Gonzalo.
Bist du toll?
Sebastian. Wache.
Sebastian.
Hier! Ergreift ihn!
Crugantino.
Mich?
Sebastian.
Dich! Ergib dich!
Gonzalo.
Was ist das?
Crugantino wirft seinen Stuhl um und verrammelt sich hinter den Tisch und Claudinen, greift in die Taschen und zieht ein Paar Terzerole heraus.
Bleibt mir vom Leibe! Ich möchte nicht gern einem was zu Leide tun.
Sebastian auf ihn losgehend.
Damit ihr seht, daß sie geladen sind!
Er schießt eine nach der Decke, Sebastian weicht. Crugantino zieht den Degen, in der andern Hand die Terzerole.
Die für den, der mir nachfolgt!
Er springt über den Stuhl weg und schwadroniert sich durch die Kerls durch, hinaus.
Sebastian denen draußen.
Haltet! Haltet! Nach! Allons, nach!
Er geht zuerst.
Claudine , die vom Schuß aufgefahren ist, sieht wild um sich her.
Tot! tot! Hast du's gehört? Sie haben ihn erschossen.
Springt auf.
Erschossen. Mein Vater!
Weinend.
Und Sie haben's gelitten! Wo haben sie ihn hin? Wo sind sie hin? Wo bin ich? Pedro!
Sie fällt wieder in den Sessel.
Gonzalo.
Mein Kind! Mein Kind!
Zu Camillen und Sibyllen.
Steht ihr da! Guckt ihr zu! Hier, Sibylle, hier meine Schlüssel, hol meinen Balsam droben. Camille, geschwind in Keller, vom stärksten Wein! Claudine! mein Kind!
Claudine hebt sich ohnmächtig, ohne zu sprechen, reicht ihrem Vater die Hand und sinkt wieder hin. Gonzalo geht verwirrt bald zu, bald von ihr.
Sebastian kommt.
Er hat sich durchgeschlagen, wütend wie der Teufel! Du sollst uns nicht müde machen. Gonzalo, ich bitte dich.
Gonzalo.
O meine Tochter!
Sebastian.
Es ist der Schreck. Sie erholt sich wieder. Willst du mir deine Bedienten erlauben, deine Pferde? Ich will ihm nach.
Gonzalo.
Mach, was du willst.
Claudine.
Sebastian.
Sebastian.
Auf Wiedersehn, Fräulein.
Claudine.
Pedro! Er ist tot?
Sebastian.
Sie ist verwirrt, pflegt sie, ich muß fort.
Ab.
Gonzalo , sie zum Sessel führend.
Beruhige dich, Engel.
Claudine.
Er geht. Und sagt mir nicht: ist er tot, lebt er?
Ach meine Knie, meine armen Knie! Mein Herz wird brechen.
Sibylle kommt.
Sibylle.
Hier der Balsam.
Claudine.
Gefährlich verwundet, sagtest du? In Sarossa?
Gonzalo.
Wer?
Sibylle.
Pedro.
Gonzalo.
Wie?
Sibylle.
Ach daß man nicht von Sinnen kommt über den Lärm und das Gewirre. Heiliger Gott! Da kommt Bastians Diener gesprengt, fragt nach seinem Herrn, und da er ihn nicht antrifft, hinterläßt er: Pedro sei gefährlich verwundet, in Sarossa im Wirtshaus, und fort! Und gleich darauf Sebastian mit Wache, unsern Gast zu fangen, der sich durchschießt und — schlägt. Und Nichtchen in Ohnmacht. Mir wird's blau vor den Augen. Setzt sich. Mir wird's weh.
Camille mit Wein.
Gonzalo.
Gib her. Trink einen Tropfen, Claudine! Gib Sibyllen ein Glas. Sie sieht auch wie ein Gespenst.
Camille.
Mir klappern die Zähne, wie im Fieber. Den Schrecken fühl ich Jahr und Tag in den Gliedern.
Gonzalo.
Trink ein Gläschen! Reib dir die Schläfe mit dem Balsam. Reib, Sibylle.
Camille setzt sich.
Ich halt's nicht aus.
Claudine.
O mein Vater! Pedro gefährlich verwundt. Sebastian wollte mich nicht hören!
Gonzalo.
Es hat's ihm niemand gesagt.
Camille.
In dem Lärm, in der Angst!
Claudine.
Ohne Hilfe vielleicht.
Gonzalo.
Du machst dir's zu fürchterlich vor. Ein Stich in den Arm, ein Ritzchen: Liebes Kind, einem Manne, was ist das? Sei ruhig! Ich will einen nach Sarossa sprengen.
Camille.
All Eure Leute und Pferde sind mit Sebastianen.
Gonzalo.
Verflucht.
Claudine.
O, aus dem Dorf drüben.
Sibylle.
Ja, wer soll bei Nacht übers Wasser? Die Fähre steht drüben: ihr hört ja, es ist alles fort.
Gonzalo.
Bis morgen gedulde dich, Liebchen, und geh jetzt zu Bette.
Claudine.
Laßt mich noch einen Augenblick. Bis sich das Blut gesetzt hat. Ich könnte jetzt nicht schlafen. Aber! die Augen fallen Euch zu. Sorgt für Eure Gesundheit.
Gonzalo.
Laßt mich.
Claudine.
Ihr werdet mich beruhigen!
Gonzalo.
Nun denn! Nichten, ihr wacht mir aber bei ihr. Ich bitt euch, verlaßt sie nicht! Morgen mit dem frühsten sollst du Nachricht von Pedro haben. Weckt mich, Nichten, gegen Morgen. Gute Nacht. Lieb Mädchen, leg dich bald. Leucht mir, Camille. Gute Nacht.
Mit Camille ab.
Claudine. Sibylle.
Sibylle nach einer Pause.
Der Kopf möchte mir zerspringen. Die Knie sind mir wie geradbrecht. Auf solch einen Tag solch eine Nacht!
Claudine.
Ich kann euch nicht zumuten, zu wachen, Nichten.
Sibylle.
Aber Euer Vater?
Claudine.
Laßt; der soll nichts erfahren. Geht hinauf legt euch wenigstens auf die Betten. Nur in Kleidern, es ist doch immer Ruh. Ihr seid alle wach, eh mein Vater, und dann — Laßt mich nur!
Camille kommt.
Sibylle.
Nichtchen will, wir sollen schlafen gehn.
Camille.
Lieb Nichtchen! Gott lohn's! Ich halt's nicht aus.
Sibylle.
Wir begleiten dich zuerst ins Bett.
Claudine.
Laßt's nur. Ich bin ja hier gleich neben an. Und muß mich noch erst erholen.
Sibylle und Camille.
Gute Nacht denn.
Claudine.
Gute Nacht.
Sibylle und Camille ab.
Bin ich euch los? Darf ich dem Tumult meines Herzens Freiheit lassen? Pedro! Pedro! wie fühl ich in diesen Augenblicken, daß ich dich liebe! Ha, wie das all drängt und tobt, die verborgne, mir selbst bisher verborgne Leidenschaft! — Wo bist du? — und was bist du mir? — Tot, Pedro! — Nein! verwundet! — Ohne Hilfe! — Verwundet? — Zu dir — zu dir! — Mein Schimmel, der du mich so treu auf die Falkenjagd trugst, was wärst du mir jetzt! Mein Kopf! Mein Herz! Es ist nicht kühn, es ist nichts —
Auf dem Tisch die Gartenschlüssel findend.
Und diese Schlüssel? Eine Gottheit sandte mir sie! — Durchs kleine Pförtchen in Garten, hinten die Terrasse hinunter; und in einer halben Stunde bin ich in Sarossa! — Die Herberge? — Ich werde sie finden! — Und diese Kleider? Die Nacht? — Hab ich nicht meines Vettern Garderobe noch da? Paßt mir nicht sein blaues Wams wie angegossen? — Ha, und seinen Degen! — Die Liebe geleitet mich; da sind keine Gefahren! — Und auf dem Wege? — Nein, ich wag's nicht! So allein! Und wenn deine Nichten erwachen und dein Vater? — Und du, Pedro, liegst in deinem Blute! Dein letzter Atemzug ruft nach Claudinen! Ich komme, ich komme! — Fühle, wie meine Seele zu dir hinüberreicht! — An deinem Bette liegen, um dich weinen, wehklagen möcht ich, Pedro! — Nur daß ich dich sehe; deine Hand fühle, daß dein Puls noch schlägt; daß ein schwacher Druck mir sage, er lebt noch, er liebt dich noch! — Ist niemand, der ihn verbinde? der das Blut stille?
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