»Selbstverständlich, Miss Evans.«
»Wunderbar«, antwortete Dana dankbar. »Leider haben wir nicht allzu viel Platz. Was die Schlafgelegenheiten angeht -«
Mrs. Daley strahlte sie mit breitem Lächeln an. »Nur keine Sorge. Die Klappcouch da tut’s für mich vollkommen.«
Dana atmete erleichtert auf. Sie warf einen Blick auf ihre Uhr. »Ich muss Kemal zur Schule bringen. Kommen Sie doch einfach mit. Sie können ihn dann um Viertel vor zwei wieder abholen.«
»Soll mir recht sein.«
Kemal wandte sich an Dana. »Du kommst doch wieder zurück, Dana, oder?«
Dana schloss ihn in die Arme. »Natürlich komme ich wieder zurück, mein Schatz.«
»Wann?«
»In ein paar Tagen.« Wenn ich etwas mehr weiß.
Als Dana ins Studio kam, lag ein kleines, hübsch verpacktes Päckchen auf ihrem Schreibtisch. Neugierig betrachtete sie es, dann riss sie es auf. Darin befand sich ein goldener Kugelschreiber. »Liebe Dana«, stand auf der beiliegenden Karte, »wir wünschen Ihnen eine angenehme Reise.« Unterzeichnet war sie mit Die Bande.
Sehr aufmerksam. Dana steckte den Stift in ihre Handtasche.
Als Dana ins Flugzeug stieg, klingelte ein Mann in Arbeitskleidung an der Wohnung der Whartons. Der Nachmieter öffnete die Tür, warf ihm einen kurzen Blick zu, nickte und schloss sie wieder. Daraufhin ging der Mann zu Danas Apartment und klingelte.
Mrs. Daley öffnete die Tür. »Ja?«
»Miss Evans hat mich herbestellt. Ich soll ihren Fernseher reparieren.«
»Wenn das so ist. Kommen Sie rein.«
Mrs. Daley sah dem Mann zu, als er zum Fernsehgerät ging und sich an die Arbeit machte.
Rachel Stevens wartete bereits am Miami International Airport, als die Ankunft von Jeffs Maschine bekannt gegeben wurde.
Mein Gott, sie ist wunderschön, dachte Jeff. Kaum zu glauben, dass sie krank ist.
Rachel warf sich in seine Arme. »O Jeff! Danke, dass du gekommen bist.«
»Du siehst blendend aus«, versicherte er ihr, als sie zu der bereitstehenden Limousine gingen.
»Mir fehlt auch nichts weiter. Du wirst schon sehen.«
»Selbstverständlich.«
»Wie geht’s Dana?«, fragte Rachel auf der Heimfahrt.
Er zögerte kurz. Wollte aus Rücksicht auf Rachels Krankheit nicht allzu überschwänglich wirken. »Der geht’s gut.«
»Du kannst froh sein, dass du jemanden wie sie hast. Weißt du, wo ich nächste Woche bin? Ich habe einen Fototermin auf Aruba.«
»Auf Aruba ?«
»Ja. Weißt du auch, weshalb ich den Auftrag angenommen habe?«, fuhr sie fort. »Weil wir dort unsere Flitterwochen verbracht haben. Wie hieß doch gleich das Hotel, in dem wir gewohnt haben?«
»Das Oranjestad.«
»Es war herrlich, nicht? Und wie hieß dieser Berg, auf den wir gestiegen sind?«
»Der Hooiberg.«
Rachel lächelte. »Du hast es nicht vergessen, was?«
»Die Flitterwochen vergisst man nicht, Rachel.«
Sie legte die Hand auf Jeffs Arm. »Es war himmlisch, nicht? Ich habe noch nie so unglaublich weiße Strände gesehen.«
Jeff lächelte. »Und du hattest solche Angst, dass du zu braun werden könntest. Du hast dich immerzu eingemummt wie eine Mumie.«
Einen Moment lang schwiegen sie beide. »Eins bereue ich wirklich bitter, Jeff.«
Er schaute sie verständnislos an. »Was?«
»Dass wir kein - ach, ist ja auch egal.« Sie blickte ihn an und sagte: »Es war wunderschön mit dir auf Aruba.«
»Ist ja auch ein schönes Fleckchen Erde«, erwiderte Jeff ausweichend. »Dort kann man allerhand machen, Fische fangen, Windsurfen, Schnorcheln, Tennis oder Golf spielen .«
»Und wir sind gar nicht dazu gekommen, was?«
Jeff lachte. »Nein.«
»Ich muss morgen früh zur Mammographie. Ich möchte da nicht allein hingehen. Kommst du mit?«
»Selbstverständlich, Rachel.«
Als sie vor Rachels Haus hielten, holte Jeff seine Reisetaschen aus dem Kofferraum, trug sie in das große Wohnzimmer und blickte sich um. »Hübsch. Sehr hübsch sogar.«
Sie schloss ihn in die Arme. »Danke, Jeff.«
Er spürte, dass sie am ganzen Leib zitterte.
Die Mammographie wurde im Tower Imaging in der Innenstadt von Miami vorgenommen. Jeff blieb im Wartezimmer sitzen, nachdem eine Schwester Rachel in den Umkleideraum gebracht hatte, wo sie sich ein Krankenhaushemd überzog, und sie dann in das Röntgenzimmer führte.
»Es wird etwa eine Viertelstunde dauern, Miss Stevens. Sind Sie bereit?«
»Ja. Bis wann liegt der Befund vor?«
»Dafür ist unser Onkologe zuständig. Er müsste ihn aber spätestens morgen haben.«
Morgen.
Der Onkologe hieß Scott Young. Jeff und Rachel gingen in sein Sprechzimmer und nahmen Platz.
Der Arzt musterte Rachel einen Moment lang. »So Leid es mir tut«, sagte er dann, »aber ich muss Ihnen eine schlechte Nachricht überbringen, Miss Stevens.«
Rachel griff nach Jeffs Hand. »Ja?«
»Der Biopsiebefund wie auch die Mammographie deuten darauf hin, dass Sie ein überaus aggressives Karzinom haben.«
Rachel wurde kreidebleich. »Was - was heißt das?«
»Ich fürchte, wir müssen Ihre Brust amputieren.«
»Nein!«, versetzte sie unwillkürlich. »Das geht nicht - ich meine, es muss doch eine andere Möglichkeit geben.«
»Ich fürchte«, sagte Dr. Young behutsam, »dafür ist die Wucherung bereits zu weit fortgeschritten.«
Rachel schwieg einen Moment lang. »Ich kann das sowieso nicht gleich machen lassen. Ich habe nächste Woche einen Fototermin auf Aruba, verstehen Sie? Danach können wir es behandeln.«
Jeff sah die besorgte Miene des Arztes. »Wann sollte sie es Ihrer Meinung nach machen lassen, Doktor Young?«
Er wandte sich an Jeff. »So schnell wie möglich.«
Jeff musterte Rachel. Sie kämpfte mit aller Macht gegen die Tränen an. »Ich möchte noch eine andere Meinung einholen«, sagte sie schließlich mit bebender Stimme.
»Natürlich.«
»Ich kann Dr. Youngs Diagnose leider nur bestätigen«, sagte Dr. Aaron Cameron. »Ich rate zu einer Brustamputation.«
Rachel versuchte so gefasst wie möglich zu klingen. »Besten Dank, Doktor.« Sie griff nach Jeffs Hand und drückte sie. »Ich glaube, das war’s dann, was?«
Dr. Young erwartete sie bereits.
»Sie haben offenbar Recht«, sagte Rachel. »Ich konnte einfach nicht -« Sie schwieg eine Weile. »Na schön«, flüsterte sie schließlich. »Wenn Sie meinen, dass es - dass es notwendig ist.«
»Wir werden so schonend wie möglich vorgehen«, sagte Dr. Young. »Vor der Operation werden wir einen Spezialisten für plastische Chirurgie hinzuziehen, der Ihnen genau erklären wird, wie man die Brust wieder aufbauen kann. Heutzutage kann man da wahre Wunder vollbringen.«
Jeff nahm Rachel in die Arme, als sie in Tränen ausbrach.
Es gab keinen Direktflug von Washington nach Aspen. Daher flog Dana zunächst mit Delta Airlines nach Denver, wo sie auf eine Maschine der United Express umstieg. Später konnte sie sich nicht mehr an die Reise erinnern. All ihre Gedanken drehten sich um Rachel und die Pein, die sie durchleiden musste. Ich bin froh, dass Jeff dort ist und ihr beisteht. Und sie machte sich Sorgen um Kemal. Was ist, wenn Mrs. Daley kündigt, bevor ich zurück bin? Ich habe - Die Flugbegleiterin meldete sich über Lautsprecher. »In wenigen Minuten landen wir in Aspen. Achten Sie bitte darauf, dass Ihr Sitzgurt angelegt und die Rückenlehne aufgerichtet ist.«
Dana konzentrierte sich auf die Aufgabe, die vor ihr lag.
Elliot Cromwell kam in Matt Bakers Büro.
»Ich habe gehört, dass Dana heute Abend nicht auf Sendung geht.«
»Ganz recht. Sie ist in Aspen.«
»Wegen ihres Verdachts in Sachen Taylor Winthrop?« »Jawohl.«
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