Inzwischen war die Koalition mit den Sozialisten nach der Zeit der schwierigen Krisenbewältigung und den parallel immer noch schwelenden Affären spätestens im Herbst 2012 vollständig gelähmt. Am Kabinettstisch wurde sich nur noch belauert. Man erzielte selbst über eher unkontroverse Maßnahmen keine Einigung mehr. „Die Koalition hatte irgendwann keine Kraft mehr, sich zusammenzureißen“, erinnert sich Lucien Lux, der damals als Fraktionschef der LSAP an allen wichtigen Entscheidungen beteiligt war. Es kam zwar nicht immer zum offenen Streit, aber die Koalition verfügte eigentlich schon von Beginn ihrer Neuauflage von 2009 an über kein politisches Projekt mehr. Spätestens mit der hausgemachten Regierungskontroverse um die Haushaltspolitik wurde jedenfalls vielen Beteiligten klar, dass die Koalition in dieser Form am Ende war. Wie lange sich dieses Ende hinziehen würde, konnte aber noch keiner so richtig absehen.
Dabei war Juncker früher sehr wohl derjenige, der die entscheidenden politischen Impulse gab, seine Partei auf Linie brachte und damit die von ihm angeführten Koalitionen am Leben hielt. Als er dazu selbst durch seine zusätzliche Beanspruchung als Vollzeit-Euro-Retter und den Wandel seines Regierungsstils nicht mehr in der Lage war, kam es politisch langsam, aber sicher zum Stillstand – eine Wahrnehmung, die die Opposition und letztlich auch die spätere Dreierkoalition immer wieder als Hauptargument für die Notwendigkeit eines grundlegenden politischen Wechsels anführten.
Etienne Schneider, der seit 2012 als LSAP-Wirtschaftsminister am Kabinettstisch der großen Koalition saß, spricht im Rückblick über die späte Juncker-Ära von einem „Politikstil, der einfach nicht mehr in diese Zeit passte“. Die CSV habe einen stets ihre parlamentarische Übermacht spüren lassen, bei jeder Gelegenheit die anderen Parteien über die großen Zusammenhänge der Regierungspolitik belehrt und damit jegliche innovative Reformansätze im Keim erstickt. „Jeder, der mit neuen Ideen ankam oder über die Grundrichtung der Politik diskutieren wollte, wurde sofort abgeblockt.“ Diese „herablassende Attitüde“ sei mit der Zeit „unerträglich“ geworden, so Schneider. Er und seine Parteikollegen hätten sich irgendwann gesagt: „Es muss doch auch anders gehen.“
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.