Sie sind nicht überarbeitet, Sie sind schlecht organisiert!
Was ist Systematisierung?
Systematisierung ist die klare Konzentration auf Perspektiven und Abläufe im Unternehmen. Alle Bereiche werden dabei schonungslos miteinbezogen. Es gibt keine Ausnahme, deshalb ist Systematisierung immer ganzheitlich und kein Bereich oder Mitarbeiter kann sich entziehen. Jeder Bereich wird geplant, strukturiert und mit gemessenen Ergebnissen und klaren Abläufen versehen. Gute Systematisierung entkoppelt das Unternehmen und seine Leistung von individuellen Eigenschaften der Mitarbeiter.
Achtung: Die Entkopplung von individuellen Eigenschaften fördert die Individualität der Mitarbeiter und deren persönliche Fähigkeiten, Kreativität und Motivation.
Wir holen an diesem Punkt ein wenig aus, denn die obige Feststellung ist von enormer Wichtigkeit!
Hört ein ungeschulter Beobachter erstmals von Systematisierung und den damit verbundenen Begriffen wie Prozesse, Dokumentation oder Automation, so befürchtet er schnell eine unpersönlichen bürokratischen Apparat, in dem Mitarbeiter durch Regeln unterdrückt, kontrolliert und aufgrund industrieller Automation ausgebeutet werden. Hierbei handelt es sich jedoch um vollständig falsch verstandene Systematisierung. Systematisierung moderner Betriebe hat nichts mit Industrialisierung, dem Mitarbeiter als Roboter oder radikaler Ausnutzung zu tun. Genau das Gegenteil ist der Fall.
In schlecht organisierten Betrieben geht alles drunter und drüber. Abläufe sind nicht klar, ständig müssen Dinge neu besprochen werden, die eigentlich klar sein müssen. Mitarbeiter und Führungskräfte vergeuden Ihre Kräfte in sinnlosen Diskussionen und Tätigkeiten. Viele Vorgänge müssen mehrfach angefasst, geprüft und kontrolliert werden, weil Abläufe unklar sind. Wichtige Regeln fehlen und jeder Mitarbeiter legt die Dinge anders aus. Gleichzeitig werden Entscheidungen nicht getroffen, weil die Entscheidungswege unklar sind, die Verantwortlichkeiten nicht geregelt sind und Vertretungen fehlen (was man spätestens an Emails und unerwünschten Anrufen während des eigenen Urlaubs bemerkt). Solche Unternehmen fressen Ihre Mitarbeiter regelrecht auf. Die Routine wird zu zeitfressenden „Maloche“ und der Mitarbeiter bewegt sich ständig auf einem unsicheren Drahtseil, das über unklare Verantwortlichkeiten, fehlende zuverlässige Regeln und unklare Erwartungen gespannt ist.
Systematisierung als Optimierungsaufgabe
Gute Systematisierung stellt das Optimum zwischen diesen beiden negativen Extremen dar. Weder handelt es sich um ein bürokratisches, überreguliertes noch um ein unorganisiertes, strukturloses Unternehmen. Systematisierung integriert positive Elemente dauerhaft und beseitigt konsequent Nachteile und Hindernisse im Unternehmen. So werden positive Ziele erreicht und Engpässe und Unzulänglichkeiten überwunden. Vergleichen Sie Systematisierung mit einer Kampfsportart, so erkennen Sie, dass gute Abläufe und Techniken nur in Verbindung mit der richtigen Geisteshaltung zur Meisterschaft führen.
Systematisierung, wie wir sie verstehen, entkoppelt die Leute von negativen Verbindlichkeiten und fördert deren Freiheit. Das Beispiel der typischen Unternehmer erklärt diese Feststellung: Meist werden Unternehmer von Personen gegründet, die über besondere Fähigkeiten in einem bestimmten Bereich verfügen. Eine Fachkraft gründet eine Firma und bekommt anfangs auch schnell Kunden. Nun beginnt eine Art Teufelskreis, denn der ehemals gute Facharbeiter muss sich um Dinge kümmern, von denen er nichts versteht: Rekrutierung, Einarbeitung und Entwicklung von Personal, Steuerfragen, Organisationsthemen, Einkauf, Verkauf, Marketing, IT-Systeme und CRM. Durch die vielfältigen Aufgaben lässt die eigene Leistungsfähigkeit in der Kernkompetenz nach und es kommt immer häufiger zu Problemen mit Kunden und Mitarbeitern. Anfänglich hoch motivierte Fachleute geben dann oft nach wenigen Jahren auf. Nur wenige die übrigbleiben werden erfolgreich, während der Rest über Jahre hinweg still vor sich hin leidet. Die große Hoffnung von Reichtum und Freiheit entwickelt sich immer mehr zum Gefängnis, dem man nicht mehr entfliehen kann. Zu viele Verpflichtungen, Verträge, Versprechen müssten gebrochen werden und nicht selten scheitern familiäre Beziehungen an der Arbeit im eigenen Unternehmen. Wussten Sie, dass gescheiterte Unternehmensgründungen der zweithäufigste Grund für private Insolvenzen sind (der erste Grund sind geplatzte Finanzierungen von Immobilien)?
Unternehmer sein bedeutet ein System zu besitzen
Systematisierung sieht die Aufgabe des Unternehmers darin ein System zu schaffen, dass optimal läuft und nicht darin, alle Facharbeit und sämtliche Managementthemen zu beherrschen. Der Unternehmer arbeitet an seinem (Unternehmens-)System und nicht wie der beste Angestellte im Unternehmen. Er schafft Strukturen und ist im Idealfall so vom Unternehmen entkoppelt, dass es auch ohne ihn funktioniert und er seine persönliche Freiheit, seine Fähigkeiten und Kreativität wirklich entfalten kann. Menschen, die sich ständig mit dem Tagesgeschäft, Beschwerden, Kleinigkeiten und wiederholten Arbeitsschritten des gleichen Vorgangs beschäftigen sind selten entspannt und nie wirklich kreativ. Solche Unternehmer erschaffen sinnvolle Firmen und sie gehen nicht mit 67 in Rente, sondern entfalten ihre Kreativität und Schöpfungskraft kontinuierlich weiter bis ins hohe Alter. Der echte Ruhestand kommt erst später und befindet sich im Normalfall 2 Meter unter der Erde. Bis dahin ist genügend Zeit die eigenen Ideen auszudrücken und die Welt ein wenig zu verbessern.
Systematisierung fördert Mitarbeiter
Auch die Mitarbeiter solcher Unternehmen profitieren enorm. Anstatt sich darauf zu konzentrieren die eigene Position zu sichern und sich durch Geheimnisse und Bündnisse unersetzlich zu machen, konzentrieren sich die Mitarbeiter auf Ihre Arbeit und die gewünschten Ergebnisse. Da das Unternehmen klare Verantwortlichkeiten und Regeln kennt, hat jeder Mitarbeiter Sicherheit. Er weiß, wo seine Grenzen sind und was von Anfang an von ihm erwartet wird. Erfüllt er die Erwartungen, so kann er sich seiner Stelle dauerhaft sicher sein und muss keine unmoralischen Versuche unternehmen durch politische Seilschaften oder Betriebsgeheimnisse unersetzlich zu werden. Solche Versuche erzeugen eine zwanghafte Beziehung, in der der eine den anderen erpresst, indem der Chef ohne den Mitarbeiter nicht arbeiten kann und der Mitarbeiter dem Chef ständig unterstellt, dass dieser ihn jederzeit „entsorgen“ könnte (wenn er eben nicht vorgebaut hätte). Geht ein Mitarbeiter in Urlaub, so kann er sich wirklich erholen. Weder fürchtet er ständige Anrufe oder Urlaubsunterbrechungen noch muss er damit rechnen am nächsten Arbeitstag mit liegengebliebenen Aufgaben überfrachtet zu werden. Tatsächlich findet er mit der Zeit sogar die Muse sich mit sinnvollen Verbesserungsvorschlägen und seinem fachlichen Knowhow sinnvoll in die ständige Optimierung der Unternehmensabläufe einzubringen.
Auch der immer wieder geforderte Aspekt der Messung und Kontrolle ist ausgesprochen sinnvoll. Kontrolle ist prinzipiell nicht negativ zu werten, sondern ein zwingendes Element guter Führung. Komplexe Aufgaben (der meiste Teil heutiger Tätigkeiten) erfordern eine ständige Prüfung. Dabei muss nicht unbedingt der Vorgesetzte kontrollieren. Gute Kontrollstrukturen sorgen nämlich dafür, dass sich der Mitarbeiter zunächst selbst überprüft, anschließend kommen (automatische und oft nicht als solche wahrgenommene) Kontrollen durch Mitarbeiter und sogar Kunden. Der Vorgesetzte prüft schließlich die Ergebnisse und gibt angemessenes Feedback oder trifft Entscheidungen. Ein gutes Beispiel für eine solche Kontrollstruktur sind Mitarbeiter(innen), die Seminarplanungen vornehmen. Durch die vielen Schnittstellen zu Referenten, Hotels und Teilnehmern ist hier – ein guter Unternehmensablauf vorausgesetzt – wenig Kontrolle durch den Vorgesetzten nötig. Tritt ein Fehler auf, so bemerken das Referenten und Kunden meist viel schneller. Der Effekt davon ist, dass die Mitarbeiter Fehler möglichst von Anfang an vermeiden, denn es ist sehr aufwändig, wenn man plötzlich 20 Beteiligte einzeln über Veränderungen oder Nachlässigkeiten informieren muss.
Читать дальше