Plötzlich sehe ich, wie ein winziges Känguru-Baby aus dem Beutel seiner Mutter klettert. Es ist noch nackt und kann sich kaum auf den Pfoten halten. Gebannt betrachten wir das Kleine und trauen uns kaum zu atmen.
Doch der Tag hat ja gerade erst angefangen. Nur mit dem Gedanken daran, dass uns noch weitere Freuden bevorstehen, können wir uns von diesen Tieren trennen.
Beim Weitergehen beobachten wir einen Pfau, der sein Rad - natürlich „nur für uns“ - schlägt. Was für eine Pracht! Ich hatte zwar schon Pfauen gesehen, aber noch nie einen, der so deutlich für uns posiert hat. Später erblicken wir einen Pfau mit schneeweißem Gefieder. Er lässt sich jedoch nicht fotografieren.
Als Nächstes sind wir zu Gast bei einer Tiershow. Was gibt es da nicht alles zu bewundern! Von einigen dieser exotischen Tiere haben wir noch nie gehört, geschweige denn, sie je gesehen. Wir betreten die Halle und ein Kakadu begrüßt uns mit lautem Geschrei. Auch andere Vögel können wir betrachten. Die meisten können wir nicht benennen. Die Tierpfleger erzählen auf Englisch Wissenswertes über ihre Schützlinge, und Tina übersetzt alles für uns.
Wir erfahren, dass die Schleiereulen mit ihren herzförmigen Gesichtern viel besser hören als sehen können, denn das Herzförmige sind die Ohren.
Uns werden verschiedene Beuteltiere vorgestellt. Wir erfreuen uns an einem Possum . Dieses hat sehr viel Kraft in seinem buschigen Schwanz. Mit ihm kann es sich gut an den Bäumen festhalten. Ich darf es vorsichtig am Rücken streicheln.
Dann betrachten wir zwei junge Quolls (Beutelmarder). Die Beiden sind erst zwei Wochen alt und total süß. Ihr braunes Fell trägt weiße Tupfen. Sie haben die Größe von Zwergkaninchen und sind verspielt wie junge Kätzchen. Quollweibchen gebären bis zu 18 Junge, wobei jedoch nur sechs überleben.
Die Hauptattraktion der Show ist ein dicker Wombat . Er hat kurzes braunes Fell. Wir dürfen uns mit ihm fotografieren lassen. Das Tier sitzt auf dem Schoß eines Tierpflegers. Wombats können bis zu 35 Kilogramm schwer werden. „Unser“ Exemplar wiegt 25 Kilo. Trotz ihres hohen Gewichtes und ihrer kurzen Beine schaffen es diese Tiere, 40 km/h zu rennen.
Im Anschluss suchen wir uns ein schattiges Plätzchen und essen die von Tina liebevoll vorbereiteten Sandwichs. Während wir essen und plaudern, nähert sich uns ein Twenty-Eight–Parrot , ein grün-blauer Papagei. Wir freuen uns, ihn in der freien Natur zu sehen. Er kommt uns so nah, dass wir ihn fotografieren können. Warum der Vogel solch einen drolligen Namen hat, weiß Tina auch nicht so genau. Sie vermutet, dass - wenn er krächzt, es so klingt, als würde er twenty-eight sagen.
Nach den leckeren Broten gönnen wir uns ein Eis. Frisch gestärkt geht es nun zu den Koalas . Wow, sind die niedlich! Wir dürfen sie vorsichtig am Rücken streicheln. Wieder kann ich mich nur sehr schwer von den Tieren losreißen.
Als nächstes besuchen wir eine Show, in der es um Schafaufzucht geht. Ein junger Hund, der zum Hirtenhund ausgebildet wird, soll die Schafe ins Gatter treiben. Doch er hat sichtlich mehr Freude daran, die Schafherde erst einmal ordentlich über das Feld zu jagen. Ein Ranger zeigt uns, wie man ein Schaf schert. Ihm gelingt es, das Fell in einem Stück zu scheren. So ist es brauchbar. Fünf Kinder aus dem Publikum dürfen auf die Bühne. Sie bekommen Nuckelflaschen mit Milch in die Hand gedrückt. Mit diesen Flaschen füttern sie die Lämmchen. Vor Aufregung glühen die Gesichter der Kinder. Die Lämmer wackeln, ähnlich aufgeregt, mit ihren Schwänzen. Das zu betrachten ist eine wahre Freude. Im Anschluss bestaunen wir ein paar Flughunde , Flugfüchse und Emus . Die Schreie dieser riesigen Vögel klingen wie Trommeln.
Mit einem Bauch voller neuer, faszinierender Eindrücke kehren wir nach Perth zurück. Was war das für ein super Tag!
Heute fahren wir mit Kev (Spitzname von Kevin) und Tina nach Fremantle , einen schönen Vorort von Perth. Dort befindet sich ein kleiner Hafen. Zahlreiche hübsch restaurierte Gebäude im viktorianischen Stil säumen die Straßen. Tina und ihre Eltern sind dort vor ca. 40 Jahren mit dem Schiff angekommen. Die Schiffsreise von Deutschland nach Australien hatte fünf Wochen gedauert.
Auf dem Weg nach Fremantle stoppen wir kurz an einem Parkplatz. Von dort haben wir eine tolle Sicht auf den Swan-River. In dem Moment, als wir gerade wieder aufbrechen wollen, dringt ein Schrei aus meiner Brust. Ich springe aus dem Auto und renne so schnell ich kann zum Ende des Parkplatzes. Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich nicht dazu neige, zu rennen. Bei dieser Hitze bewege ich mich schon gleich gar nicht so schnell. Schließlich haben wir heute 35 Grad Celsius! Da stellt sich also die Frage: Was ist denn der Grund dafür, dass ich schreie und mich plötzlich so schnell bewege? Es sind drei Delfine, die immer wieder aus dem Fluss springen! Andy und ich sind zum einen total überrascht und zum anderen überglücklich, dass wir dieses Schauspiel miterleben dürfen. Nachdem die Delfine verschwunden sind, bitte ich Tina um eine Erklärung. Der Swan-River ist ein Süßwasserfluss und Delfine leben doch im Salzwasser. Von Tina erfahren wir die Zusammenhänge. „Der Fluss ist zwar ein Süßwasserfluss“, erklärt sie uns, „aber er mündet in den Indischen Ozean. Da es bis zum Ozean nicht mehr weit ist, passiert es ab und zu, dass sich Delfine dort im Fluss tummeln“. Das Erlebnis mit den Delfinen werden wir so schnell nicht vergessen.
In Fremantle bummeln wir durch den Hafen. Im Vergleich zu unserem Hamburger Hafen ist er eher winzig. Als wir einen Container mit der Aufschrift Hamburg erblicken, müssen wir lächeln.
In einem Park verspeisen wir unseren Lunch und schauen australischen Kindern bei ihrem Schulausflug zu. Sie alle tragen Schuluniformen. Zu ihrer Schulkleidung gehört auch ein Hut. Wenn ein Kind seinen Hut vergessen hat, darf es in der Pause nicht auf dem Hof spielen. Auch für den Sportunterricht gibt es einheitliche Kleidung. Jede Schule hat ihre eigene Schuluniform. In Australien gibt es viele teure Privatschulen.
Wir betrachten einige schöne Gebäude, versorgen uns mit Informationsmaterial im Touristencenter und stürmen einen netten Souvenirshop. Wir kaufen Fliegennetze und Andy ersteht einen „Rangerhut“ aus echtem Känguruleder. Dadurch erbe ich Andys alten Hut. Mit diesem Arrangement bin ich sehr zufrieden, denn ich hatte schon lange mit Andys weicher Kopfbedeckung geliebäugelt. So sind wir von jetzt an, doppelt „gut behütet“.
Was wir jetzt dringend brauchen, ist ein großes Eis zur Abkühlung. Kevin erzählt uns von der Entstehungsgeschichte Fremantles.
Die Stadt entstand 1829, als englische Sträflinge dort an Land gingen. Ein Soldat trug ein kleines Mädchen auf dem Arm. Es betrat als erste Weiße den westaustralischen Boden. Dieses besagte Mädchen ist eine Urahnin von Kevin.
Wir besuchen das ehemalige „ Fremantle Prison “. Das Gefängnis wurde mit Unterbrechungen von 1855-1991 für die Inhaftierung der Strafgefangenen, in den letzten Jahren als Hochsicherheitstrakt, genutzt. Heute zählt es zum UNESCO-Weltkulturerbe. Wir betrachten das Gebäude nur von außen und besichtigen noch ein Kriegsdenkmal. Es erinnert an alle Kriege, in die Australien verwickelt war. Die Gedenkstätte befindet sich auf einem Berg. Von dort aus haben wir einen fantastischen Ausblick auf das Meer und auf Fremantle. Von hier aus kann man bis nach Perth sehen.
Leider verspüren wir nichts von dem „Fremantle Doktor“, dem Wind, der vom Meer her den Bewohnern Abkühlung, also Linderung verschafft. Australier kürzen gerne alles ab und so nennen sie die kühle Brise einfach „ Freo-Doc “.
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