13) Es entstehen zahlreiche Konflikte mit der Umwelt.
14) des eigenen Ich bewusst werden;
15) sich in das Leben der Erwachsenen eingliedern;
16) die Unabhängigkeit von Vater und Mutter;
17) die Eltern entthronen;
18) je-n bevormunden – je-n nicht selbständig handeln lassen;
19) sich gegen Bevormundung stellen;
20) gegen etw. protestieren;
21) Es kommt häufig zur Protesthaltung.
22) sich gut / schlecht miteinander verstehen (vertragen);
23) mit je-m gut / schlecht auskommen;
24) verständnisvolle Eltern;
25) das Verständnis für etw. haben;
26) je-m gegenüber tolerant sein;
27) die Toleranz, die Geduld, die Engelsgeduld haben, zeigen;
28) Rücksicht auf etw. nehmen;
29) je-s Argumente ernst nehmen;
30) (keinen) Zwang auf je-n ausüben;
31) den Kindern alles vorschreiben – je-m sagen oder befehlen, was er tun muss;
32) keinen Blick für die Probleme anderer haben;
33) keinen Kontakt zu, mit je-m haben
1.2 Andere Zeiten – andere Sitten
1 Kennen Sie die altdeutsche Sage von dem Rattenfänger zu Hameln? Können Sie die Fabel dieser Geschichte wiedergeben?
2 Machen Sie sich mit einer modernen Variation der altdeutschen Sage bekannt und bestimmen Sie, worin sich dieser Text von dem Präzedenztext im Sujet und Ideengehalt unterscheidet.
H. Wader
Der Rattenfänger (1974)
Lesehilfen
die Leier – ein Musikinstrument mit Saiten
der Riegel – ein Stab aus Metall oder Holz, den man vor etw. schiebt, um es so zu sichern
die Brut – hier: das Gesindel, das Pack
der Kadaver – der Körper eines toten Tieres
das Wams – eine Art Leibrock
betroffen – durch etw. Schlimmes oder Trauriges emotional sehr bewegt
lahm – (Körperteile) so beschädigt, dass man sie nicht mehr (wie normal) bewegen kann
der Knebel – ein Stück Stoff, das mst einem Gefesselten fest in den Mund gesteckt wird, damit er nicht schreien kann
etw. in Kauf nehmen – sich mit etw. abfinden
je-n gegen etw. aufhetzen – je-n dazu bringen, über je-n / etw. wütend oder verärgert zu sein
Fast jeder weiß, was in Hameln geschah,
vor tausend und einem Jahr.
Wie die Ratten dort hausten, die alles fraßen,
was nicht aus Eisen war.
Zu dieser Zeit kam ich nach langer Fahrt
als Spielmann in diese Stadt,
Und ich hörte als erstes den Herold schrein,
als ich den Markt betrat.
Wer mit Gottes Hilfe oder allein
die Stadt von den Ratten befreit,
für den lägen ab nun beim Magistrat
hundert Taler in Gold bereit.
Ich packte mein Bündel, die Flöte und Leier
und klopfte ans Rathaustor.
Kaum sah man mich, schlug man die Tür wieder zu,
und legte den Riegel vor.
Und ich hörte, wie man den Herren sagte,
es stünde ein Mann vor dem Tor,
zerrissen und stinkend, in bunten Lumpen
mit einem Ring im Ohr.
Dieser Mann nun ließe den Herren sagen,
er kam von weit, weit her,
und er böte der Stadt seine Hilfe, weil
er ein Rattenfänger wär.
Ich wartete lange, dann rief eine Stimme
durch die geschlossene Tür:
Vernichte die Ratten, und Du bekommst
die versprochenen Taler dafür.
Und ich ging und blies in der Nacht die Flöte,
immer nur einen einzigen Ton,
der so hoch war, dass nur die Ratten ihn hörten,
und keine kam davon.
Bis hinein in die Weser folgte mir bald die ganze
quiekende Brut,
und am Morgen trieben an hunderttausend
Kadaver in der Flut.
Als die Hamelner Bürger hörten, was alles
geschehen war in der Nacht,
tanzten sie auf den Straßen, nur
an mich hatte keiner gedacht.
Und als ich dann wieder vorm Rathaus stand
und forderte meinen Lohn,
schlug man auch diesmal die Tür vor mir zu
und erklärte mir voller Hohn,
nur der Teufel könne bei meiner Arbeit
im Spiel gewesen sein,
deshalb sei es gerecht, ich triebe bei ihm
meine hundert Taler ein.
Doch ich blieb und wartete Stunde um Stunde
bis zum Abend vor jenem Haus,
aber die Ratsherren, die drinnen saßen,
trauten sich nicht heraus.
Als es Nacht war, kamen bewaffnete Kerle,
ein Dutzend oder mehr,
die schlugen mir ihre Spieße ins Kreuz
und stießen mich vor sich her.
Vor der Stadt hetzten sie ihre Hunde auf mich,
und die Bestien schonten mich nicht.
Sie rissen mich um und pissten mir noch
ins blutende Gesicht.
Als der Mond schien, flickte ich meine Lumpen,
wusch meine Wunden im Fluss
und weinte dabei vor Schwäche und Wut,
bis der Schlaf mir die Augen schloss.
Doch noch einmal ging ich zurück in die Stadt
und hatte dabei einen Plan,
denn es war Sonntag, die Bürger traten
eben zum Kirchgang an.
Nur die Kinder und die Alten
blieben an diesem Morgen allein,
und ich hoffte die Kinder würden gerechter
als ihre Väter sein.
Ich hatte vorher mein zerfleischtes Gesicht
mit bunter Farbe bedeckt
und mein Wams, damit man die Löcher nicht sah,
mit Hahnenfedern besteckt.
Und ich spielte und sang, bald kamen die Kinder
zu mir von überall her,
hörten, was ich sang mit Empörung
und vergaßen es nie mehr.
Und die Kinder beschlossen, mir zu helfen
und nicht mehr zuzusehn,
wo Unrecht geschieht, sondern immer gemeinsam
dagegen anzugehn.
Und die Hamelner Kinder hielten ihr Wort
und bildeten ein Gericht,
zerrten die Bosheit und die Lügen
ihrer Väter ans Licht.
Und sie weckten damit in ihren Eltern
Betroffenheit und Scham,
und weil er sich schämte, schlug manch ein Vater
sein Kind fast krumm und lahm.
Doch mit jeder Misshandlung wuchs der Mut
der Kinder dieser Stadt,
und die hilflosen Bürger brachten die Sache
vor den hohen Rat.
Es geschah, was heute noch immer geschieht,
wo Ruhe mehr gilt als Recht,
denn wo die Herrschenden Ruhe woll’n,
geht’s den Beherrschten schlecht.
So beschloss man die Vertreibung
einer ganzen Generation.
In der Nacht desselben Tages begann
die schmutzige Aktion.
Gefesselt und geknebelt,
von den eigenen Vätern bewacht,
hat man die Kinder von Hameln ganz heimlich
aus der Stadt gebracht.
Nun war wieder Ruhe in der Stadt Hameln,
fast wie in einem Grab.
Doch die Niedertracht blühte, die Ratsherren fassten
eilig ein Schreiben ab.
Das wurde der Stadtchronik beigefügt
mit dem Stempel des Landesherrn
und besagt, dass die Kinder vom Rattenfänger
ermordet worden wär’n.
Doch die Hamelner Kinder sind nicht tot,
zerstreut in alle Welt,
haben auch sie wieder Kinder gezeugt,
ihnen diese Geschichte erzählt.
Denn auch heute noch setzen sich Menschen
für die Rechte Schwächerer ein,
diese Menschen könnten wohl die Erben
der Hamelner Kinder sein.
Doch noch immer herrscht die Lüge
über die Wahrheit in der Welt,
und solange die Gewalt und
die Angst die Macht in Händen hält,
solange kann ich nicht sterben,
nicht ausruhn und nicht fliehn,
sondern muss als Spielmann und Rattenfänger immer
weiterziehn.
Denn noch nehmen Menschen Unrecht
als Naturgewalt in Kauf,
und ich hetze noch heute die Kinder dagegen
immer wieder auf.
3 Die vorliegende Ballade wurde von dem Liedermacher Hannes Wader 1974 verfasst und stellt eine deutliche Reminiszenz an die Ereignisse des Jahres 1968 in Osteuropa dar. Der Kampf der Demokratie gegen Totalitarismus wird metaphorisch durch den Generationenkonflikt gestaltet. Nehmen Sie Stellung zu dem im Text aufgegriffenen Problem.
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