brach es aus Kate hervor.
Sie schlug mit ihrer Faust auf den Rand ihrer Konsole. Plötzlich schoss ihr ein Gedanke durch den Kopf, der ihr das Blut in den Adern gefrieren ließ.
„Irgendwelche Anzeichen von Invasoren Schiffen?“
Lilly wandte sich ihren Instrumenten zu.
„Keinerlei Anzeichen.“
Kate wurde etwas ruhiger und versuchte sich zu entspannen, denn ihre Hand krallte sich an den Rand der Konsole, dass ihre Knöchel schon weiß hervortraten. Es hätte gerade noch gefehlt, dass sie direkt in eine Falle geflogen wären.
„Such die Umgebung in einem Radius von etwa fünfzig Lichtjahren ab. Melde dich, wenn du etwas entdeckst.“
„Verstanden.“
Es dauerte einige Minuten, bis Lilly sich wieder meldete.
„In etwa fünfzehn Lichtjahren Entfernung gibt es ein Signal. Es sind die Invasoren.“
„Können wir sie abfangen?“
„Sicher, ich berechne einen Abfangkurs!“
„Was haben sie vor Captain?“
Kate hatte die Brücke verlassen und sofort bemerkt, dass ihr Sloane hinterhergekommen war. Er war der Einzige an Bord, der sie siezte. Auch dies war bereits ein Punkt gewesen, der für eine längere Diskussion gesorgt hatte. Kate kannte ihre Crew gut und erwartete zumindest keine falsche Förmlichkeit. Was natürlich nicht bedeutete, dass sie die Befehlshierarchie ablehnte. Offenbar gab es hier jedoch unterschiedliche Ansichten.
„Commander, ich habe jetzt wirklich keine Zeit für Diskussionen, wir haben nicht viel Zeit, um diese Schweine einzuholen. Wieso fragen sie?“
„Ich möchte lediglich meiner Pflicht nachkommen und eventuell Bedenken anbringen.“
„Ja. Ich habe vor die Invasoren direkt anzugreifen.“, sagte Kate seufzend. Es gefiel ihr nicht so ganz, in welche Richtung dieses Gespräch lief.
„Mit diesem Angriff sind sie eindeutig zu weit gegangen. Und ich habe vor endgültig den Schlussstrich zu ziehen. Bis hier her und nicht weiter!“
„Ich muss sie daran erinnern, dass dies unvorsichtig und voreilig ist. Die Streitkräfte der Invasoren haben offenbar eine neue Waffe, die es ihnen ermöglicht eine ganze Welt in wenigen Augenblicken zu zerstören und beinahe die gesamte Flotte der UMS vernichtet hat. Was könnten sie dann mit unserem Schiff anstellen, wenn wir uns unüberlegt in einen Kampf stürzen? Wir sollten auf Verstärkung warten und uns einen Plan überlegen.“
Kate schlug mit ihrer Faust auf ein Schott direkt neben Sloane, der betroffen stehen blieb.
„Verdammt,…es gibt keine Verstärkung mehr. Die gesamte Flotte wurde vernichtet! Wer sollte uns noch helfen?“
Sloane schwieg.
„Wenn sie lieber aufgeben möchten, sie können gerne eine der Fluchtkapseln nehmen. Es wird sie niemand daran hindern. Ich wäre froh, wenn sie endlich weg sind.“
Sloane gab sich von dieser Rede unbeeindruckt.
„Als erster Offizier ist es meine Pflicht sie auf die Risiken ihrer Entscheidung und meine Ansicht dazu darzulegen.“
„Richtig, ich kenne ihre Meinung jetzt.“, sagte sie und versuchte nicht wieder laut zu werden. Es fiel ihr schwer sich zu beherrschen. Vor allem da sie wusste, dass Sloane Recht hatte. Es war ein Risiko und es war unüberlegt. Doch sie musste handeln. Sie war nun mal so und es war das einzig Richtige.
„Meine Entscheidung steht dennoch fest. Und wenn wir bei diesem Einsatz sterben sollten, ist das immer noch besser, als von ihnen versklavt zu werden, oder noch Schlimmeres.“
Dieser Satz schien Neugierde in ihm zu wecken. Kate merkte, dass sie bei ihrem letzten Satz mehr von sich preisgegeben hatte, als sie hatte wollen.
„Was meinen sie damit?“
„Nichts.“, murmelte sie und sah zur Seite. Sie hoffte dass das Gespräch damit beendet wäre. Doch Sloane ließ nicht locker.
„Was ist damals passiert, als sie von den Invasoren angegriffen wurden?“
Kates hasste sich selbst dafür, dass sie diesen Teil von sich preisgegeben hatte. Doch noch mehr hasste sie die Invasoren dafür, dass sie sie in eine solche Situation gebracht hatten. Sie hatte sich vor Jahren geschworen dieses Detail niemals wieder anzusprechen. Ihr Schmerz verwandelte sich in Zorn, als Sloane ihren wunden Punkt getroffen hatte.
Er lag gar nicht so falsch. Sie war aber noch nicht bereit sich mit ihrer Vergangenheit näher auseinander zu setzen, nicht so.
„Ich sagte doch bereits. Es ist nichts!“
Die letzten Worte klangen endgültig. Zumindest schien Sloane es dabei bewenden zu lassen, was Kate dankbar annahm.
„Wir werden in etwa einer halben Stunde eintreffen. Bis dahin sollten wir wenigstens einige Vorkehrungen treffen, welche die Sicherheit dieses Schiffes etwas erhöhen.“, schlug der Commander stattdessen vor, als weiter auf ihre Offenbarung einzugehen.
„Tun sie das!“
Sloane verneigte sich knapp und verschwand schließlich.
Kate war erleichtert. Diese Diskussion hatte alte Wunden aufgerissen, die sie noch vor wenigen Wochen verheilt geglaubt hatte.
Sie war hier kurz davor gewesen die Kontrolle über sich zu verlieren. So etwas durfte nicht geschehen. Als Captain musste sie als Vorbild fungieren. Wenn sie sich schon nicht selbst kontrollieren konnte, dann konnte sie das auch nicht von ihrer Crew verlangen. Und auch wenn sie das nicht gern zugab, so war sie dankbar dass dieser Ausbruch nicht unbedingt vor einemihrer Freunde stattgefunden hatte.
Sloane hatte soeben eine Seite an Kate entdeckt, die ihm einen kalten Schauer über den Rücken jagte. Noch nie hatte er eine solche Bitterkeit erlebt. Kate schottete sich gegen alles und jeden ab. Sie ließ niemanden an sich heran. Selbst gegenüber ihren Freunden wirkte sie recht verschlossen, so als wolle sie nicht, dass jemand diese Seite an ihr bemerkte.
In ihren Augen hatte er einen unbändigen Hass gesehen, der sich kaum noch zu bändigen scheinen ließ. Kate befand sich auf einem persönlichen Rachefeldzug. Davon war er zumindest überzeugt. Doch wenn er nichts weiter unternahm, könnte das ihr Aller Ende bedeuten. Er würde nicht zulassen, dass Kate die Last Hope in eine hoffnungslose Schlacht steuerte. Er musste unbedingt noch einmal mit ihr sprechen, doch dazu brauchten sie etwas mehr Zeit. Auch wenn es ihm nicht gefiel was er vorhatte, so tat er dies um das Schiff, die Crew und ihre Mission zu retten.
Kate hatte sich wieder einigermaßen gefasst, als sie die Brücke wieder betrat. Sie hatten die Zielkoordinaten fast erreicht. Plötzlich ging ein starker Ruck durch das Schiff.
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