Waffing lächelte. »Ohne Zweifel, ohne Zweifel«, sagte er. »Ich bin überzeugt, daß der Mann seinen kleinen Trupp einstweilen gut genug führt. Aber Sie können nicht ernsthaft erwägen, einen Mann dieses Schlages an die Spitze einer wirklichen Armee zu stellen.«
Feric spürte eine tiefere Bedeutung hinter alledem. »Die Ritter des Hakenkreuzes sind bloß eine Schutztruppe der Partei«, sagte er milde. »Man kann sie kaum als eine Armee bezeichnen.«
»Ich will offen mit Ihnen reden«, sagte Waffing. »Ein großer Teil der Mitglieder des Generalkommandos bringt den Söhnen des Hakenkreuzes Sympathie entgegen, aber in dem entschiedenen Interesse, ihre eigene Position zu erhalten, werden sie einen weiteren wesentlichen Machtzuwachs der Ritter unter der gegenwärtigen Führung nicht tatenlos hinnehmen.«
»Unter der gegenwärtigen Führung?«
»Sie können vom Generalkommando kaum erwarten, daß es auf die freundlichen Absichten einer mächtigen Streitkraft vertraut, die von einem Mann wie Stopa geführt wird. Wenn Ihre Sturmtruppe andererseits von einem Mann geführt würde, dem die Generäle vertrauen, so würde sie das in ihrem Glauben bestärken, daß die Ritter des Hakenkreuzes ein Verbündeter und kein Rivale sind.«
Feric konnte ein Schmunzeln nicht unterdrücken. »Von einem Mann wie Ihnen?« fragte er Waffing.
Der andere lächelte in gespielter Bescheidenheit. »Es ist wahr, daß ich ein erfahrener Truppenführer bin und daß ich das Vertrauen des Generalkommandos genieße«, sagte er. »Was meine persönlichen Qualifikationen betrifft, so würde ich mir nicht anmaßen, Ihnen in dieser Hinsicht Ratschläge zu geben.«
»Sind Sie vom Generalkommando zu diesem Schritt ermuntert worden?«
Waffings Antwort kam ohne einen Augenblick des Zögerns und war von absoluter Aufrichtigkeit gekennzeichnet. »Meine Loyalität gilt Ihnen persönlich und den Söhnen des Hakenkreuzes, mein Führer!« rief er aus. »Wenn Sie es befehlen, werde ich einen Posten als Latrinenaufseher annehmen, um Ihnen und dem Hakenkreuz zu dienen! Das Generalkommando weiß nichts von diesem Besuch; ich informiere Sie lediglich über die Einstellung der Generäle und schlage eine Lösung vor.«
Die Situation war kristallklar. So lange Stopa das Kommando führte, würde die Armee nicht erlauben, daß die Ritter bis zu einem Punkt wuchsen, wo sie eine potentielle Gefahr darstellten, mit anderen Worten, wo sie eine militärisch brauchbare Streitmacht wurden. Wurde hingegen Waffing oberster Kommandeur der Ritter des Hakenkreuzes, so würde das Generalkommando die Situation weniger kritisch betrachten; es könnte sogar ganz für die Sache der Partei gewonnen werden, da es zum überwiegenden Teil aus guten heldonischen Patrioten bestand. Auf der anderen Seite bestand die Kerntruppe der Ritter aus den ehemaligen Rächern und den Männern, die sie rekrutiert hatten; diese Burschen brachten Stopa eine Ehrfurcht entgegen, die nur von ihrem Respekt vor seiner, Ferics Person, übertroffen wurde. Stopa durch einen Außenseiter wie Waffing zu ersetzen, würde mit Gewißheit zu Unruhe in der Truppe führen. Eine subtile Lösung war vonnöten.
»Ich werde Sie zum Sicherheitssekretär der Partei ernennen«, sagte Feric. »Ich werde eine neue Leibwache schaffen, die den Namen Schutzstaffel erhalten wird, eine wahre Elite, deren Mitglieder nach den Gesichtspunkten persönlicher Treue, genetischer Reinheit, körperlicher Gesundheit und hoher Intelligenz ausgewählt werden. Sie werden unmittelbar weder die Ritter noch die Schutzstaffel kommandieren; in Ihrer Eigenschaft als Sicherheitssekretär werden Sie jedoch der Vorgesetzte der Kommandeure beider Sturmtruppen sein. Dieses Arrangement sollte die Herren vom Generalkommando besänftigen.«
Waffmg lächelte breit. »Ein Geniestreich!« erklärte er. »Besser als ich selbst es hätte ausdenken können. »Wieder lachte er herzhaft. »Wenn Sie mich besser kennen«, sagte er schelmisch, »werden Sie erkennen, was für ein großes Kompliment ein solches Eingeständnis ist, wenn es aus dem Munde von Lar Waffing kommt!«
Darauf konnten Bogel und Feric selbst nicht umhin, in kameradschaftliches Gelächter auszubrechen.
Endlich war Feric in der Lage, die erste Vollversammlung des Hakenkreuzkreises einzuberufen, die gründlich reorganisierte und umbenannte Parteihierarchie, und die Veranstaltung gab ihm Gelegenheit zu Freude und Befriedigung über die großen Veränderungen, die er bewirkt hatte. Verschwunden waren die armseligen Parteititel, ersetzt durch klare und kraftvolle Ehrenbezeichnungen, die überdies den Zweck hatten, die Befehlskette zu verdeutlichen. Verschwunden waren die individualistischen Ausdrucksformen in der Kleidung, mit denen die Parteiführer anfangs aufgetreten waren; mit Ausnahme Stopas, der seine braune Ritteruniform trug, waren alle Männer, die in dem nüchternen Konferenzsaal um die lange Eichentafel saßen, in die schwarze Lederuniform der Parteielite gekleidet.
Auch die Zusammensetzung des Hakenkreuzkreises spiegelte Ferics Willen wider. Bogel war jetzt Großkommandeur des Öffentlichen Willens und zuständig für die Formulierung des Parteiprogramms und die Aufgabe, die darin gesetzten Ziele zum Wunsch der Bevölkerung zu machen, womit Leute wie Parmerob und Marker aus den entscheidenden Parteigremien verbannt wurden. Haulmann war noch immer Schatzmeister der Partei, aber ohne den Rang eines Großkommandeurs; eine Unterscheidung, die die Beziehung zwischen wirtschaftlicher Notwendigkeit und Parteipolitik hinlänglich verdeutlichte. Waffing war Großkommandeur der Sicherheitskräfte. Stopa hatte den etwas unklaren Titel eines Kommandanten der Ritter des Hakenkreuzes erhalten, der ihn Waffing unterstellte, doch hatte er das Anrecht auf einen Platz im Hakenkreuzkreis. Um der Symmetrie willen war auch Bors Remler, der Kommandant der neuen Schutzstaffel, in den Hakenkreuzkreis aufgenommen worden. Um die absolute Vorherrschaft seiner Position als Oberkommandierender zu betonen, hatte Feric auch Best in den Hakenkreuzkreis aufgenommen, und dies mit dem vollen Rang eines Großkommandeurs, obwohl er in seinem Kompetenzrahmen nicht einen einzigen Untergebenen hatte. Was Bluth und Decker betraf, so waren sie in das Dunkel der unteren Parteigliederungen verbannt worden, wie es solchen Nullen zukam. Alles in allem war das Haus der Partei geordnet und gut bestellt für den bevorstehenden heroischen Kampf.
Feric eröffnete die Versammlung ohne Formalitäten; die Versammlung glich mehr einer Zusammenkunft von Kameraden zur Diskussion der Kampfstrategie, als den wichtigtuerischen Heißluftsitzungen des Vorstands einer bourgeoisen Partei. »Unser letztes Ziel ist die Wiederherstellung der Herrschaft rasseechter Menschen über die bewohnbare Erde und die Ausmerzung aller Formen von Untermenschentum. Der erste größere Schritt in diese Richtung muß die Errichtung der absoluten Herrschaft des Hakenkreuzes in Heldon sein. Wir müssen jetzt praktische Schritte unternehmen, die uns an die Macht bringen können.«
Diese mannhafte Erklärung wurde mit begeistertem Beifall begrüßt. Besonders Remler schien wie in fanatischem Feuer aufzuleuchten; seine eisblauen Augen und das schmale, kühne Gesicht mit der Adlernase strahlten eine beinahe fühlbare patriotische Inbrunst aus.
»Mit fünfhundert Motorrädern und fünftausend Mann unserer Sturmtruppen können die Ritter des Hakenkreuzes Walder in einem Tag nehmen«, versprach Stopa. »Mit tausend Motorrädern und zehntausend Mann werden wir gegen Heldheim marschieren und die Wanzen unter unseren Stiefeln zertreten!«
»So einfach ist es nicht«, erwiderte Waffing, ohne die Stimme in Zorn zu erheben. »Sollten die Ritter Walder nehmen oder gegen die Hauptstadt marschieren, so wird die Regierung der Armee den Befehl geben, uns zu zerschmettern. Und das Generalkommando wird, statt angesichts eines bewaffneten Gegners Furcht zu zeigen, gegen uns losschlagen, und unsere Sache wird verloren sein. Wir können nicht hoffen, die reguläre Armee in einem bedingungslosen Bürgerkrieg zu besiegen.«
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