Элизабет Питерс - Im Schatten des Todes

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Schlimm genug, daß Amelia Peabody allein nach Ägypten reist, aber ihre neue Freundschaft zu der mittellosen und verrufenen Evelyn Barton-Forbes sprengt nun wirklich alte Konventionen der viktorianischen Etikette. Als die lebenslustige Evelyn, die eigentlich nur vor ihrer mißglückten Verlobung fliehen wollte, bald nicht nur von unzähligen Verehrern, sondern auch von einer erstaunlich lebendigen Mumie verfolgt wird, ist ihre unerschrockene Beschützerin und Hobbydetektivin Amelia gefordert ...
Eine friedliche Fahrt auf dem Nil muß sich die junge Amelia Peabody wohl aus dem Kopf schlagen: Erstens laufen ihr die durchaus nicht uninteressanten Emer-son-Brüder, ihres Zeichens Ägyptologen, über den Weg, und dann muß sie auch noch ihren verrufenen, mittellosen Schützling Evelyn Barton-Forbes retten -nicht nur vor allen möglichen Verehrern, sondern auch vor einer plötzlich sehr lebendigen Mumie ... Damit ist sie natürlich ganz in ihrem kriminalistischen Element, aber nebenher muß sie sich auch noch für andere verzwickte Fälle engagieren ...

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Im Schatten des Todes

(Amelia Peabody #01)

Bemerkungen der Autorin

Obwohl die Hauptpersonen reine Fantasiegestalten sind, erscheinen kurz auch einige historische Figuren. Maspero, Brugsch und Grebaut waren in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts ausgezeichnete Kenner ägyptischer Antiquitäten, und William Flin-ders Petrie begann seine große Karriere in Ägyptologie um die gleiche Zeit. Petrie war auch der erste Archäologe von Beruf, der in Teil el Amarna grub, und ich habe mir die Freiheit genommen, meinen fiktiven Archäologen einige seiner Entdeckungen und auch seine fortschrittlichen Ideen über Methodologie zuzuschreiben. Die Behandlung des bemalten Pflasters ist zum Beispiel die, welche Petrie selbst beschrieben hat.

Im übrigen versuchte ich, Land und Leute und den Stand der archäologischen Forschung des späten neunzehnten Jahrhunderts möglichst genau zu beschreiben. Die Einzelheiten dazu entnahm ich zeitgenössischen Reisebüchern. In der Wiedergabe der Ortsund Pharaonennamen bediente ich mich der damals üblichen Schreibweise; so hieß der ketzerische Pharao früher Khuenaten, doch moderne Wissenschaftler wählen die Schreibweise Akhenaten, und Usertsen ist der moderne Senusert.

1. Kapitel

Evelyn Barton-Forbes sah ich zum erstenmal in Rom. Unser Zusammentreffen war Zufall, wenn auch ein sehr glücklicher. Ich hatte ja immer genug Energien für zwei.

An jenem Morgen hatte ich ziemlich gereizt mein Hotel verlassen. Alle meine Pläne waren schiefgegangen, und das bin ich nun einmal nicht gewöhnt. Mein kleiner italienischer Führer spürte meine schlechte Laune und trottete schweigend hinter mir drein. Sonst redete er ununterbrochen. Aus einer ganzen Schar von Jungen, die sich Fremden als Führer und Dolmetscher anboten, hatte ich ihn deshalb ausgewählt, weil er etwas weniger schurkisch aussah als die anderen.

Ich kannte diese Burschen genau, die ihre Arbeitgeber bedenkenlos ausnützten und betrogen, doch ich dachte nicht daran, auch deren Opfer zu werden. Das hatte ich Piero bald klargemacht. Ich kaufte Seide und handelte so erbarmungslos mit dem Ladenbesitzer, daß Pieros Provision auf ein Minimum zusammenschmolz. Darüber beklagte er sich in seiner Muttersprache bei dem Kaufmann und äußerte sich dabei abfällig über meine Manieren und mein Aussehen. Ich ließ ihn eine Weile reden und machte dann eine Bemerkung über seine Manieren. Ich spreche und verstehe Italienisch nämlich ganz gut. Danach kam ich mit Piero wunderbar zurecht. Ich beschäftigte ihn ja nicht, weil ich einen Dolmetscher brauchte, sondern damit er Botengänge für mich erledigte und meine Pakete trug.

Meine Sprachkenntnisse und die Mittel für Auslandsreisen stammten von meinem Vater, der Wissenschaftler war und ein Antiquariat hatte. In der kleinen Provinzstadt, in der er zu leben vorzog, gab es wenig Abwechslung, und so studierte er immer weiter. Ich habe einiges Talent für Sprachen, egal ob tot oder lebendig. Papa mochte sie lieber tot. Die Vergangenheit war seine Leidenschaft, und gelegentlich tauchte er daraus auch für kurze Zeit auf. Dann blinzelte er und stellte fest, daß ich, seit er mich zum letztenmal bemerkt hatte, ein ganzes Stück gewachsen war.

Wir kamen wunderbar miteinander zurecht. Meine sechs älteren Brüder hatten nichts übrig für Vaters Studien. Sie waren erfolgreich als Kaufleute und in anderen Berufen, und so war eben ich die kleine Sonne der letzten Jahre meines Vaters. Mir gefiel dieses Leben, denn es gab mir Gelegenheit, meine wissenschaftlichen Neigungen zu entwickeln. Da mein Vater nichts übrig hatte für die praktischen Seiten des Lebens, blieben sie mir überlassen, und ich schacherte recht erfolgreich mit dem Bäcker und dem Fleischer. Nach Mr. Hodgkins, dem Fleischer, hatte ich mit Piero keine große Mühe.

Später starb mein Vater; um genau zu sein: er schrumpfte immer mehr zusammen und vertrocknete völlig. Ein naseweises Hausmädchen behauptete, er sei schon volle zwei Tage tot gewesen, ehe es jemand bemerkte, doch das ist eine schamlose Übertreibung. Richtig ist, daß er irgendwann im Laufe der fünf Stunden, die ich in seinem Studierzimmer verbrachte, sanft entschlafen ist. Er saß in seinem Ohrenbackensessel und schien nachzudenken, doch als ich, einer Ahnung folgend, zu ihm trat, schauten mich seine Augen mit genau dem gleichen fragenden Blick an wie immer. Ich meine, das ist eine sehr gemütliche und schöne Art, zu sterben.

Niemand war erstaunt, daß er seinen Besitz mir vermachte, denn ich war das einzige seiner Kinder ohne eigenes Einkommen. Meine Brüder hatten nichts dagegen einzuwenden, wie sie auch die treuen Dienste akzeptiert hatten, die ich meinem Vater leistete. Sie explodierten auch nicht, als sie erfuhren, daß dieses Vermögen eine halbe Million Pfund betrug. Sie waren eben dem Irrtum unterlegen, daß ein Gelehrter unbedingt auch ein Narr sei. An Debatten mit dem Fleischer war mein Vater zwar nie interessiert, um so mehr aber an guten Geldanlagen, und da war er ebenso beharrlich wie in seinen Studien. Also starb er zur allgemeinen Überraschung als reicher Mann.

Als dies dann bekannt wurde, drohte mein ältester Bruder James zwar damit, daß er das Testament anfechten werde, doch das redete ihm Papas Anwalt, der ausgezeichnete Mr. Fletcher, ziemlich leicht aus. Dann kamen unzählige Nichten und Neffen, die in den Jahren vorher durch Abwesenheit geglänzt hatten; sie luden mich ein, doch bei ihnen zu wohnen, und warnten mich vor Mitgiftjägern.

Warnungen waren unnötig. Mit meinen damals zweiunddreißig Jahren hatte ich noch nie einen Heiratsantrag erhalten und war eine alte Jungfer. Das wußte ich, doch es machte mir nichts aus. Auch über mein Aussehen machte ich mir noch nie Illusionen, ich bin ja schließlich kein Dummkopf.

Gewisse Gentlemen und meine Verwandten ermunterte ich sogar noch zu Besuchen, weil sie mich amüsierten -bis ich bemerkte, daß ich zynisch wurde. Deshalb beschloß ich, auf Reisen zu gehen, denn das wollte ich schon immer tun, und vor allem jene Länder besuchen, mit denen sich Vater beschäftigt hatte, wie Griechenland, Rom, Babylon und das hunderttorige Theben.

Als ich meinen Entschluß gefaßt hatte, brauchte ich nicht mehr viel Zeit für die Vorbereitungen. Mr. Fletcher machte mir schnell noch einen Heiratsantrag, den ich genauso humorig ablehnte, wie er vorgetragen worden war. »Ich dachte, es sei einen Versuch wert«, meinte er dazu trocken. »Miß Amelia«, fügte er hinzu, »ich frage Sie jetzt als Ihr Anwalt: Haben Sie die Absicht, jemals zu heiraten?«

»Nein«, antwortete ich. »Grundsätzlich habe ich einiges gegen die Ehe. Für einige Frauen mag sie recht gut sein, denn was sollten diese armen Dinger sonst tun? Warum sollte sich aber eine unabhängige und intelligente Frauensperson den Launen eines tyrannischen Ehemannes unterwerfen? Ich versichere Ihnen, ich habe noch nie einen Mann kennengelernt, der so vernünftig gewesen wäre wie ich selbst.«

»Das kann ich Ihnen durchaus glauben«, meinte er. Und dann platzte er heraus: »Warum ziehen Sie sich aber so entsetzlich an? Um Bewerber abzuschrecken?«

»Aber, Mr. Fletcher!« protestierte ich. »Meine Kleider passen genau für das Leben, das ich führe. Die gegenwärtige Mode ist für eine aktive Person völlig ungeeignet. Diese engen Humpelröcke und die Schnürmieder, in denen man nicht einmal atmen kann ... Und die Turnüre! Die ist doch völlig idiotisch! Ich trage sie nur deshalb, weil man ein Kleid ohne Turnüre heutzutage nicht gemacht bekommt. Ich kann aber wenigstens auf dezenten Stoffen und einem Minimum an Kinkerlitzchen bestehen. In roter Seide mit Spitzchen und Rüschchen und Troddelchen käme ich mir närrisch vor.«

»Trotzdem dachte ich immer, Sie würden in roter Seide mit Spitzchen und Rüschchen recht hübsch aussehen«, antwortete Mr. Fletcher lächelnd.

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