Amanda Mariel
Sein Geliebter Wildfang
SEIN GELIEBTER WILDFANG
AMANDA MARIEL
Übersetzt von LUISE PAWLIG
Für meinen Mann – meinen Lieblings-Halunken unter all denen, die sich gebessert haben.
Ich liebe dich!
Der Marquess of Gulliver, Seth Mowbray, hat keine eigene Familie. Wenn er sich nicht in Gesellschaft seiner guten Freunde, des Dukes und der Duchess of Selkirk befindet, ertränkt er seine Einsamkeit, indem er sich den anrüchigen Dingen widmet, die das Leben zu bieten hat.
Lady Constantine Hartley scheint sich den Regeln der Gesellschaft nicht beugen zu können. Zudem haben die gesellschaftlichen Zwänge ihr jedes Vergnügen genommen. Weshalb sich also abmühen? Sie hat beschlossen, den gesellschaftlichen Druck diese Saison zu ignorieren und sich einfach zu amüsieren.
Nach einer zufälligen Begegnung ist Seth von dem Wildfang fasziniert. Auch Constantine ist vom Marquess hingerissen. Werden sich die beiden gesellschaftlichen Außenseiter gegen die äußeren Umstände durchsetzen können und wahre Liebe finden?
Bei diesem Werk handelt es sich um Fiktion. Namen, Charaktere, Einrichtungen, Orte, Ereignisse und Vorkommnisse sind entweder Produkte der Fantasie der Autorin oder werden fiktiv genutzt.
Copyright © 2020 by Amanda Mariel
Titel der englischen Originalausgabe: »His Perfect Hellion«
Herausgegeben von Brook Ridge Press
Für die deutschsprachige Ausgabe:
Copyright © 2020 by TekTime
Alle Rechte vorbehalten
Übersetzt von Louise Pawlig
Kein Teil dieses Buches darf vervielfältigt, oder in einem Datenabfragesystem gelagert, oder in irgendeiner Form oder auf irgendeine Weise übertragen werden, weder elektronisch, mechanisch, fotokopiert, aufgezeichnet noch anderweitig, ohne die ausdrückliche schriftliche Erlaubnis des Verlegers.
Herausgegeben von TekTime.
April 1818
London
In ihren eigenen Augen war Lady Constantine Hartley im Grunde keine Lady.
Dass ihr der notwendige Schliff fehlte, war nur eine ihrer vielen Unzulänglichkeiten. Die Tatsache, dass sie den größten Teil ihres Lebens zurückgezogen auf dem Land ohne die sanfte Hand einer Mutter verbracht hatte, hatte sie nicht gut auf die gehobene Gesellschaft Londons vorbereitet.
Niemand konnte bestreiten, dass sie in vielerlei Hinsicht unvollkommen war. Und dennoch war sie eine Lady. Der Unsinn von Stellung und sozialem Rang wollte ihr nicht einleuchten. Wie jemand Teil der gehobenen Gesellschaft sein konnte, ohne gänzlich von ihr akzeptiert zu sein, überstieg ihren Verstand.
Constantine ließ ihren Blick an der Tafel entlangschweifen. Sie musterte die elegant gekleideten Lords und Ladys, die um sie herum saßen.
Ihr eigenes Kleid war genauso elegant wie das jeder anderen Anwesenden. Juwelen schmückten ihren Hals und funkelten an ihren Ohren und ihr Haar war gekonnt zu einem modischen Knoten hochgesteckt, so dass einige gelöste Locken ihr Gesicht umspielten.
Tatsächlich wirkte Constantine ganz wie die wohlgeborene Lady, die sie war. Sie seufzte. Trotzdem konnte ihre äußere Erscheinung nicht über ihre mangelnden Umgangsformen hinwegtäuschen, das wusste sie nur zu gut.
Es bedeute rein gar nichts, dass sie elegant und vornehm aussah, wenn sie es nicht wirklich war. Da gab sich Constantine keinen Illusionen hin. Sie kannte die Wahrheit – sie war nicht damenhaft.
Wenn sie daran noch den geringsten Zweifel gehegt hätte, hätte spätestens die letzte Saison sie eines Besseren belehrt. Sie hatte sich bei mehreren Gelegenheiten blamiert, indem sie Regeln gebrochen hatte, bei denen ihr nicht einmal bewusst gewesen war, dass sie überhaupt existierten und sich so zum Gespött gemacht.
Schlimmer noch, je mehr Fehler sie beging, desto unsicherer fühlte sie sich, was nur dazu geführt hatte, dass sie noch mehr Fehler machte.
Gegen Ende der Saison hatte Constantine sich nichts sehnlicher gewünscht, als aufs Land zurückzukehren und den Rest ihres Lebens als Einsiedlerin zu verbringen oder einen Landedelmann zu heiraten und sich mit einem ruhigen Leben zu bescheiden. Auf jeden Fall hatte sie nicht in die gehobene Gesellschaft Londons zurückkehren wollen.
Constantines Blick blieb am Ende der Tafel hängen.
Tante Dorthy, die Witwe des Viscounts of Chadwick, thronte stolz über ihrer Abendgesellschaft und schmerzliches Bedauern stieg in Constantine auf. Um ihrer Tante willen wünschte sie, sie hätte sich nicht als eine solche Enttäuschung erwiesen. Schließlich hatte ihr Tantchen mehr getan, als nötig gewesen wäre, um Constantine in die gehobene Gesellschaft einzuführen.
Und Constantine hatte ihre Bemühungen bei jeder Gelegenheit zunichte gemacht. Mit fortschreitender Saison hatte ihr zunehmendes Unbehagen zu mehr und mehr Fehlschritten und Fauxpas geführt.
Sie ging jede Wette ein, dass niemand in den begehrten Kreisen der Gesellschaft sie zu sich einladen würde, wenn da nicht der soziale Status ihres Tantchens wäre.
Gerade, als Constantine dieser Gedanke durch den Kopf ging, erwiderte Tante Dorthy ihren Blick und schenkte ihr ein warmes Lächeln.
So war die Viscountess – freundlich, verständnisvoll und immer ermutigend.
Das war auch der Grund, aus dem ihr Tantchen trotz ihres Versagens darauf bestanden hatte, dass Constantine für eine weitere gesellschaftliche Saison zurückkehrte. Und Constantine liebte sie dafür, auch wenn sie selbst nicht glücklich über ihre Rückkehr war.
Constantine stieß den Atem aus und erwiderte das Lächeln ihrer Tante, bevor sie nach ihrem Suppenlöffel griff.
Um ihrer Tante willen würde sie ihr Bestes geben, aber sie war auch fest entschlossen, sich nicht von ihren Fehlern beherrschen zu lassen.
Diese Saison würde es anders sein.
Wenn sie schon eine weitere Saison über sich ergehen lassen musste, konnte sie ebenso gut versuchen, sie zu genießen. Was bedeutete, dass sie ihr Bestes tun würde, die vielen Regeln für wohlgeborene junge Damen zu befolgen, aber sie würde nicht an ihren Fehltritten verzweifeln.
Constantine rührte mit ihrem Löffel in der dickflüssigen braunen Suppe vor ihr. Sie hasste Schildkrötensuppe, aber sie hatte gelernt, dass es unhöflich war, sich ihren Abscheu anmerken zu lassen.
Das hatte ihr Tantchen ihr erklärt, nachdem Constantine während der letzten Saison einen Gang abgelehnt hatte. »Das war der Inbegriff schlechter Manieren«, hatte ihr Tantchen erklärt. Dann hatte sie hinzugefügt: »Spiel einfach damit, so dass es aussieht, als würdest du davon essen.«
Das erschien Constantine ziemlich unsinnig. Aber sie rührte mit ihrem Löffel geräuschvoll in der Suppe, während sie auf den nächsten Gang wartete.
»Ihr nehmt den falschen Löffel«, unterbrach eine tiefe Stimme sie und Constantine wandte sich dem Herrn an ihrer linken Seite zu.
Ihr Mund wurde ganz trocken, als sie ihn einzuschätzen versuchte. Er war der Traum jeder Debütantin – groß, dunkelhaarig, gutaussehend – und einen Moment lang konnte sie ihn nur anstarren.
Haar von der Farbe schwarzer Tinte umrahmte sein Gesicht und saphirblaue Augen blickten sie freundlich an. Seine Gesichtszüge waren vornehm mit einer geraden Nase und einem markanten Kinn.
Am faszinierendsten jedoch war das verwegene Funkeln, das in seinem Blick lag und die herausfordernde Andeutung eines Grinsens, das um seinen vollen Lippen spielte.
Constantine schluckte, ignorierte die Hitze, die ihr ins Gesicht gestiegen war, und erwiderte: »Ach, tatsächlich?« Sie hob herausfordernd eine Braue und zwang sich zu innerer Ruhe.
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