Die Parteiführer blickten einander an, offenbar unsicher, wie sie sich verhalten sollten und was von ihnen erwartet wurde. Dann riß Bogel den gestreckten Arm hoch und rief mit klarer Stimme und in völliger Aufrichtigkeit: »Heil Jaggar!« Zögernd und ohne Überzeugung ahmte die farblose Gruppe den Salut nach und murmelte die Grußformel. Zu diesem Zeitpunkt war es alles, was erwartet werden konnte.
Bogel machte die Vorstellung bewunderungswürdig kurz und einfach: »Rechtmänner, unser neuer Führer, Feric Jaggar!«
»Ich begrüße Sie«, sagte Feric. »Sie haben mir eben die neue Ehrenbezeigung der Partei erwiesen, wenn auch nicht allzu schneidig. Ohne Zweifel werden Sie bald den richtigen Geist entwickeln. Aber wir haben heute konkretere Dinge zu verhandeln. Bitte nehmen Sie Platz.«
Bogel und Stopa setzten sich rechts und links neben Feric; die Parteihonoratioren nahmen unter ihnen zu beiden Seiten der Tafel Platz, verstohlene Blicke zum Großen Knüppel werfend und zweifellos mit der Frage beschäftigt, ob Bogels Behauptung zutreffe, daß der neue Führer, den er gefunden hatte, fähig sei, das legendäre Reichszepter zu schwingen. Zur rechten Zeit sollten ihre Zweifel ausgelöscht werden, doch einstweilen bevorzugte Feric die Offenheit des Skeptizismus.
Bogel machte Feric mit den einzelnen Männern und ihren Funktionen formell bekannt, obgleich Feric natürlich längst über sie informiert war. Otrig Haulmann, ein in bescheidenem Wohlstand lebender Gastwirt, war Schatzmeister der Partei, ein wenig umständlich, aber der Sache der genetischen Reinheit völlig ergeben. Er hatte seine Treue zur guten Sache wiederholt durch finanzielle Opfer bewiesen. Tavus Marker, ein kommerzieller Werbetexter, war der Schriftführer, ein magerer, ungesund aussehender Mann, aber ein unermüdlicher Arbeiter. Heermak Bluth und Barm Decker waren ein Metzger und ein subalterner Polizeibeamter; sie und Bogel waren die Hauptredner der Partei. Manreed Parmerob, ein Geschichtslehrer, war der gegenwärtige Theoretiker der Partei. Sigmark Dugel war Vorsitzender des Mitgliederausschusses — eine zweifelhafte Auszeichnung, wenn man berücksichtigte, daß die Partei gegenwärtig nicht mehr als dreihundert Mitglieder hatte. Aber als Brigadegeneral im Ruhestand, der persönliche Kontakte zu hohen Militärs unterhielt, würde Dugel sich eines Tages nützlicher erweisen. Alles in allem war es nicht das, was man eine Elite nennen würde, aber die Leute waren auch nicht ganz ohne ein Potential.
Überdies verlieh die Anwesenheit von Stopa und seinen kräftigen Burschen den Verhandlungen eine gewisse solide Grundlage, die ihnen andernfalls gefehlt haben würde. Diese kraftstrotzenden jungen Männer waren unzweifelhaft in der Lage, nötigenfalls blitzartig gewaltsam und mit durchschlagender Wirkung zu handeln, und darüber hinaus waren sie Feric offensichtlich in persönlicher Treue verbunden. Schon hatte er dieser Biertischpartei eine neue Dimension von Tatkraft und kriegerischem Geist hinzugefügt; die — wenn auch halbherzige — Annahme des neuen Parteigrußes war Beweis genug.
»Wir haben in kurzer Zeit viel zu erreichen, Rechtmänner«, begann Feric seine kurze Ansprache. »Ich habe die Partei der menschlichen Wiedergeburt in ihrer gegenwärtigen Form studiert und bin zu dem Schluß gekommen, daß einige drastische Veränderungen unabdingbar sind. Als erstes wird der Name selbst verschwinden und durch einen neuen ersetzt werden müssen. In der Vorstellung des einfachen Volkes deutet er auf eine Art von Wirtshaus-Debattierklub hin, nicht auf einen entschlossenen und tatkräftigen Zusammenschluß von Patrioten. Etwas wie ›Die Söhne des Hakenkreuzes‹ würde diesen dynamischen Charakter weit besser wiedergeben. Seit der Zeit des Feuers ist das Hakenkreuz das unverwechselbare Symbol rassischer Reinheit gewesen. In dieser Bedeutung versinnbildlicht es unsere Sache in einer Weise, die selbst der einfältigste Tölpel verstehen kann. Überdies wird es uns gewisse Vorteile auf dem Gebiet der praktischen Propaganda verschaffen, die später augenscheinlich werden.«
»Ein Geniestreich!« rief Marker aus. »Unsere Sache und unser Parteiname können beide in einem einzigen visuellen Symbol ausgedrückt werden, das selbst von Analphabeten ohne weiteres verstanden werden wird. Keine andere Partei wird im Kampf um die öffentliche Aufmerksamkeit eine solch mächtige Waffe haben.«
Feric war beeindruckt von der Art und Weise, wie Marker das wesentliche seines Gedankens sofort erfaßt und in seinem Potential erkannt hatte. Die Entdeckung solcher Qualitäten in einem so frühen Stadium war vielversprechend.
Die anderen murmelten schüchtern untereinander, mit Ausnahme des Theoretikers Parmerob, der in beträchtliche Erregung zu geraten schien. Schließlich brach die Verärgerung aus ihm hervor.
»Der Name ›Partei der menschlichen Wiedergeburt‹ wurde nach eingehenden Überlegungen gewählt«, sagte er gereizt. »Er beschreibt genau die Grundpositionen der Partei.«
»Genauigkeit ist nicht gleichbedeutend mit Schwungkraft und Überzeugung«, erwiderte Feric. »Der Name der Partei muß mit der Stimme eines Feldwebels verkünden, wofür wir stehen.«
Parmerobs Indignation nahm noch zu. »Ich selbst habe den Namen und das Parteiprogramm formuliert«, erklärte er. »Wir stehen für die Reinheit des wahren menschlichen Genotyps, für die rigorose Anwendung der Gesetze für die Reinhaltung der Rasse, für die vollständige Ausmerzung der antihumanen Dominatoren, für die Ausschließung aller Mutanten vom geheiligten Boden Heldons und für die Ausdehnung der heldonischen Herrschaft über neue Gebiete und die Reinigung ihrer Genreservoire, wo immer dies möglich ist. Dies ist die Formel für eine Renaissance wahrer Menschlichkeit — daher der Name Partei der menschlichen Wiedergeburt.«
Feric erhob sich langsam von seinem Platz und legte die Rechte wie beiläufig an den Griff des Großen Knüppels von Held; alle Blicke ruhten auf ihm. Würden sie jetzt tatsächlich Zeugen sein, wie das mythische Reichszepter geschwungen wurde? Eine Stille trat ein, während der man nur das Knistern des Feuers im steinernen Kamin vernahm.
Ferics Stimme brach diese Stille: »Ist irgend etwas von dem, was Sie gesagt haben, nicht im Symbol des Hakenkreuzes enthalten?«
Plötzlich entspannte sich Parmerobs Gesicht in einem Lächeln. »Sie haben natürlich recht«, sagte er. »Ihr Name für die Partei ist dem meinigen weit überlegen. Wir sind in der Tat Söhne des Hakenkreuzes.«
Feric setzte sich wieder, ohne den Großen Knüppel aufzuheben, obgleich er die Hand darauf ruhen ließ. »Sehr gut«, sagte er, »das wäre entschieden. Ich habe eine Parteiflagge, eine Armbinde und verschiedene Embleme um das Hakenkreuzmotiv entworfen. Ich habe auch eine Uniform für die Ritter des Hakenkreuzes entworfen, unsere Sturmtruppe. Die Männer, die Sie hier sehen, sind der Kern dieser Streitmacht; gegenwärtig zählen die Ritter des Hakenkreuzes nur vierzig Mann, aber ich habe Pläne für eine Truppe von wenigstens fünftausend.«
»Die Herren des Generalkommandos würden dem Aufbau einer solchen Privatarmee nicht gleichgültig oder tatenlos zusehen«, sagte Dugel.
Feric lächelte. »Ich zweifle nicht einen Augenblick am fanatischen Patriotismus unserer Berufsoffiziere«, erwiderte er. »Wir kämpfen für dieselbe Sache, die der Armee am Herzen liegt, und es sollen Wege gefunden werden, um das Generalkommando davon zu überzeugen. Ihre eigene Erfahrung und Ihre Kenntnisse auf diesem Gebiet werden sich ohne Zweifel als unschätzbar wertvoll erweisen.«
Dugels Besorgnis schien ein wenig zerstreut, obwohl eine gewisse Skepsis in seiner Miene zurückblieb. Was die anderen anging, so hatte Haulmann überhaupt keine Reaktion gezeigt, während die beiden Parteiredner Bluth und Decker in stummer Ablehnung verharrten; Parmerob und Marker schienen beeindruckt und sogar enthusiastisch, Bogel war natürlich in absoluter Loyalität auf seiner Seite, und Stopa hing in unbedingter Ergebenheit an seiner Person. Wie die Dinge standen, könnte er mit Leichtigkeit alle feindseligen Elemente aus dem Parteivorstand entfernen, wenn er es wollte; es würde aber besser aussehen, wenn er die Ablehnenden und Schwankenden überzeugte und für sich gewänne.
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