Bones sah müde auf das rote Licht der Leinwand und dachte an seine Vertreterzeit, als er für die Firma Sachs noch Badewannen und Spülbecken an Hotels und Sanitärfachgeschäfte verkauft hatte. Damals schien ihm die Zukunft festgefahren, wie ein Gefängnis. Jetzt sah er in dichten Nebel und wusste nicht, ob er damit zufriedener war.
Wie ein Schulmädchen hatte sie ausgesehen. Das kurze, karierte Röckchen bedeckte kaum ihren süßen Arsch, der eher einem Teenager als einer erwachsenen Frau zu gehören schien und Alexander fast wahnsinnig machte, als er wieder und wieder in Katharina eindrang, sie mit kurzen, harten Stößen penetrierte und um den Verstand vögelte.
Seine Gedanken kreisten um Rebecca, als er nach dem Treffen mit ihr und seinem Vater Katharina ohne langes Vorspiel ins Schlafzimmer zerrte und ihr gegen deren leisen Protest die Kleider vom Körper fetzte, um seiner seit der Verabschiedung nicht nachlassenden Erektion endlich ein Ziel zu bieten, das in seinem Kopf Rebecca hieß. Sein Körper begehrte sie. Ihr unschuldiger Blick, als sie ihn zum Abschied auf den Mund küsste, hatte für Alexander nur eines geheißen, nimm mich, hier und jetzt, hart und ohne Gnade, sei der Mann und unterwerfe mich, lehre mich und mache mich zur Frau, nimm mir die Unschuld und lass mich deine Härte spüren, vergewaltige meinen Körper, brich meinen Willen, raube mir den Verstand. Katharina ahnte nichts von diesen Gedanken, die Alexander immer wilder werden ließen, ihn, den sie sonst eher langweilig im Bett fand. Viele Nächte streichelte sie sich in den Schlaf, während er sich zur Seite drehte und ihrer Leere zwischen den Beinen die kalte Schulter zeigte. Oft musste sie ihn fast nötigen, ihrer Lust zu genügen, sich seiner bedienen, während er untätig unter ihr lag und hoffte, seine Erektion möge andauern, bis sie sich endlich erschöpft aber befriedigt von ihm herabrollte.
Doch Rebeccas Anblick heute und ihre Art zu verführen, Männern das Gefühl zu geben, etwas Verbotenes zu begehren und dennoch nicht widerstehen zu können, hatten in ihm einen Schalter umgelegt, der ein Ventil suchte, um nicht das erstbeste Kind in einen Hausflur zu zerren und zu missbrauchen. Katharina war kein Kind mehr, hatte auch nicht den Hintern eines Teeangers, war aber den bisherigen fast berührungslosen Sex zwischen ihnen leid und genoss die seltene Gewalt und Kompromisslosigkeit, mit der Alexander ihren Körper benutzte, sie demütigte und zu seinem Spielzeug machte. Sie schrie und ließ sich fallen, leckte den Schweiß von seiner Brust und krallte sich in seinen Rücken, bis dieser von Striemen überzogen war. Sie wollte sein kleines ungezogenes Mädchen sein, als er sie fragte, ob sie Daddy lieb habe. Sie wollte ihren Schulmädchenhintern versohlt bekommen, und sie fand nichts dabei, ihn anzuflehen, Daddy möge vorsichtig sein, es wäre ihr erstes Mal. Hauptsache er blieb der Orkan im Bett, den sie so lange vermisst hatte.
Alexander war fast besinnungslos vor Gier, Lust und Erregung bei der Vorstellung, wie sich Rebecca ihm nackt unterwarf und ihn ihren zarten Körper ruinieren ließ, als er fern von Katharina spürte, dass sein Höhepunkt unmittelbar bevor stand.
»Ich komme noch zu spät«, schrie Leonie die Treppe zum Dachzimmer hinauf, wo sie ihre Mutter rumoren hörte. »Die warten in der Villa auf mich, bitte beeil dich.«
Seit ihre Schwester zum Arbeiten nach Köln gezogen war und das Auto, das sie sich bis dahin geteilt hatten, mitnehmen durfte, war Leonie auf ihre Mutter angewiesen, denn der Bus fuhr nur wenige Male am Tag nach Gottesacker, wo sie neben ihrem Studium zwei Mal die Woche im Café Villa als Bedienung arbeitete. Und heute war sie spät dran.
»Oder gib mir die Autoschlüssel, dann kann ich schon los«, bat sie ihre Mutter, die gerade die Treppe herab kam.
»Du weißt, ich muss zu meinen Patienten und brauche den Wagen. Ich bin gleich fertig, fahr ihn schon mal aus der Garage.«
»Ich kann Leo fahren, wenn es dir hilft«, kam eine Stimme aus der Küche, und Franz erschien im Türrahmen.
»Danke, das ist lieb, aber ich brauche nur noch meine Tasche, dann können wir los. Schreib du lieber auf, was wir für den Garagenumbau brauchen, wenn wir die Tage zum Baumarkt wollen«, rief Hanna, während sie ihrer Tochter nach draußen in den Hof folgte, wo sich diese gerade mühte, den alten Volvo aus der Garage zu fahren.
Immer wenn Paul frustriert war, ging er laufen. Heute rannte er gegen den Schmerz an. Das Brennen in seinen Lungen verdrängte für kurze Zeit die Leere, die er fühlte, wenn er zur Ruhe kam, und der fast hörbare Pulsschlag in seinen Schläfen ließ vorübergehend die immer lauter werdenden Vorwürfe, die er sich selbst machte, verstummen. Doch er wusste, dass all diese Gedanken an Nina zurückkehren werden, um ihm noch schmerzhafter die Fratze seiner eigenen Dummheit und Ungeduld vorzuhalten. Was nur hatte ihn geritten, Nina solchen Unsinn zu schreiben, sie so zu bedrängen und zu verschrecken? Sie musste Furchtbares von ihm denken, denn sie hatte auf keine seiner vielen gestrigen Kurzmitteilungen reagiert. Da waren sie wieder diese quälenden Gedanken, was wäre wenn, und selbst sein stärker werdendes Seitenstechen konnte diese nicht mehr unterdrücken.
Als er völlig abgekämpft wieder in die WG zurückkehrte, war Marc am Packen fürs Wochenende. Er sah Paul belustigt nach, als sich der verschwitzt und völlig außer Atem an ihm vorbei ins Bad schleppte.
»Wenn du unter die Dusche willst, lass den Vorhang offen, das Bad müsste mal wieder geputzt werden«, rief er ihm nach.
»Als wenn ich keine anderen Sorgen hätte«, kam es dumpf aus dem Bad, und Marc stutzte.
»Sorgen? Was für Sorgen, dachte das mit Rebecca hat sich geklärt?«
Paul streckte seinen Kopf kurz aus der halbgeöffneten Badtür.
»Ja, auch wenn man es fast nicht glauben mag, aber es dreht sich nicht immer alles nur um Rebecca.«
Marc antworte nicht, sondern wartete, bis Paul geduscht hatte und bat ihn, sich zu ihm zu setzen.
»So Jung, was ist los?«
»Nichts, was wir hier diskutieren müssten. Ich dachte, du bist auf dem Sprung?«
»Ich fahre erst morgen und glaube mir, auch das ist früh genug. Aber welche Sorgen hat unser Nesthäkchen?«
Paul wusste, dass er der Jüngste der WG war, hatte aber keine Lust, sich darüber jetzt aufzuregen und winkte nur müde ab.
»Da kannst du mir auch nicht helfen.«
»Wissen wir erst, wenn du mir sagst, was los ist«, ließ Marc nicht locker.
»Ich hab’s verbockt, ich bin einfach zu blöd für eine Beziehung. Aber das ist ja nichts Neues.«
Paul war es einerseits leid, sich zum hundertsten Mal selbst die Schuld für Ninas Schweigen zu geben, aber andererseits froh, dass Marc ihn fragte. Er musste die Geschichte los werden, sonst fürchtete er, platze ihm der Kopf. Marc wartete, ohne darauf zu antworten.
»Ich habe vor ein paar Wochen ein Mädchen kennengelernt und war mit ihr am Dienstag im Henker«, begann Paul zögerlich zu erzählen.
»Ok, das hätte ich dir als Frau auch übel genommen«, schmunzelte Marc, doch Paul war nicht nach Scherzen.
»Wenn du das lustig findest, kann ichs auch der Parkuhr erzählen, vielen Dank.«
»Sorry, ich weiß doch gar nicht, was passiert ist und mache mich natürlich nicht lustig über dich. Jetzt sei nicht eingeschnappt, sondern rede weiter.«
Paul schilderte von den vielen kleinen Treffen im Museum, dem Gespräch in der Cafeteria, dem Nachmittag im Botanischen Garten und dem Besuch bei Bernd und Bones. Auch von dem Spaß, den sie im Henker hatten und dem Nachtspaziergang. Erst bei dem Kuss stockte er und wurde etwas vage, wie weit sie beim Abschied gegangen waren. Doch Marc verstand und egal, ob sich Nina und Paul damals vor ihrem Haus küssten oder nicht, Paul war verliebt, und alles schien in bester Ordnung.
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