Hermann Ploppa
Die Macher hinter den Kulissen
Wie transatlantische Netzwerke heimlich
die Demokratie unterwandern
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© Nomen Verlag, Frankfurt am Main 2014
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Printed in Germany
ISBN 978-3-939816-22-5
Ein rauer Wind weht von West
Es war einmal – und ist immer noch
Die Geburt des Neoliberalismus aus dem Corporate State
Runde Tische erobern die Welt
Die Atlantik-Brücke als Mutter aller US-Netzwerke in Deutschland
Die gut erzogenen Kinder der Amerikaner
Deutschland fest in transatlantischer und marktradikaler Hand?
Neue Generation – Neue Herausforderungen
Zusammenschweißen, was nicht zusammenwachsen will
Was tun? Deutschland instandbesetzen!
Literaturverzeichnis
Register
Ein rauer Wind weht von West
Die Politik „… darf sich nicht abhängig fühlen und sich am Nasenring durch die Manege führen lassen von Banken, von Ratingagenturen oder sprunghaften Medien.“
Ex-Bundespräsident Christian Wulff 1
Es ist schon erstaunlich, wie schnell in den letzten Jahren Politiker an die Macht gekommen sind – und wie schnell sie dann wieder gegangen wurden.
Da ist zum Beispiel unser ehemaliger Bundespräsident Christian Wulff. Jahrelang wurde Wulff von den Medien aufgebaut und gefeiert als großes Talent. Selbst dass er neben seiner Noch-Ehefrau bereits eine Geliebte hatte, wurde ihm nachgesehen. Dann hält Wulff als Bundespräsident ein paar Reden, die so gar nicht zum Mainstream passen: da sagt der christliche Fundamentalist Wulff, auch der Islam sei ein integraler Bestandteil Deutschlands. Die Banken griff er an, vor allem aber die Europäische Zentralbank, weil diese Schuldtitel von Nationalstaaten aufkauften, was sie nicht dürfen.
Und dann sagte der Darling der deutschen Mainstreampresse noch etwas, das man ihm nun gar nicht zugetraut hätte:
„Wer heute die Folgen geplatzter Spekulationsblasen allein mit Geld und Garantien zu mildern versucht, verschiebt die Lasten zur jungen Generation und erschwert ihr die Zukunft. All diejenigen, die das propagieren, handeln nach dem Motto: Nach mir die Sintflut.“ 2
Von da an war Wulff nicht mehr der Darling der Mainstreampresse. Es dauerte gar nicht lange, da hagelte es Gerichtsverfahren gegen Wulff. Es handelte sich durchweg um Vorwürfe minderer Explosivität. Die Verfahren wurden längst alle eingestellt oder sie endeten mit einem Freispruch für Wulff. Doch Wulff ist nicht mehr Bundespräsident. Seltsam. Die Delikte, die Wulff zur Last gelegt wurden, könnte man so ziemlich jedem Individuum aus der Kaste der Privilegierten zur Last legen. Es war die Rede von Unverhältnismäßigkeit der staatsanwaltlichen Verfolgung.
Handelte es sich womöglich um einen Komplott gegen Wulff, weil er einige Dinge gesagt hatte, die manche Leute nicht so lustig finden? Wulff hat ein Buch über seine Demontage geschrieben – oder von einem Ghostwriter schreiben lassen –, in dem er aber solchen Vermutungen kein Futter gibt.
Der Pressemensch, der Wulff erst so glamourös zum Supertalent aufgebaut hatte in dem Boulevardblatt Bild und ihn dann so spektakulär bloßstellte in demselben Presseorgan, heißt Kai Diekmann. Sowohl Diekmann wie Wulff sind Mitglied in der noblen Gruppe Atlantik-Brücke. Sein Amtsnachfolger Joachim Gauck ist ebenfalls Mitglied in der Atlantik-Brücke.
Schneidig und dynamisch eilte der junge Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg an die Spitze der Politiker-Charts. Mit seinem gegelten Haar stiefelte er in Lederjacke und in Begleitung seiner jungen Frau Stefanie zum Heavy Metal Konzert. Cool! Überall wurde der geborene Multimillionär und Forstbesitzer als neuer Messias und Nachfolger von Angela Merkel im Bundeskanzleramt gefeiert. Im Gegensatz zu Wulff hat Guttenberg nie etwas von sich gegeben, was das Missfallen der Mächtigen erregte.
Gegen die Schwadronen der Guttenberg-Fans aus der Mainstreampresse schien kein Kraut gewachsen. Wachsame Bürger fanden jedoch heraus, dass Guttenbergs Doktorarbeit aus unzähligen anderen Texten zusammengestoppelt war. Ein wissenschaftliches Patchwork sozusagen. Man könnte sich vorstellen, dass Guttenberg einen hungernden Akademiker mit der Abfassung einer Doktorarbeit für die eigenen Zwecke beauftragt hat, und der hat ihn mit so einem Mix aus fremden Texten gelinkt und auf diese Weise schnelles Geld verdient. Wie auch immer: es waren im Prinzip politikferne Gründe, die den Medienhype um den jungen Freiherrn gestoppt haben. So war der Erkenntnisgewinn für die Allgemeinheit auch eher mager.
Die Geschichte mit den aufgehenden und rasch wieder verglühenden Politiker-Sternschnuppen wirkt auf uns in etwa wie dumpfer Kopfschmerz: es tut was weh, aber wir wissen nicht genau, wo der Schmerz herkommt. Wir wissen, das kann alles nicht mit rechten Dingen zugehen, hier passiert nichts zufällig, hier wird massiv an einem Rad gedreht. Aber wer dreht? Und wie? Wer gegen wen? Das ist kein behagliches Gefühl in einer Demokratie.
Der Kopfschmerz tritt auch auf, wenn wir Politikerdebatten im Fernsehen oder im Radio verfolgen. Ja, warum um alles in der Welt sind da immer wieder dieselben Experten am Reden? Gibt es nicht viel mehr kluge Leute, die was zum Thema zu sagen hätten? Abwechslung belebt das Geschäft, heißt es doch immer. Aber das gilt nicht im Eintopf unseres Medienalltags. Zu Außen- und Sicherheitspolitik spricht oft der grüne Politiker Omid Nouripour. Auch sein Parteifreund Cem Özdemir ist dabei. Da gibt es gar keine großen inhaltlichen Unterschiede zu dem CDU-Mann Ruprecht Polenz. Irgendwie sind sie sich alle so schrecklich einig, egal zu welcher Partei sie gehören.
Es ist ein Geschrei in den Talkrunden wie beim Kindergeburtstag, wenn es zu viel Kaba-Kakao zu trinken gab. Dennoch sind in den Grundpositionen fast alle einer Meinung. Und die lautet bei außenpolitischen Fragen: zu einem engen Bündnis mit den USA gibt es keine Alternative. Punkt. Nur der uralte, aber immer energetische Peter Scholl-Latour, der mittlerweile leider verstorben ist, durfte mal anderer Meinung sein. Der frankophile Hofnarr war eben von gestern. Und ansonsten: es gibt keine Alternative zu Sozialabbau, Steuersenkungen, Lohnsenkungen, Privatisierung der Renten- und Krankenkassen, Auslagerung von Staatsleistungen an private Firmen und so weiter. Sie kennen das ja aus dem Effeff.
Es gibt einen wenig bekannten Generalnenner dieses eintönigen Chores: nahezu alle diese Leute, fast alle diese Meinungen stammen aus diskreten Netzwerken, von deren Existenz die meisten Mitmenschen noch nichts oder bestenfalls den Namen gehört haben. Oder kennen Sie den Business Roundtable, das European Policy Network, die Körber-Stiftung, den German Marshall Fund of the US, die Atlantische Initiative, die Stiftung Neue Verantwortung, um nur einige wenige Namen aus dem sich rasch weiter metastasierenden Netzwerk zu nennen? Wahrscheinlich nicht. Herumgesprochen hat sich die Kunde von einigen geheimnisvollen logenartigen Honoratiorenklubs wie Atlantik-Brücke, Bilderberger, Trilaterale Kommission oder Aspen-Institut.
Und schon kursieren im Internet unausgereifte Verschwörungstheorien. Wieder einmal werden die oben genannten Namen in Verbindung gebracht mit bösen Verschwörungen der Juden, Aliens, Jesuiten, Templer und Freimaurer. Und weil das Internet auf den ersten Blick nichts weiter hergibt als nur die Namen von Prominenten in Verbindung mit geheimnisvollen Klubs, erschöpft sich die „Recherche“ darin, wer mit wem und wann im Herrenklo des New Yorker Waldorf Astoria gewesen ist. Und das ist dann schon der „Beweis“ für – wer weiß für was Böses. Der Phantasie sind bezüglich Geheimzirkeln naturgemäß keine Grenzen gesetzt.
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