Karl May - Der beiden Quitzows letzte Fahrten

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Karl Friedrich May (* 25. Februar 1842 in Ernstthal; † 30. März 1912 in Radebeul; eigentlich Carl Friedrich May) war ein deutscher Schriftsteller. Karl May war einer der produktivsten Autoren von Abenteuerromanen. Er ist einer der meistgelesenen Schriftsteller deutscher Sprache und laut UNESCO einer der am häufigsten übersetzten deutschen Schriftsteller. Die weltweite Auflage seiner Werke wird auf 200 Millionen geschätzt, davon 100 Millionen in Deutschland. Bekannt wurde er vor allem durch seine sogenannten Reiseerzählungen, die vorwiegend im Orient, in den Vereinigten Staaten und im Mexiko des 19. Jahrhunderts angesiedelt sind. Besondere Berühmtheit erlangten die in drei Bänden zusammengefassten Geschichten um den Indianer Winnetou. Viele seiner Werke wurden verfilmt, für die Bühne adaptiert, zu Hörspielen verarbeitet oder als Comics umgesetzt.

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Inhaltsverzeichnis

1. Suteminn

2. Lockere Gesellen

3. Im Zauberhause

4. Bei »Mutter Quail«

5. Auf der Flucht

6. Detlev

7. Ein Uchtenhagen

8. Die Rose am Güntersberg

9. Unter den Vitalienbrüdern

10. Die zweite That

11. Ein Leu im Käfige

12. Die Söhne des Geächteten

13. Der Sühne Anfang

14. Der Falkenmeister.

15. Verrechnet

16. Wiedergefunden

17. Der Tag der Abrechnung naht!

18. Vergeltung

Fußnoten

Karl May

Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Historischer Roman aus der Jugendzeit des Hauses Hohenzollern

Der beiden Quitzows letzte Fahrten ein historischer Roman aus der Jugendzeit - фото 1

Der beiden Quitzows letzte Fahrten , ein historischer Roman aus der Jugendzeit des Hauses Hohenzollern , erschien von November 1876 bis Juni 1877 im Unterhaltungsblatt »Feierstunden am häuslichen Heerde«. Einige Monate zuvor, Anfang August 1876, hatte May als Redakteur eine Fortsetzung zum Roman »Fürst und Junker« angekündigt, der von Friedrich Axmann verfaßt worden war:

Denjenigen Lesern des »deutschen Familienblattes«, welche sich mit den späteren Lebensschicksalen Dietrichs von Quitzow bis zu seinem Tode bekannt zu machen wünschen, dürfte die Nachricht nicht unwillkommen sein, daß der Autor dieses Thema zum Gegenstande eines ebenso fesselnden, wie ergreifenden Romans: »Dietrichs von Quitzow letzte Fahrten« gewählt hat, welcher in Nummer 20 der diesjährigen »Feierstunden am häuslichen Heerde«, einer im Münchmeyerschen Verlage erscheinenden belletristischen Zeitschrift, beginnen wird.

[Deutsches Familienblatt, Heft 49, S. 770.]

Der angekündigte Quitzow -Roman startete früher als geplant in Nummer 10 der »Feierstunden« unter dem Autorennamen »Karl May«. Ob Friedrich Axmann zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben war, ist nicht bekannt, aber sehr wahrscheinlich. Und auch May ließ Quitzows Schicksal unvollendet.

In dieser Zeit der Entwicklung [Februar 1876] war es, daß Münchmeyer von auswärtigen Behörden wegen der Verbreitung des »Venustempels« [Geschichte der Prostitution und ihre Entstehung] angezeigt wurde. ... Es wurde Münchmeyer von irgendeiner Seite verraten, von welcher, das weiß ich nicht, daß eine Haussuchung nach dem »Venustempel« stattfinden werde. ... Man schaffte eine Menge der gefährdeten Bücher in die Privatwohnungen und verbarg sie sogar unter den Betten der Kinder. Das ging so schnell und gelang so gut, daß die Polizei, als sie sich einstellte, kaum eine ganz geringe Nachlese fand, und noch lange hat man sich im Münchmeyerschen Hause des Schnippchens gerühmt, welches damals der sonst so findigen Dresdener Behörde geschlagen worden sei. Ich erfuhr erst später, viel später hiervon und zog meine Konsequenzen. Meines Bleibens war hier nicht. Ich wollte aus dem Abgrund heraus, nicht aber wieder hinunter!

Im Sommer 1876 stand Karl May unter Anklage wegen seiner Mitarbeit am Buch der Liebe (Nachfolgewerk des Venustempels). Ferner angeklagt waren Münchmeyers Bruder Friedrich als Herausgeber sowie Otto Freitag als Redakteur des Venustempels. In dieser Situation drängte Pauline Münchmeyer, die Frau des Verlegers, Karl May zur Ehe mit ihrer Schwester Minna Ey. Damit war das Ende der Redakteurzeit besiegelt:

Ich sagte »nein« und kündigte, denn nun verstand es sich ganz von selbst, daß ich nicht bleiben konnte, zumal es um diese Zeit war, daß ich über jenen Streich, den man der Dresdener Polizei gespielt hatte, das Nähere erfuhr. ... Als das Vierteljahr vorüber war, zog ich von Münchmeyers fort, doch nicht von Dresden.

Noch während der vierteljährlichen Kündigungszeit wurde May freigesprochen. Er hatte mit seinem Buch der Liebe unsittliche Stellen abgemildert. Ende Oktober 1876 (spätere Äußerungen des Dichters verweisen immer auf das Jahr 1876) verließ May die Münchmeyer-Redaktion und zog in die Pillnitzer Str. 72, wo er noch notwendige Manuskripte schrieb – den Quitzow zunächst fortsetzte.

Beendet wurde Mays Quitzow schließlich von Dr. Heinrich Goldmann, seinem Nachfolger in der Münchmeyer-Redaktion, der noch vor Erscheinen der Schlußlieferungen am 9. Mai 1877 plötzlich verstarb.

Der beiden Quitzows letzte Fahrten.

Historischer Roman aus der Jugendzeit des Hauses Hohenzollern von Karl May [1]

Die Redaction.

1. Suteminn

Westlich von dem kleinen Ländchen Bellin lag der Zotzen. Es war das ein Wald, welcher zu der Zeit, von der wir erzählen, alle Erscheinungen eines nur wenig begangenen Urwaldes bot. Im Sommer, wenn die Strahlen der Sonne ihren Weg durch das dichte Laubwerk nahmen und von den golden und purpurn umsäumten Blättern zitternde Reflexe wie sprühende Karfunkel um die riesigen Stämme und das knorrige Geäste blitzten, herrschte hier ein gar reges, thierisches Leben, denn Bären, Wölfe, Luchse, Schweine, Hirsche, Rehe, Füchse, wilde Katzen und anderes Wild trieb zwischen den umgestürzten und modernden Bäumen oder in den von Besinggesträuch und Farrenkräutern verdeckten Vertiefungen sein Wesen, giftige Schlangen lauerten im tiefen, feuchten Moose, und es bedurfte wohl eines nicht gewöhnlichen Muthes, in diesen wilden Gründen dem edlen Waidwerke obzuliegen. Jetzt aber war es Winter; die mächtigen Eichen, Buchen und Rüstern streckten ihre Zweige entblättert in die Luft, und wenn auch eine Decke dichtliegenden Schnee's sich über die kahlen Wipfel und den hartgefrorenen Boden legte, konnte man doch leichter als zur schönen Jahreszeit den Wald passiren, da das dicht verschlungene Gewirr der Gesträuche der unerbittlichen Kälte hatte weichen müssen.

Trat man auf der östlichen Seite aus dem Walde heraus, so gelangte man nach einer kurzen Wanderung über den Bruchboden nach dem Dorfe Dechtow, dessen Häuser mit ihrem halbverwitterten und vom Alter dunklen Lehmwerke wenig einladend von der weißen Schneefläche abstachen.

Es war Abend; der Mond warf seinen ruhig leuchtenden Schimmer zur Erde; ein leiser Lufthauch bewegte die Atmosphäre, und tiefer Frieden lag über die weite Gegend ausgebreitet. Im Dorfe schien Alles schon schlafen gegangen zu sein, denn keines der kleinen Fenster erglänzte von dem flackernden Feuer eines qualmenden Kienspans. Aber doch – dort im Kruge herrschte noch Leben, und zwar ungewöhnlich reges Leben; an der Rückseite desselben standen in einem halb offenen Stalle eine Reihe aufgezäumter Pferde, und durch die geschlossenen Läden konnte man ein lautes Durcheinander von kräftigen Stimmen vernehmen.

Auch das Dorf herab ertönten jetzt die nahenden Hufschläge eines Pferdes, und bald war ein einzelner Reiter, ein sogenannter Einspänner zu sehen, welcher, vorsichtig Umschau haltend, sich dem Kruge näherte. Es war eine kolossale Gestalt auf einem ebenso gewaltigen Streitrosse. In der Rechten hielt er eine baumstarke Lanze, unter deren Spitze ein kleines Fähnlein flatterte, dessen Farbe aber bei dem ungewissen Lichte grad so wenig zu erkennen war, wie das Zeichen, welches den mächtigen Schild schmückte, der seine linke Seite bedeckte. Ein ungewöhnlich langes und breites Schwert hing ihm von der Hüfte nieder, und ein doppelschneidiges Messer, wegen seiner Gefährlichkeit »Gnadegott« geheißen, war in lederner Scheide durch eine Kette an den starken Leibgurt befestigt.

Mit einem raschen Sprunge war er vom Pferde, einem Falben von außerordentlich kräftigem Gliederbaue, und trat lauschend an einen der Läden.

»Das sind Kriegsgurgeln, die sich da drin hören lassen! Sicherlich ist kein Ritter dabei, sonst wäre nach löblichem Schick und Brauch eine Wache ausgestellt. Ich muß doch sehen, was für eine Farbe sie tragen. Babieca, bleib fein ruhig stehen; ich will meine Lanze an dich lehnen!«

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