„Ja“, meinte Alina zaghaft, „Milena wollte mir eine Käferbohne schenken, aber ich habe genug. Da brauchte ich sie nicht“, erklärte sie in kurzen Sätzen.
„Es war freundlich von Milena, dir ein Geschenk zu machen, ob du es nun brauchst oder nicht“, sagte die Hohe Fee verständnisvoll, „Für Geschenke bedankt man sich gewöhnlicherweise!“
„Aber wenn ich es doch nicht brauchte?“, bestand Alina auf der unausweichlichen Tatsache.
„Man sagt dennoch Danke!“, bestand Milena auf ihrem Recht. Sie trat aus der Menge heraus und stellte sich neben Iliya mit einer erbosten Miene.
„Ich fand es nett, aber ich bin nicht dankbar. Warum sollte ich es dann sagen?“, wollte Alina wissen, denn sie mochte den Sinn nicht verstehen. Zunehmend mies fühlte sie sich.
„Ich verstehe deine Verwunderung, Alina“, bestätigte Iliya die Eisfee, „Es ist üblich, sich auch für Geschenke zu bedanken, die man womöglich nicht braucht.“
„Ja! Also bedanke dich endlich!“, fiel Milena der Hohen Fee ins Wort, „Es ist unhöflich, das nicht zu tun!“
„Na na, Milena!“, ermahnte Iliya, „Alina hat nicht ganz Unrecht. Wenn sie keinen Dank verspürt, dann ist es auch an ihr, ihn auszusprechen, oder nicht.“
„Aber, Hohe Fee! Das gehört sich einfach nicht!“, beharrte Milena auf den moralischen Gewohnheiten.
Alina schmollte, nicht etwa, weil sie trotzig war, sondern, weil sie versuchte, ihre aufkommenden Tränen zu unterdrücken: „Ich … ich verstehe es nicht. Sollte ich nicht dann Danke sagen, wenn ich es auch meine? Müsste ich nicht lügen, wenn ich es einfach so sage?“, meinte sie stotternd und wohl wissend, dass Lügen als etwas Schlechtes galt.
„Aber ich habe dir eine Käferbohne geschenkt!“, bestand Milena weiterhin auf ihr Recht, ein Dankeschön zu erhalten.
Mit fiepender, zitternder Stimme brachte Alina nicht allzu viel heraus: „Das fand ich auch nett! Ich habe mich gefreut, weil du an mich gedacht hast, aber…“
„Kein Aber! Du musst dich schon bei mir bedanken!“
„Milena!“, unterbrach Iliya den aufkommenden Streit, ehe er zu sehr ausartete, „Warum hast du Alina die Käferbohne geschenkt?“
Milena wollte gegen die Unterbrechung protestieren, doch die Frage der Hohen Fee machte sie stutzig: „Was meinst du?“
Iliya drehte nun den ganzen Leib Milena zu und holte weiter aus: „Wolltest du Alina eine Freude machen, oder hattest du von vorn herein nur den Wunsch, eine Dankeschön zu hören?“
„Ähm…“, stammelte Milena und suchte nach erklärenden Worten.
„Man darf kein Dankeschön erzwingen, Milena!“, begann Iliya eine ausschweifende Erklärung mit strengem aber weiterhin sanftem Ton, „Ein von Herzen kommendes Geschenk bedarf keines Dankes, denn dafür wird es nicht gemacht. Man sollte niemals in Erwartung eines Dankeschöns oder Gegengefallens handeln, sondern mit dem eindringlichen Wunsch, jemandem etwas Gutes zu tun oder eine Freude zu bereiten.“
„Aber was bringt mir das denn?“, wollte Milena wissen und spürte gleich darauf ein mieses Gefühl in ihrem Bauch aufsteigen. Sie bereute die Frage, noch ehe sie sie in Gänze ausgesprochen hatte.
„Freundlichkeiten und Geschenke, die von Herzen kommen, bringen dir ein wundervolles Gefühl von Glück und Zufriedenheit. Anderen etwas zu geben ist kein Akt des gleichwertigen Tausches, sondern ein Akt der Herzlichkeit. Ein anderer erfreut sich an deiner Freundlichkeit und Anteilnahme, während du selbst dich mit deiner guten Tat wohl fühlst, und das auch ganz ohne ein Dankeschön.“
„Aber sie hat es nicht angenommen, Iliya“, meinte Milena nun mit Trauer in der Stimme.
Iliyas Blick fiel auf Alina, die dastand und mit unsicheren Blicken zwischen der Hohen Fee und Milena schwankte. Sie suchte offensichtlich nach tröstenden Worten.
„Aber sie hat sich sehr darüber gefreut, dass du an sie gedacht hast“, meinte Iliya und sah erwartungsvoll zu Alina.
„Ja, das stimmt!“, bestätigte Alina, „Es tut mir so leid, dass du dich jetzt schlecht fühlst, Milena.“ Langsamen Schrittes ging sie auf die traurige Fee zu, legte eine Hand auf Milenas Schulter und brachte mit freudestrahlendem Lächeln ein Dankeschön heraus. Und obwohl sie beide wussten, dass Alina noch immer keinen Dank verspürte und es deshalb unehrlich war, hatte sie der traurigen Fee eine große Freude bereitet. Sie fühlten beide ein warmes Wohl, eine fröhliche Zufriedenheit.
„Von nun an soll mir ein Dankeschön nicht mehr gar so wichtig sein!“, sprach Milena, „Dieses Gefühl gerade, das mag ich lieber leiden. Deshalb will ich Freude verbreiten und mich an eurer Teilhabe daran selbst erfreuen!“
Ruhe kehrte zurück in die kleine Feenwelt und wann immer eine Fee kein Dankeschön sagte, so empörte man sich fortan nicht mehr darüber.
[veröffentlicht am 2. Februar 2018]
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