Carsten Freytag - Wenn Wolken Wandern

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Erzählt wird das herzzerreißende und mitleiderregende Migrationsschicksal einer jungen Prostituierten aus den Philippinen. In einer atmosphärisch dichten und psychologisch nachvollziehbaren Erzählweise wird ihr Werdegang, der von fehlender Mutterliebe und von häuslicher Gewalt geprägt ist, geschildert. Doch am Ende strahlt ein Hoffnungsschimmer, einem goldenen Sonnenstrahl gleich, durch die dunklen Wolken ihrer geschundenen Seele

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Carsten Freytag

Wenn Wolken Wandern

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Inhaltsverzeichnis

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Fliegen Fliegen Wenn Wolken wandern Carsten Freytag Roman Impressum Texte: © Copyright by Carsten Freytag Umschlag: © Copyright by Carsten Freytag Verlag: neobooks.com Cover: neobooks.com D a, wo ich herkomme, gab es viele Fliegen. Immer, wenn meine Oma Essen gekocht hatte, flogen sie in der Küche aus Stein wild herum und landeten auf dem Reis oder auf dem Fisch, den meine Oma auf den Holztisch gelegt hatte, bevor sie den Fisch in die heiße Pfanne legte. Doch den Fisch sah man nicht, denn der Fisch war von einer schwarzen Schicht wimmelnder Fliegen bedeckt. Meine Oma klatschte in die Hände und die Fliegen gaben den Blick auf den Fisch frei, den sie nun in die heiße Pfanne über der steinernen Kochstelle legte, wo das Feuer nun heiß genug war, um den Fisch zu braten. Jeden Tag gab es Fisch, jeden Tag gab es Reis und jeden Tag gab es die Fliegen, die auf dem warmen Essen landeten und mit unserer linken Hand unaufhörlich weggescheucht werden mussten, bevor wir den trockenen Fisch und den Reis hungrig, wie wir waren, essen konnten. Die Fliegen hatten leichtes Spiel. Unser Haus aus Stein und Wellblech hatte Fenster ohne Fensterscheiben. Wenn im Herbst die Regenzeit begann, war das Haus so feucht, dass der Lehmboden zu Matsch wurde. Die Fliegen hatten es gut. Auch die Geckos, die träge an unseren Steinwänden hochliefen, hatten es gut. Die Fliegen waren eine willkommene Beute, die sie mit ihrer blitzschnell hervorschießenden Zunge einfingen und vertilgten.

Mutterliebe und ihre Folgen

Warten

Aller Anfang ist schwer

Wohlstand in der Armut

Momente des Glücks

Ein untypischer Freier

Mein Schneckenhaus

Der fremde Mann und die fremde Mutter

Ein seltsamer Engel

Der unheilvolle Brief

Soll ich es wie Richy machen?

Eine Chance vertan

Eine Begegnung der besonderen Art

Sie muss weg, weg muss sie

Pitbull Burim

Flucht

Es ist soweit

Der Traum

Gregor und ich

Endlich Schluss

Alt werden, ist nicht schön

Die Begegnung der unheimlichen Art

Unter Druck gesetzt

Dunkle Wolken ziehen auf

Veränderungen

Die Flatter

Ungewissheiten

Ein neues Leben

Eine kurze Einführung

Die Begegnung

Die große Flatter

Impressum neobooks

Fliegen

Wenn Wolken wandern

Carsten Freytag

Roman

Impressum

Texte: © Copyright by Carsten Freytag

Umschlag: © Copyright by Carsten Freytag

Verlag: neobooks.com

Cover: neobooks.com

D a, wo ich herkomme, gab es viele Fliegen. Immer, wenn meine Oma Essen gekocht hatte, flogen sie in der Küche aus Stein wild herum und landeten auf dem Reis oder auf dem Fisch, den meine Oma auf den Holztisch gelegt hatte, bevor sie den Fisch in die heiße Pfanne legte. Doch den Fisch sah man nicht, denn der Fisch war von einer schwarzen Schicht wimmelnder Fliegen bedeckt. Meine Oma klatschte in die Hände und die Fliegen gaben den Blick auf den Fisch frei, den sie nun in die heiße Pfanne über der steinernen Kochstelle legte, wo das Feuer nun heiß genug war, um den Fisch zu braten. Jeden Tag gab es Fisch, jeden Tag gab es Reis und jeden Tag gab es die Fliegen, die auf dem warmen Essen landeten und mit unserer linken Hand unaufhörlich weggescheucht werden mussten, bevor wir den trockenen Fisch und den Reis hungrig, wie wir waren, essen konnten. Die Fliegen hatten leichtes Spiel. Unser Haus aus Stein und Wellblech hatte Fenster ohne Fensterscheiben. Wenn im Herbst die Regenzeit begann, war das Haus so feucht, dass der Lehmboden zu Matsch wurde. Die Fliegen hatten es gut. Auch die Geckos, die träge an unseren Steinwänden hochliefen, hatten es gut. Die Fliegen waren eine willkommene Beute, die sie mit ihrer blitzschnell hervorschießenden Zunge einfingen und vertilgten.

Mutterliebe und ihre Folgen

Dort, wo meine Mama mich verprügelt hatte, gab es wenig Fliegen. Nur eine Fliege, die über meinem blutenden Kopf schwirrte, war in meinem Zimmer. Ich verfolgte sie mit meinen blutverklebten Augen und sah, wie sie auf dem Bein des umgestürzten Tisches landete, so, als wollte sie mich von oben herab betrachten, um zu erfahren, ob ich noch lebte. Der Teppich, auf dem ich schmerzverkrümmt lag, fühlte sich weich an, so, als wollte er mir ein wenig Bequemlichkeit geben. Es war ruhig in meinem Zimmer. Nach dem Geschrei meiner Mama, die mich wütend angebrüllt hatte, und nach dem Lärm der Schläge und Tritte war die Stille beinah himmlisch und legte sich wie ein Kokon über meine verletzte Seele, um mir Ruhe zu geben. Lange blieb ich auf dem Teppich liegen. Auf dem Rücken liegend, sah ich aus dem Fenster. Ich beobachtete das Wolkenspiel am hellgrauen Himmel. Große, mächtige dunkelgraue Wolkenberge hatten sich am Himmel in mehreren Schichten bedrohlich aufgetürmt und wanderten erstaunlich tief, aber recht schnell an meinem Fenster vorbei. Dort oben musste es sehr windig sein. Man müsste eine Wolke sein. Aber keine kleine Schäfchenwolke, die hoch oben in der Atmosphäre einen Schleier mit vielen anderen Schäfchenwolken bildet. Nein, so eine Wolke möchte ich nicht sein. Es musste eine bedrohliche Wolke sein. Eine Wolke, die Angst erzeugt. Eine Wolke, die Blitz und Donner mit sich führt und über dem Haus meiner Mutter schwebt. Eine Wolke ist unantastbar. Unerreichbar. Niemand kann eine Wolke schlagen und verletzen. Wenn ich es könnte, würde ich zu den Wolken hinaufsteigen, eine von ihnen werden, würde mit meinen neuen Freunden über Indien hinweg bis nach Südostasien wandern. Nur weg von hier. Immer schneller, immer weiter weg von hier. Sie würden mich tragen bis in meine Heimat, wo die Luft so warm und weich wie Weihrauch ist. Und plötzlich erfüllte mich ein Gefühl der Hoffnung, ein Gefühl von Wärme durchdrang meinen geschundenen Körper, als ein goldener Sonnenstrahl die Wolkendecke plötzlich durchbrach und mein Gesicht erhellte. Ich hatte das Gefühl, nicht mehr alleine zu sein.

Bei meinem Versuch aufzustehen, spürte ich einen brennenden Schmerz in meinem Unterleib, dort wo meine Mama mich immer getreten hatte, nachdem ich zu Boden gegangen war. Nur der Mann, der irgendwann in mein Zimmer kam, hatte meine Mama davon abgehalten, mich totzutreten. So wütend war meine Mama gewesen. „Bist du total verrückt geworden! Komm zur Besinnung!“, hatte der Mann gerufen und den nächsten Tritt meiner Mama verhindert, indem er dazwischengesprungen war. Der Schreck stand ihm im Gesicht geschrieben. Doch ich wusste nicht, ob er mich oder meine Mama beschützen wollte, als er den nächsten Tritt meiner Mama abgefangen hatte. Ich hatte auch erst viel später verstanden, was Besinnung heißt, denn ich war erst vier Jahre in Deutschland.

Warten

Ich verfluche die Zeit des Wartens, die mich dazu führt, in meine Vergangenheit zu blicken. Das, was ich glaubte verdrängt zu haben, kommt immer dann zum Vorschein, wenn ich warte oder einsam in meiner kleinen Wohnung bin und nicht weiß, was ich tun soll. Wann kommt er denn endlich? Hoffentlich kommt er auch. Wenn er mich jetzt in dieser Situation im Stich lässt, bin ich für immer und ewig verloren. Dann wird es keinen Ausweg mehr geben. Ich liebe ihn. Ich glaube, so etwas wie Liebe zu verspüren. Und er liebt mich. Das sagt er zumindest. Mahal kita. Doch manchmal fühle ich eine beklemmende Angst in mir . Mahal kita. Zu oft habe ich diesen Satz gehört, während die Männer in mir eindrangen. Nicht selten baten Freier mich, den Satz der Liebe und des Lebens in meine Heimatsprache zu übersetzen, als glaubten sie wirklich, mit dieser Lüge, während sie sich in mir wollüstig ergossen, eine tiefere seelische Verbindung mit mir eingehen zu können. Ein Satz, der für mich stets nur Enttäuschung und grenzenlose Ernüchterung mit sich führte. Ein Satz ohne Verheißung und Hoffnung. Ein Satz, der nicht einmal über die Lippen meiner Mutter kam.

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