Alberta Alberta - Ich, mein Mann und seine Ehefrau!

Freitag, 16. September 2011

Heute habe ich verschlafen. Es ist 7.30 Uhr und Helene sitzt schon im Fernsehzimmer in ihrem Sessel. Dieser Raum liegt genau gegenüber unserem Schlafzimmer. Die Tür steht offen und während ich vorbei laufe, kann ich Helene von hinten sehen. Anscheinend ist sie heute Nacht mal wieder unterwegs gewesen, denke ich. Albert liegt noch im Bett und ich werde ihn später fragen, was heute Nacht los war, er hat ja keinen so festen Schlaf wie ich und hört - auch ohne Hörgerät - die Fliege an der Wand.

Mittags bin ich mit Helene dann für ca. 3 Stunden bei Eduard, einem langjährigen Freund von mir, der auf dem Camp wohnt. So hat Albert mal ein bisschen Zeit für sich - und für Helene ist es auch eine willkommene Abwechslung, zudem sie fremde Männer gerne anlächelt - und Eduard kennt sie schon vom letzten Besuch. Männer mag sie lieber als Frauen. Das sagte uns auch die Heimleitung, als wir sie vor ca. 4 Wochen dort abholten. Wir waren einen Monat in Urlaub und Helene brachten wir für diese Zeit in ein Altenheim für Alzheimerkranke.

Ja, es ist wirklich schön mit Helene auf dem Camp. Eduard hat noch seine beiden Söhne zu Besuch und so hat Helene viel zu schauen. Sie sitzt ganz lieb auf einem Gartenstuhl und strahlt Eduard an, der ihr ein Glas Apfelsaft reicht. Auch seine beiden Söhne versuchen mit Helene zu kommunizieren, was aber nicht leicht ist, da Helene kaum noch ein deutliches Wort hervorbringen kann, und auch nichts versteht. Also wird hin und her gelächelt und jedes Mal, wenn Eduard an ihr vorbeiläuft, rollt sie lächelnd ihre verschmitzten Äuglein und streckt ihre Zunge raus.

Es ist köstlich, diesem Spiel zuzusehen. Sie fühlt sich sichtlich wohl und vermisst überhaupt nicht ihren Mann. Vor einem Jahr noch hätte sie laufend nach Albert gefragt oder nach Hause gewollt - und heute vermisst sie ihn überhaupt nicht mehr.

Wenn Helene sich wohlfühlt, man sich um sie kümmert, und wenn dann noch nette Männer um sie herumschleichen und sich mit ihr beschäftigen, dann ist alles wunderbar.

Samstag, 17. September 2011

Habe Frühschicht bei (X)….schlimm, muss um 5.30 Uhr aufstehen - nicht meine Uhrzeit. Mach’ ich nie wieder, denke ich. Gut, ich hatte es (X) versprochen, dass ich im Notfall einspringe, das war aber das letzte Mal…hoffe ich. Am Spätnachmittag fahre ich dann mit meiner Tochter in den Schwarzwald und abends gehen wir alle zusammen essen, Albert, Helene, meine Tochter und ich.

Samstag, 17. September 2011

Ja, und heute, am Samstag, musste Berta noch einmal bei (X) arbeiten. Frühschicht. Ich wache schon um fünf Uhr auf, weil sie doch um 5:30 Uhr aufstehen wollte. Aber sie schlief auch schlecht, weil sie glaubte, sonst zu verschlafen. Ich stehe noch auf, um ihr jedenfalls ‚Guten Morgen’ zu sagen. Sie tut mir so leid, weil sie auch eigentlich gar nicht arbeiten wollte. Damit bin ich heute mit Helene allein. Muss sie alleine wechseln. Mein Liebling ist ja sonst immer dabei – zu zweit ist es doch einfacher. Aber es klappt auch. Ich kann es mir aber gar nicht mehr vorstellen, allein zu sein. Berta ist schon so ein großer Teil meines Lebens. Und so soll es ja auch sein, wir haben uns doch versprochen, die nächsten zwanzig Jahre zusammen zu sein. Berta hat mir gesagt: „Fünfzig Jahre mit Helene, dann musst Du mir mindestens zwanzig Jahre schenken“.

Berta ist zum ersten Mal mit meinem Auto zur Arbeit gefahren und kommt so um halb vier zurück. Ich gebe ihr gern das Auto, weiß ja, dass sie gut fahren kann. Ihre Tochter kommt dann zu uns und Berta fährt mit ihr noch in den Schwarzwald, um dort einige Möbelstücke hinzubringen, in ihr kleines Apartment, ihr „Nest“ wie sie es nennt.

Abends treffen wir uns alle in einer Pizzeria, ich habe keine Lust zu kochen und es ist ein guter Abschluss des Tages. Bertas Tochter ist eine ganz liebe Person, sie mag Helene auch und umgekehrt.

Sonntag, 18. September 2011

Heute konnte ich endlich mal wieder ausschlafen. Nur heute Mittag noch einmal zur Firma…und dann, Gott sei Dank, wäre dieses arbeitsreiche Wochenende auch vorbei.

Sonntag, 18. September 2011

Es wurde gestern spät, Berta musste auch noch Schlaf nachholen und wir wachen erst um ca. halb neun auf. Helene ist schon wach und ungnädig, sehr wahrscheinlich weil sie so lange auf uns warten musste.

Berta hat sich noch einmal für die Spätschicht eintragen lassen. Wir bringen sie am frühen Nachmittag zur Arbeit. Irgendwie läuft die Zeit sehr schnell, weil ich lange Gespräche mit meinen Söhnen führe. Aber ich fühle mich danach, ihnen zu sagen, dass ich sie vermisse und wie Berta und ich uns täglich Gedanken machen, wo wir unser nächstes Domizil aufschlagen wollen. Wir wissen, dass wir nicht mit Helene in unserem Haus bleiben können. Irgendwann wird es Helene nicht mehr möglich sein, die Treppen zu laufen.

Berta kommt um 23,30 Uhr von der Arbeit zurück.

Montag, 19. September 2011

7:30 Uhr, ich stelle mich auf die Wage, 56,9 kg! Wunderbar, dieser Tag fängt gut an, denke ich, und die Hungerei hat sich gelohnt. Nur noch 1,9 kg weniger und eine Tafel Schokolade zur Belohnung wird wieder fällig.

8:30 Uhr, wir wecken Helene, waschen und pampern sie wie jeden Morgen. Danach frühstücken wir zusammen und fahren alle drei einkaufen zu K-Markt. Das Ein- und auch das Aussteigen aus dem Auto fällt Helene heute besonders schwer. Man braucht schon viel Geduld. Und alles, was sie heute anfasst, geht daneben. Das Wasserglas auf dem Esstisch wird umgeschüttet. Sie drückt an allen Schaltern, Licht an….Licht aus….Geschirrspüler an ...usw.…Man darf sie heute nicht aus den Augen lassen, und muss auf sie aufpassen, wie auf ein kleines Kind von 2 Jahren. Sie versteht auch nicht, warum sie dies und jenes nicht machen darf und spielt nun die beleidigte Dame, sitzt mit übergeschlagenen Beinen, gerade und stolz in ihrem Sessel schmollt und schimpft. Es sind undeutliche Worte.

Es ist ca.16 Uhr, und nun ist es bald an der Zeit, ihr die Windelhose zu wechseln; denn Helene merkt nicht, wenn ihre Hose voll ist. Sie würde auch nie etwas sagen, wir können es nur riechen.

Auf einmal höre ich Albert rufen: „Wo ist meine Frau?….“. Ich weiß in diesem Moment nicht, welche von uns beiden er meint. Er geht die Treppe hoch und ich höre ihn sagen: „Ach da bist du ja, komm mit runter Frau Lind“. Er sagt des öfteren „Frau Lind“ zu seiner Ehefrau, und manchmal nervt mich das ganz gewaltig. Auch morgens beim Frühstück höre ich: „Meine Frau nimmt Zucker zum Kaffee“….oder seit gestern: „Meine Frau trinkt wieder Tee wie früher…“. Oder: „Hast du schon Salz über ihr Ei gestreut? ….…. Es nervt gewaltig. Ich hab’ keine Alzheimer, auch kenne ich Helene, seine Ehefrau, genau so lange wie ihn.

Sie trinkt nicht ihren Kaffe oder Tee, nein, sie schlürft ihn….ja! Und über ihr Ei streue ich immer Salz…. Und ich weiß auch, dass er mit Helene verheiratet ist, er muss das nicht immer betonen….wie könnte ich das je vergessen !

Heute Abend haben wir auch noch Besuch von Stoffels. Es sind Freunde von meinem Ehepaar Lind, ein sehr nettes und sympathisches Paar….

Montag, 19. September 2011

Heute Abend bekommen wir Besuch von Katja und Willi. Sie kommen für einen Plausch und wir machen dazu einen Nachtisch. Waren noch beim O-Markt und kauften alles was wir für einen Pudding und Mousse au Chocolate benötigen.