„Schätzchen, woher hast du denn die Wunde? Hat dich das Dackelbiest von Rosenstocks gebissen?“
Und Christina? Christina blickte sie aus ihren rot verheulten, geschwollenen Augen an und schüttelte nur heftig den Kopf.
„Nein?“
„Neeeiiin!“
„Der olle Kater von Kuhnerts?“
„Neeeiiin!“
„Na, wer dann? Komm Schätzchen, sag es deiner Mama.“
„Piiiieeeps!“
„Dein Meerschweinchen?“, hatte sie erstaunt gefragt. „Hast du es deshalb fallen gelassen, weil es dich gebissen hat?“
„Neeeiiin!“ Sie war vor Schluchzern schon keines vollständigen Satzes mehr fähig gewesen. „Schooon vorher gebisssssen. Es war böööse!“
Und da war dann in ihr doch ein dumpfer Verdacht aufgestiegen, der sie eine ganze Weile nicht wagen ließ, die nächste Frage zu stellen.
„Schätzchen, hast du das Meerschweinchen absichtlich vor den Laster geworfen?“
So war es damals gewesen mit Christina und Pieps dem Meerschweinchen.
Diesmal aber nicht, dachte Emmi und angelte auf dem Grund des überdimensionalen Einkaufswagens nach der Packung Baguettes, um sie auf das Fließband der Kasse zu legen. Diesmal bin ich eindeutig im Recht.
Sie hatte lange gegrübelt und es sich beileibe nicht leicht gemacht, Christina aber dann doch nicht bestraft. Geschehen war geschehen, wie Hermann immer sagte, obgleich er von dieser Geschichte nie erfuhr. Letzthin erschien es ihr sinnvoller, Christina lediglich zum Stillschweigen zu verdonnern und ihr die möglichen Folgen eigenmächtiger Lynchjustiz zu erklären, so weit sie für eine Vierjährige verständlich waren, was darauf hinauslief, ihr mit Hausarrest, Puppenentzug und dem Ausbleiben von Geburtstags- oder Weihnachtsgeschenken zu drohen. Auge um Auge, Zahn um Zahn.
Ein paar Jahre hielt sie sich auch daran, dachte Emmi und lächelte. Bis zu dem Tag, als Fritze Woitzack vom Dach fiel. Sie drehte das Portemonnaie um und schüttete eine Handvoll Kleingeld auf das stehen gebliebene Fließband, von der anwachsenden Schlange Ungeduldiger hinter ihr mit drohendem Murren zur Kenntnis genommen.
Als sie, zwei pralle schaukelnde Plastiktüten am Lenker, in Schlangenlinien und im Schneckentempo die Kastanienallee zurück radelte, schob sich eine breite schwarze Wolkendecke drohend über die Hügelkette jenseits des Flusses, und der Wind frischte merklich auf. Es war schwül geworden, und die Luft roch nach Gewitter. Ob sie es noch bis nach Hause schaffte? Beide Dachfenster standen weit offen.
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