Zur Kontrolle zog er an der Küchentür, die jetzt sicher genug zu sein schien. Nun, wo die ersten Verteidigungsmaßnahmen angegangen und ausgeführt worden waren, wurde Ben zusehends ruhiger und zuversichtlicher. Natürlich hatte er immer noch Angst und arbeitete deshalb zügig weiter. Seine Hoffnung wuchs angesichts der Tatsache, daß er Werkzeug hatte, mit dem er arbeiten konnte, und einen Plan, den er in die Tat umsetzen konnte. Vielleicht würden sie überleben. All das gab ihm das Gefühl, daß er nicht vollkommen hilflos war und daß es Möglichkeiten gab, sein Schicksal und das des Mädchens in den Griff zu kriegen.
»Hier! Bei Gott!« stieß er schließlich in einer Anwandlung von großem Sicherheitsgefühl hervor. »Das sollte diese verdammten Kreaturen zurückhalten und sie daran hindern, hier einzudringen. So stark sind sie nun auch wieder nicht - da!«
Und er trieb zwei weitere Nägel in den Rahmen des Küchenfensters. Als er an der Verbarrikadierung zerrte, schien sie zu halten.
»Da kommen sie nicht durch«, sagte Ben und schlug ein letztes Mal auf die Nägel ein, bis die Köpfe im Holz verschwanden.
Sein skeptischer Blick wanderte über die Glasflächen, die unbedeckt geblieben waren, aber sie waren nicht breit genug, als daß sich ein menschlicher Körper dort durchzwängen konnte. »Ich hab' nicht gerade viel Nägel«, erklärte er. »Deshalb werde ich es dabei belassen. Es ist wichtiger, noch ein paar andere Stellen abzusichern, wo sie auch reinkommen könnten.«
Barbara reagierte auf keine seiner Erklärungen. Weder ermunterte sie ihn, noch gab sie ihm Ratschläge, und er drehte sich nervös zu ihr um, bevor er zurücktrat und den Raum noch mal kontrollierte. Abgesehen von der Tür, die ins Wohnzimmer führte, gab es keine weiteren Türen oder Fenster.
»Tja... dieser Raum ist ziemlich sicher«, sagte Ben zögernd und blickte zu Barbara hinüber, in der Hoffnung, daß sie seine Arbeit anerkannte. Doch da sie immer noch schwieg, machte Ben einen zweiten Versuch, das, was er zu sagen hatte, deutlich zu machen. Lauter als zuvor fuhr er fort. »Nun... falls wir...«
Das Mädchen stand einfach nur da und beobachtete ihn.
»Falls wir... rennen wir einfach hier herein - und jetzt nur keine Einwände, sonst werde ich Sie draußen zurücklassen, und dann können Sie sich allein verteidigen. Wenn sie an irgendeiner anderen Stelle ins Haus gelangen sollten, dann rennen wir hier herein und verrammeln diese Tür.«
Er meinte die Tür zwischen der Küche und dem Wohnzimmer, die die ganze Zeit über offengestanden hatte. Barbara sah zu, wie er sie zumachte, sie untersuchte und dann fest verriegelte. Er machte sie erneut auf, wählte dann geschwind ein paar Holzbalken aus und stellte sie an die Wand, wo sie seiner Meinung nach stehenbleiben sollten, falls Not am Mann war und sie die Wohnzimmertür verbarrikadieren mußten.
Ben griff wieder in seine Tasche und stellte fest, daß sein Vorrat an Nägeln dahinschmolz. Er trat dann an das Regal, um den Haufen noch einmal zu inspizieren, der aus der Tabakdose stammte. Er schüttete die Dose ganz aus und wühlte den Inhalt sorgfältig durch, suchte die längsten heraus und warf die anderen einfach wieder zurück. Dann reichte er Barbara die Dose. »Sie nehmen die hier«, sagte er, und sein Tonfall ließ weder eine Diskussion noch ein Zögern zu.
Sie reagierte schnell, als ob sie aus ihren Grübeleien gerissen worden wäre, und nahm die Tabakdose aus Bens großer Hand. Daraufhin sah sie zu, wie er so viel Holz auf die Arme lud, wie er nur tragen konnte, und dann aus dem Zimmer verschwand. Doch da sie nicht allein in der Küche zurückbleiben wollte und er ihr auch nicht aufgetragen hatte, dort zu bleiben, folgte sie ihm schweigend. Die Tabakdose trug sie dabei vor sich her, als wisse sie nicht genau, warum sie all das tat.
Sie betraten das Wohnzimmer.
»Es wird nicht sonderlich lange dauern«, sagte Ben keuchend. »Sie werden versuchen, hier hereinzukommen. Jetzt haben sie Angst... glaube ich... oder sie sind einfach nicht hungrig...«
Den Armvoll Holz ließ er mitten auf den Boden fallen, und dann lief er zu einem der großen Vorderfenster. Dabei redete er ununterbrochen weiter. Seine Stimme und sein Tonfall waren plötzlich ganz ernsthaft, und er sprach sehr schnell.
»Sie haben übrigens Angst vor Feuer - das habe ich herausgefunden.«
Barbara stand immer noch benommen in der Mitte des Zimmers, die Tabakdose in der einen Hand, das Messer in der anderen, und guckte zu, wie Ben sich umsah und im Geiste die Größe der riesigen Fenster ausmaß.
Er schaute sich im Zimmer um - und schließlich blieben seine
Blicke an einem großen Eßtisch hängen, auf den er sofort hastig zuging. Während er das tat, faßte er seinen Gedanken in Worte.
»Unten in Cambria müssen es fünfzig oder hundert von diesen Dingern gegeben haben, als die Meldung ausgegeben wurde.«
Barbara beobachtete ihn wie gelähmt. Als er erzählte, um wie viele Zombies es sich handelte, spiegelten sich Verwunderung und ängstliche Neugier in ihren Augen wider. Ben zog den schweren Tisch von der Wand weg, lief dann einmal um ihn herum, um seine Größe abzuschätzen, packte ihn dann an einer Seite und kippte ihn. Danach stemmte er sich mit voller Kraft gegen ein Tischbein und versuchte es auszureißen. Mit einem lauten Knarzen löste es sich endlich, nachdem Ben alle erdenkliche Mühe aufgewendet hatte. Er ließ das Holzstück zu Boden fallen - das dort mit einem dumpfen, lauten Poltern landete. Er redete weiter, keuchte und schwitzte, während er arbeitete, und unterstrich seine Bemerkungen, indem er seine Wut an dem Tisch ausließ, während er ein Bein nach dem anderen abriß.
»Ich habe einen großen Tankwagen gesehen, wissen Sie... unten bei Beckman's? Beckman's Restaurant. Und ich hörte Radio - in dem Kleintransporter gibt es ein Radio...«
Er riß an dem zweiten Tischbein herum. Es krachte laut, aber ging nicht ab. Entschlossen ging er zu dem Tischlerhammer hinüber, der mitten auf dem Fußboden lag.
»Dieser Lkw kam mit quietschenden Reifen von dem Parkplatz des Restaurants auf die Straße rausgerutscht - es müssen ungefähr zehn... fünfzehn... von diesen Kreaturen gewesen sein, die ihm nachgelaufen sind... aber ich hab' sie nicht sofort gesehen... sie waren auf der anderen Seite vom Tankwagen. Und es sah seltsam aus, weil der Wagen so schnell fuhr... anstatt ganz langsam vom Parkplatz runterzurollen und auf die Straße zu fahren.«
Dotz! Dotz!
Mit zwei kräftigen Hammerschlägen löste er das zweite Tischbein, warf es in die Ecke und widmete sich dem dritten Bein.
»Zuerst habe ich einfach nur diesen großen Tankwagen gesehen - und es sah seltsam aus, wie schnell er auf die Straße fuhr. Und dann habe ich diese Zombies gesehen... und der Tanker fährt langsamer, und sie holen auf... und strecken die Hände danach aus... und springen auf. Dann legten sie die Arme um den Nacken des Fahrers...«
Ein weiteres Tischbein löste sich und fiel polternd zu Boden. Ben atmete schwer. Und Barbara hörte seiner Geschichte zu, die sie sowohl erschreckte als auch faszinierte.
»Und dieser Tankwagen überquerte einfach die Straße -donnerte durch ein Schutzgeländer, wissen Sie. Und ich mußte wie ein Blöder auf die Bremsen latschen und rutschte mit quietschenden Reifen durch die Gegend. Der Tankwagen rauschte zuerst auf ein großes Schild und dann in die Zapfsäulen der Sunoco-Tankstelle, die's dort unten gibt. Ich hörte es krachen. Und dieses große Ungetüm ging sofort in Flammen auf... und rollte trotzdem noch weiter, direkt durch die Zapfsäulen hindurch auf das Tankwarthäuschen zu. Ich blieb einfach verdattert stehen. Und dann sehe ich diese Zombies... und sie machten langsam ein paar Schritte nach hinten... manche von ihnen rannten sogar... oder versuchten zu rennen... aber sie rennen irgendwie, als ob sie verkrüppelt wären. Aber sie traten dennoch zurück. Und es wirkt so... es wirkt so, als ob sie vor dem Feuer fliehen müßten. Dem Kerl in dem Tankwagen gelang es nicht, aus dem Tankwagen zu kriechen - die Führerkabine steckt zur Hälfte in der Sunoco-Tankstelle. Und er verbrannte da drinnen bei lebendigem Leib, und er schrie - schrie wie besessen...«
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