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„Musste das sein?“, fragte Vincent verständnislos, „musstest du auch noch Öl ins Feuer kippen?“ „Wieso, das kleine Miststück hat doch `ne Abreibung verdient und ich hoffe, dass Viktor ihm jetzt so richtig Feuer unterm Arsch macht!“, antwortete Hellen nur achselzuckend und setzte sich gespannt auf die Tanzfläche blickend, zurück. Vincent schnaubte nur und folgte seinem Freund nach. Viktor war inzwischen bei den beiden Tanzenden angekommen, packte Chris von hinten grob bei den Schultern und riss ihn zurück. „Hey!“, machte der erschrocken und gleichermaßen wütend und drehte sich zu ihm um. Einen kurzen Moment starrte er ihn an. „Hast du sie noch alle?“, schrie er dann, „was soll das?“ „Was das soll?“, brüllte Viktor zurück, „das frag` ich dich! Du kommst jetzt sofort mit!“ Er ergriff sein Handgelenk und wollte ihn mit sich zerren, doch da trat Chris` Begleiter dazwischen und schubste Viktor hart. „Lass` ihn sofort los, du Arsch!“, schrie er Viktor gellend an. Der legte nur spöttisch grinsend seinen Kopf etwas schräg und stieß ihm dann dermaßen gegen die Brust, dass der zurücktaumelte und beinahe hinfiel. „Misch dich da lieber nicht ein, du Tucke, oder dir fehlen gleich ein paar Zähne“, raunte Viktor, doch da war Vincent schon zwischen sie getreten und hob beide Hände in deren jeweilige Richtung. „Schluss jetzt!“, rief er energisch, dann wandte er sich an Viktor. „Viktor! Mach hier keine Szene“, sagte er scharf und sah zu Chris, der sich mittlerweile aus Viktors Griff befreit hatte. „Du hast wirklich Nerven, Kleiner, hier noch mal aufzukreuzen, nach der Nummer, die du abgezogen hast! Es ist besser, wenn du hier ganz schnell abhaust und dich nie wieder blicken lässt, sonst passiert was!“ „Ach! Und was?“, blaffte Chris ihn an. „Das hier ist ein öffentlicher Tanzschuppen und ich kann hierherkommen, wann immer ich möchte!“ „Kannst du nicht! Der Laden gehört zufällig mir und ich brauche nur mit den Fingern zu schnippen und meine Türsteher schmeißen dich raus! Und zwar im hohen Bogen! Also mach `ne Fliege!“ „Moment!“, mischte Viktor sich wütend ein, „erst wenn ich mit ihm geredet habe! Wir zwei sind noch nicht fertig!“ Erneut packte er Chris am Handgelenk und der wehrte sich prompt wieder dagegen. „Lass mich los, du krankes Arschloch!“, schrie er ihn an. „Du kommst jetzt sofort mit!“, erwiderte Viktor noch einmal nachdrücklich, doch Chris stemmte sich dagegen. „Einen Scheißdreck, werde ich! Und jetzt lass mich los!“ Vincent platzte endgültig der Kragen und er stieß Chris grob an. „Jetzt hör mir mal zu, Schätzchen! Du wirst jetzt mit ihm gehen und dann werdet ihr zwei das ein für alle Mal klären! Und dann kannst du abhauen und zwar auf nimmer wiedersehen, ist das klar!“ Er wandte sich an Viktor. „Geh mit ihm hoch, in die VIP-Lounge, verdammt nochmal!“ „Ach und was sollen wir da?“, fragte Chris herausfordernd. „Reden!“, antwortete Viktor zornig, packte ihn wieder und zog ihn mit sich. Chris folgte ihm zögernd, drehte sich aber noch einmal um. „Ich bin gleich wieder da, Phillip! Warte auf mich, ja?“, rief er zurück. „Hier gibt`s nichts mehr zu glotzen!“, schnauzte Vincent die umstehenden Gäste an, die einen großen Ring um sie gebildet hatten und folgte den beiden dann nach. Sie stiegen eine Treppe, die zu einer höheren Etage führte, hoch und betraten einen durch eine Glasfront abgetrennten Raum. Viktor ließ Chris los und schubste ihn hinein. „Spinnst du? Arschloch!“, blaffte der und sah ihn wütend an. „Also, was willst du?“ „Was ich will? Ich will, dass du mir eine Frage beantwortest! Wieso, hast du dich nicht bei mir gemeldet!“, fragte Viktor laut. „Hatte halt keinen Bock, wieso auch! Ich bin doch nicht dein Eigentum!“, gab Chris achselzuckend
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zurück. „Ich kann machen, was ich will!“ Viktor konnte nur mit dem Kopf schütteln. „Das kann ja wohl nicht wahr sein“, sagte er wesentlich ruhiger, „dass ich mich derart, in dir getäuscht habe. Wir haben ein ganzes Wochenende zusammen verbracht! Wir haben miteinander geschlafen“, meinte er dann fassungslos. „Na und? Man Alter, das mach ich andauernd oder denkst du im Ernst, dass du mein Erster warst“, erwiderte Chris spöttisch. Vincent, der hinter Viktor stand, trat einen Schritt vor und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Komm, Vik, die schwule Fotze ist es doch gar nicht wert“, sagte er beruhigend zu ihm. „Was hat der gerade zu mir gesagt? Fotze?!“, blaffte Chris zu ihnen hin. „Ist dieses Arschloch etwa dieser angeblich beste Freund, von dir, ja? Na, gratuliere, der passt echt perfekt zu dir! Ist wahrscheinlich genauso krank, wie du!“ „Ich hau` ihm jetzt eine in die Fresse!“, zischte Vincent und ging auf Chris los, doch Viktor hielt ihn zurück. „Vincent, bitte, lass uns allein“, sagte er ruhig, „ich möchte einfach nur, in Ruhe mit ihm reden.“ „Ich verstehe dich nicht, dass du auch nur ein Wort, an den verschwendest“, erwiderte der verständnislos, „der ist nichts weiter, als `n billiger Stricher, wenn du mich fragst! Hat sich ein paar Tage von dir aushalten lassen und sucht sich dann den nächsten!“ Jetzt ging Chris auf ihn los, doch Viktor stellte sich zwischen sie und hob beide Hände beschwichtigend. „Jetzt ist Schluss!“, sagte er energisch. „Vincent, geh!“ Chris kniff die Augen zusammen und baute sich vor ihm auf. „Ja, ist besser, wenn er abhaut, bevor ich ihn alle mach`!“ „Du? Mich?“, gab Vincent erheitert zurück, „du fällst doch schon um, wenn ich dich nur anpuste!“ „Ja, von deinem Mundgeruch, vielleicht“, schnauzte Chris zurück und beide gingen wieder aufeinander zu. Viktor schloss kurz seine Augen und stieß sie dann beide auseinander. „Ruhe!“, rief er wütend. „Vincent, zum letzten Mal, geh jetzt! Bitte!“ Vincent warf noch einen bösen Blick auf Chris, schüttelte dann missbilligend seinen Kopf, drehte sich um und verließ den Raum. Viktor atmete tief durch und schluckte erst einmal. Dann trat er ein paar Schritte zurück und sah Chris bedauernd an. „Wieso? Bitte, sag es mir“, sagte er ruhig. Chris holte tief Luft, senkte dann aber seinen Blick. „Ich weiß nicht, hatte deine Karte verloren“, antwortete er betreten. „Verloren?“, fragte Viktor fassungslos. „Ja, Mann!“, giftete Chris ihn plötzlich wieder an. „Ich hatte sie in meine Jeans gesteckt und Mum hat sie mitgewaschen, da war sie halt weg!“ „Du hättest dich trotzdem bei mir melden können! Du wusstest meinen Namen und hättest nur im Telefonbuch nachsehen müssen, unter Architektur-Büros! So viele `de Winter´, stehen da nicht drin!“ Viktor schüttelte kurz seinen Kopf und kam wieder langsam auf ihn zu. „Bleib mir ja, vom Leib!“, fuhr Chris ihn an und Viktor blieb stehen. „Chris, ich will dir doch nichts tun“, meinte er betroffen. „Bitte, ich verstehe es einfach nicht. Wir haben so ein schönes Wochenende, miteinander verbracht und ich hatte einfach den Eindruck, dass du es genauso empfunden hast. Habe ich mich wirklich, so getäuscht?“ „Nee“, meinte Chris verlegen und wandte sich halb von ihm ab. „Es war ja auch schön, aber…“ „Aber?“ „Es war mir alles zu kompliziert und irgendwie zu viel“, antwortete Chris leise. „Du bist so kompliziert!“ „Ach! Und da meldest du dich einfach nicht mehr, ja? Nach dem Motto: Aus den Augen, aus dem
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Sinn! Ja?“, sagte Viktor barsch. „Und der Typ, da draußen, der, mit dem du heute hier bist, der ist es nicht, ja? Hast du mit ihm geschlafen?“ Chris schluckte verlegen und sah ihn an. „Ja, und zwar mehr als einmal! Na und, was geht`s dich an?! Ich kenne ihn schon länger, als dich!“ Viktor nickte kurz. „Und ob es mich etwas angeht“, erwiderte er aufgebracht, „vor, oder nach mir?“ „Beides, wenn du`s genau wissen willst! Ich hab` ihn letzte Woche wiedergetroffen, na und?“ „Und bist sofort mit ihm ins Bett gegangen, ja? Und wahrscheinlich mal wieder, ohne Gummi!“, setzte Viktor nach. „He, Mann, Alter! Jetzt mach mal halblang! Du siehst echt scheiße aus und wenn ich ehrlich bin, bist du derjenige, der hier echt krank aussieht! Aber von mir, hast du dir gewiss nichts geholt! Ist das klar?!“, schnauzte Chris zurück. Viktor nickte schwach. „Ja, da hast du recht! Ich seh` scheiße aus und fühl mich auch so, im Gegensatz zu dir, wie mir scheint! Und du bist schuld daran!“ „Ich? Jetzt mach aber mal `n Punkt! Du verkraftest es doch nur nicht, dass dich mal jemand nicht unwiderstehlich findet und dir `ne Abfuhr erteilt hat!“, meinte Chris abwinkend. „Es ist viel mehr, als das“, erwiderte Viktor geknickt, „Chris, ich, ach Scheiße!“ Er senkte seinen Blick, schnaufte tief durch und sah ihn dann wieder an. „Ich glaube, ich habe mich in dich verliebt“, sagte er leise. „Bitte, können wir nicht woanders hingehen? Wo wir alleine sind?“ Chris war erst einmal baff und starrte ihn ungläubig an, doch dann hatte er sich schnell wieder gefangen. „Ach ja? Wohin denn? In dein kuscheliges Schlafzimmer vielleicht? Wo du mir dann wieder dieses Scheiß Halsband umlegen möchtest? Kauf` dir doch `nen Hund! Dem kannst du`s dann umlegen und herumkommandieren, kannst du ihn dann auch noch! Am besten einen Schäferhund oder `nen Rottweiler!“, blaffte er ihn aufgebracht an. „Ich steh aber eher auf Dobermänner, die sehen eleganter aus“, erwiderte Viktor gelassen, „und sie haben so ein schönes, glänzendes und glattes Fell. Außerdem sind sie schön schlank, aber dennoch kräftig und muskulös“, sagte er und sah ihn an. „Ach! Wie ich, oder was? Hm?“, fragte Chris zynisch. „Da muss ich dich aber enttäuschen, ich bin kein Hund und schon gar kein Dobermann!“ „Nein, bist du nicht! Du bist eher ein Wadlbeißer“, antwortete Viktor schmunzelnd. „Was?“ „Ein Wadlbeißer! So nennt man in Bayern, kleine Hunde, die andauernd kläffend hinter einem herrennen und eben in die Waden beißen!“, antwortete er trocken. Chris schnappte erstmal nach Luft. „So einer bin ich gar nicht!“, verteidigte er sich beleidigt. „So eine Frechheit!“ „Ein Dobermann, willst du ja nicht sein“, meinte Viktor gelassen, „sind echt schöne Hunde und du hast recht, dem würde ein Halsband gutstehen! Ein ganz breites, schwarzes, mit Strass Steinen besetztes, würde ich ihm kaufen, damit sein langer, schlanker Hals zur Geltung kommt.“ „Ph!“, machte Chris nur und es entstand eine kurze, verlegene Pause, zwischen ihnen. „Und?“, fragte Viktor schließlich, „gehen wir woanders hin? Ich habe hier in der Nähe eine Stadtwohnung, da könnten wir in Ruhe reden!“ „Worüber?“, fragte Chris schulterzuckend. „Da fragst du noch? Hallo, ich habe dir gerade eben gesagt, dass ich mich in dich verliebt habe!“, fuhr Viktor auf. „Ist dir das völlig egal?“ „Nee, natürlich nicht“, antwortete Chris gedehnt, „aber, ach man, ich weiß ehrlich nicht, was und wie ich darauf reagieren soll.“, druckste er herum. „Ich glaub` eh nicht, dass das überhaupt einen Sinn hat, mit uns.“ „Und wieso nicht? Nur wegen dieser einen Sache? Chris, du kennst mich doch gar nicht richtig! Gib
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