Auf dem Rückweg zum Lager unterhielten wir uns und ich musste eingestehen, dass sich meine Ansichten bezüglich der Yankees gewandelt hatten. Ich sagte: "Jungs, wenn wir uns nach dieser Aktion eben weiterhin vormachen, die Yankees wären verweichlichte Großstadtbübchen und lausige Schützen, so wird uns das früher oder später übel bekommen. Ich wage zu behaupten, in dieser Angelegenheit mit einiger Autorität sprechen zu können, denn ich bin seit meiner frühen Kindheit ein überaus geübter Angler und Jäger. Sowohl der weiße als auch der rote Mann haben mich das Überleben in der Wildnis gelehrt und die Art und Weise, wie sich diese Yankees zwischen den Bäumen umher bewegten, zeugt davon, dass auch sie geübte Naturburschen sind. Sie durchstreiften das Gehölz mit der Gewandtheit wilder Truthähne und ich befürchte, wenn jeder von uns im Laufe des Krieges auch nur einen von ihnen erwischt, so können wir uns das schon hoch anrechnen. Ich wüsste zu gerne, woher diese Yankees stammen und ob wir es mit vielen ihres Schlages zu tun haben. Jungs, wenn euch diesbezüglich etwas zu Ohren kommt, lasst es mich bitte wissen." Diese mysteriösen Yankees schienen das Interesse unserer Jungs geweckt zu haben, denn bereits wenige Tage später informierte mich einer meiner Kameraden, dass es sich um "Jäger und Fallensteller aus dem Westen" handele. Ich entgegnete mit einiger Erleichterung: "Gott sei Dank! Wir haben es zwar mit einer Übermacht zu tun, aber sie werden nur wenige dieser zähen Burschen in ihren Reihen haben."
Toups war ein alter Bekannter (und womöglich gar ein entfernter Verwandter) von Captain Bryan und hatte sich in der Messe des Captains einquartiert. Unser Captain war ein Musterbeispiel eines edlen Menschen: Er war ausgesprochen tapfer, gerecht, gütig, hatte ein offenes Ohr für die Gedanken und Sorgen seiner Soldaten und behandelte einen jeden Mann so, wie dieser es verdiente. Fand er in seiner Kompanie eine Gruppe von Männern, in denen er eben jene Qualitäten erkannte, so rief er gerne deren Namen aus und verkündete, dass er mit einem Regiment derartiger Burschen auf dem Schlachtfelde alles vollbringen könnte, was einem Menschen nur möglich sei. Er bevorzugte unter seinen Soldaten die wilden, waghalsigen Kerle, die im Feldlager nichts als Unruhe stifteten und die man selbst in der Arrestzelle noch im Auge behalten musste. Bryan zählte auch mich zu dieser Sorte und war überzeugt, dass wir im Gefecht stets die Nähe des Feindes suchen würden, anstatt die Köpfe einzuziehen. Wir waren kaum von der peinlichen Angelegenheit am Damm in unser Lager zurückgekehrt, als einer der Jungs zu mir sagte: "Bill, ich habe gehört, wie Toups zum Captain gesagt hat, er hätte ihn bisher stets für einen ausgemachten Menschenkenner gehalten, der einen guten Soldaten auf den ersten Blick zu erkennen vermochte, aber nun sei er sich da nicht mehr so sicher und er glaube, bald würde auch Bryan selbst diesbezüglich an sich zu zweifeln beginnen."
Da wir in einiger Entfernung zur Front lagerten, bekamen wir nur wenig von den dortigen Vorgängen mit. Wir verbrachten unsere Zeit mit Drillübungen und den üblichen Lagerarbeiten. Unsere Rationen waren üppig, aber Gemüse war ausgesprochen rar, mit Ausnahme des wildwachsenden sogenannten "Indianerknoblauchs". Dieser wuchs in Hülle und Fülle und seine Zwiebeln waren die dicksten, die ich jemals gesehen habe. Bereits eine herzhafte Mahlzeit aus gekochtem Speck und Indianerknoblauch reichte aus, um den Appetit eines Mannes auf Gemüse für einige Zeit zu stillen.
Nach einiger Zeit begannen Magruders Truppen sich in Bewegung zu setzen, aber wir einfachen Soldaten wurden über den Grund natürlich nicht in Kenntnis gesetzt. Es dauerte nicht lange, ehe wir unser erstes größeres Gefecht mit dem Feind hatten. Beide Seiten erhielten ein lebhaftes Musketenfeuer aufrecht, richteten aber nur geringen Schaden an. Die Yankees beschossen die Wälder mit den großen Mörsern ihrer Kanonenboote; die Granaten waren riesig und machten beängstigende Geräusche, wenn sie über uns hinwegsausten und hinter uns explodierten. In einer der Kompanien der 1st Texas Infantry dienten einige Indianer und diese beschwerten sich angeblich, dass sie mit dieser Art der Kriegsführung nicht einverstanden seien, da sie jene Soldaten, welche die schweren Geschütze abfeuerten, mit ihren Gewehren nicht erreichen konnten und es somit kein ehrenhafter Kampf sei. Dies schien das Ende ihrer Zeit als Soldaten zu bedeuten, denn soweit ich weiß, wurden sie zurück nach Texas geschickt.
Ich hatte gemeinsam mit einigen anderen Jungs zu dieser Zeit ein recht amüsantes Erlebnis, das zudem ein glückliches Ende nahm: Wir litten unter jenem Gebrechen, das damals als "Lagerdiarrhoe" bezeichnet wurde und es ließ sich einfach kein wirksames Heilmittelchen für uns finden. Als wir also ins Gefecht zogen, war ich in größter Sorge, dass sich ein überaus peinliches Missgeschick ereignen könnte. Dieser Gedanke bereitete mir größere Sorgen als das Gefecht selbst und umso erstaunter war ich, dass die Aufregung und sonstigen Emotionen des Kampfes eine nahezu sofortige Genesung bewirkten. Ich erkundigte mich später bei einigen der anderen Betroffenen und auch sie konnten von einer wundersamen Heilung berichten.
Wir wichen langsam in Richtung Richmond zurück und währenddessen ereignete sich nur wenig Nennenswertes, mit Ausnahme einer spürbaren Verschlechterung unserer Versorgungslage, welche sich durch gelegentlichen Nahrungsmangel und daraus folgende Hungergefühle bemerkbar machte. Gelegentlich war es dermaßen schlimm, dass uns einige geröstete Maiskörner bereits als befriedigende Mahlzeit erschienen und ich erinnere mich noch, dass einmal unerwartet je 500 Gramm grobes Maismehl an uns ausgeben wurden. Ich rührte sogleich mit Wasser einen pappigen Brei daraus an und hatte nicht einmal Salz, um ihn ein wenig zu würzen. Während der Brei aufkochte, duftete er so köstlich, dass ich ihn am liebsten unverzüglich lauwarm verschlungen hätte. Ich glaube nicht, dass ich jemals zuvor oder danach eine Mahlzeit dermaßen genossen habe. Unser Rückmarsch endete schließlich unweit Richmond am Chickahominy-Sumpf. Hier mussten wir harten Arbeitsdienst verrichten, wurden aber immerhin wieder reichlich verpflegt. Hier war es auch, wo ich zum ersten Mal einen Beobachtungsballon aufsteigen sah. Der Feind sandte täglich an irgendeinem Teil seiner Front eines dieser Dinger in die Höhe, wo es wohl allerlei Beobachtungen machte, aber sie wurden stets hastig wieder eingeholt, sobald unsere Artilleriegeschütze einige Schüsse auf sie abgaben. Das Gelände, das wir besetzt hielten, war recht eben, stellenweise sumpfig und stand hie und da gänzlich unter Wasser. Ich erinnere mich noch gut an ein Erlebnis, während wir auf unserer Vorpostenlinie in einer Stellung standen, die eine in Richtung Richmond verlaufende Bahnlinie kreuzte. Die Wachmannschaft, der ich zugeteilt war, versah ihren Postendienst in einem Abschnitt, der von den Gleisen aus eine kurze Strecke nach links verlief. Das dortige Gelände war ausgesprochen unwirtlich, da es überschwemmt war. Wir mussten die durchnässte Erde mit Holzbohlen abdecken, um halbwegs trocken schlafen zu können. Wir breiteten eine Decke über den Bohlen aus, aber es blieb eine außerordentlich ungemütliche Bettstatt. Aus Unwissenheit oder womöglich Absicht (ich habe niemals erfahren, welches von beiden) hatte man uns zum Wachtdienst mit Intervallen von je zwei Stunden Posten und zwei Stunden Ruhe eingeteilt. Die kurzen Ruhezeiten machten uns die Zubereitung einer ordentlichen Mahlzeit sowie erholsamen Schlaf unmöglich und die ganze Angelegenheit ermüdete uns sehr. Es mochte dieses Ungemach jedoch durchaus auch sein Gutes gehabt haben, da wir notwendigerweise einigermaßen durchnässt waren und uns bei mehrstündiger, regungsloser Untätigkeit womöglich diverse Krankheiten zugezogen hätten. Der Feind betrieb auf dieser Bahnlinie eine Lokomotive, auf deren Schlepptender eine kleine Kanone installiert und einige Scharfschützen postiert waren. Die Yankees machten uns auf unserer Postenlinie das Leben schwer, indem sie diese Lokomotive rückwärts an unsere Vorposten heranfuhren und aus sicherer Entfernung Schrapnellgeschosse, Granaten sowie einige wohlgezielte Schüsse der Scharfschützen auf uns abfeuerten. Unser Postendienst in diesen Stellungen dauerte lediglich 24 Stunden, aber bei unserer Rückkehr ins Lager waren wir gänzlich erschöpft. Auf einer unserer Erkundungsmissionen in dieser Gegend drangen wir weit vor unsere vordersten Stellungen vor und mussten durch recht tiefes Wasser waten, während uns die Yankeekugeln nur so um die Ohren pfiffen. Es war dies das erste Mal, dass unser Captain seine "Schoßtierchen" (wie wir einfachen Burschen seine Günstlinge nannten) in Aktion beobachten konnte und die verzweifeltsten Einschmeichler unter seinen "Schoßtierchen" boten den erbärmlichsten Anblick. Besonders einer von ihnen war dermaßen verängstigt und schier von Sinnen in seiner Panik, dass er unser Mitleid verdient gehabt hätte, aber wir sagten einem jeden, der in dieser Lage "die weiße Feder zeigte", sich also als Feigling erwies, sogleich unsere Meinung und zwar in so lauten und deutlichen Worten, dass sie dem Captain nicht entgehen konnten. Kurze Zeit später gestand der Captain mir, er habe sich stets für einen profunden Menschenkenner gehalten, doch nun sei sein Selbstvertrauen diesbezüglich erschüttert, da das bisherige Verhalten der Männer unter Feuer einige beträchtliche Fehleinschätzungen seinerseits offenbart habe.
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