Orlando. Ich beschwöre euch, straft mich nicht mit euren nachteiligen Gedanken; ich erkenne mich selbst für schuldig, daß ich so schönen und vortrefflichen Fräulein irgend etwas verweigre. Laßt nur eure schönen Augen und freundlichen Wünsche mich zu meiner Prüfung geleiten. Wenn ich zu Boden geworfen werde, so kommt nur Schmach über jemand, der noch niemals in Ehren war; wenn umgebracht, so ist nur Jemand tot, der sich nichts andres wünscht. Ich werde meinen Freunden kein Leid zufügen, denn ich habe keine, mich zu beweinen, und der Welt keinen Nachteil, denn ich besitze nichts in ihr; ich fülle in der Welt nur einen Platz aus, der besser besetzt werden kann, wenn ich ihn räume.
Rosalinde
Ich wollte, das bißchen Stärke, das ich habe, wäre mit Euch.
Celia
Meine auch, um ihre zu ergänzen.
Rosalinde
Fahrt wohl! Gebe der Himmel, daß ich mich in Euch betrüge.
Celia
Eures Herzens Wunsch werde Euch zuteil.
Charles
Wohlan, wo ist der junge Held, dem so danach gelüstet, bei seiner
Mutter Erde zu liegen?
Orlando
Hier ist er, Herr; aber sein Wille hegt eine anständigere Absicht.
Herzog Friedrich
Ihr sollt nur (einen) Gang machen.
Charles. Ich stehe Euer Hoheit dafür, Ihr werdet ihn nicht zu einem zweiten bereden, nachdem Ihr ihn so dringend vom ersten abgemahnt habt.
Orlando. Ihr denkt nachher über mich zu spotten: so braucht Ihr's nicht vorher zu tun. Doch kommt zur Sache.
Rosalinde
Nun, Herkules steh dir bei, junger Mann!
Celia. Ich wollte, ich wäre unsichtbar, um dem starken Manne das Bein unterwegs ziehen zu können.
(Charles und Orlando ringen.)
Rosalinde
O herrlicher junger Mann!
Celia
Hätte ich einen Donnerkeil in meinen Augen, so weiß ich, wer zu
Boden sollte.
(Charles wird zu Boden geworfen. Jubelgeschrei.)
Herzog Friedrich
Nicht weiter! nicht weiter!
Orlando
Doch, wenn es Euer Hoheit beliebt! ich bin noch nicht recht ins
Schnaufen gekommen.
Herzog Friedrich
Wie steht's mit dir, Charles?
Le Beau
Er kann nicht sprechen, mein Fürst.
Herzog Friedrich
Tragt ihn weg. Wie ist dein Name, junger Mensch?
Orlando
Orlando, mein Fürst, der jüngste Sohn des Freiherrn Roland de Boys.
Herzog Friedrich
Ich wollt, du wärst sonst jemands Sohn gewesen.
Die Welt hielt deinen Vater ehrenwert,
Doch ich erfand ihn stets als meinen Feind.
Du würdst mir mehr mit dieser Tat gefallen,
Wenn du aus einem andern Hause stammtest.
Doch fahre wohl! du bist ein wackrer Jüngling!
Hättst du 'nen andern Vater nur genannt!
(Herzog Friedrich mit Gefolge und Le Beau ab.)
Celia
Wär ich mein Vater, Mühmchen, tät ich dies?
Orlando
Ich bin weit stolzer, Rolands Sohn zu sein,
Sein jüngster Sohn – und tauschte nicht den Namen,
Würd ich auch Friedrichs angenommner Erbe.
Rosalinde
Mein Vater liebte Roland wie sein Leben,
Und alle Welt war so wie er gesinnt.
Hätt ich zuvor den jungen Mann gekannt,
Den Bitten hätt ich Tränen zugesellt,
Eh er sich so gewagt.
Celia
Komm, liebe Muhme,
Laß uns ihm danken und ihm Mut einsprechen;
Denn meines Vaters rauhe Art und Groll
Gehn mir ans Herz. – Herr, Ihr habt Lob verdient;
Wenn Ihr im Lieben Eur Versprechen haltet,
Wie Ihr verdunkelt, was man sich versprach,
Ist Eure Liebste glücklich.
Rosalinde (gibt ihm eine Kette von ihrem Halse)
Junger Mann,
Tragt dies von mir, von einer Glückverstoßnen,
Die mehr wohl gäbe, fehlt' es nicht an Mitteln.
Nun, gehn wir, Muhme?
Celia
Ja – lebt wohl denn, edler Junker!
Orlando
Kann ich nicht sagen: Dank? mein beßres Teil
Liegt ganz darnieder; was noch aufrecht steht,
Ist nur ein Wurfziel, bloß ein leblos Holz.
Rosalinde
Er ruft uns nach – mein Stolz sank mit dem Glück —
Ich frag ihn, was er will. – Rieft Ihr uns, Herr? —
Herr, Ihr habt brav gekämpft und mehre noch
Besiegt als Eure Feinde.
Celia
Rosalinde
Ich komme schon. Lebt wohl!
(Rosalinde und Celia ab.)
Orlando
Welch ein Gefühl belastet meine Zunge?
Ich kann nicht reden, lud sie gleich mich ein.
(Le Beau kommt.)
Armer Orlando! du bist überwältigt,
Charles oder etwas Schwächers siegt dir ob.
Le Beau
Mein guter Herr, ich rat aus Freundschaft Euch
Verlaßt den Ort; wiewohl Ihr hohen Preis
Euch habt erworben, Lieb und echten Beifall,
So steht doch so des Herzogs Stimmung jetzt,
Daß er mißdeutet, was Ihr nun getan.
Der Fürst ist launisch; was er ist, in Wahrheit,
Ziemt besser Euch zu sehn, als mir zu sagen.
Orlando
Ich dank Euch, Herr, und bitt Euch, sagt mir dies:
Wer war des Herzogs Tochter von den beiden,
Die hier beim Ringen waren?
Le Beau
Von beiden keine, wenn's nach Sitten gilt;
Doch wirklich ist die kleinste seine Tochter,
Die andre, Tochter des verbannten Herzogs,
Von ihrem Oheim hier zurückbehalten
Zu seiner Tochter Umgang; ihre Liebe
Ist zärtlicher als schwesterliche Bande.
Doch sag ich Euch: seit kurzem hegt der Herzog
Unwillen gegen seine holde Nichte,
Der auf die Ursach bloß gegründet ist,
Daß sie die Welt um ihre Gaben preist
Und sie beklagt um ihres Vaters willen;
Und, auf mein Wort, sein Ingrimm auf das Fräulein
Bricht einmal plötzlich los. – Lebt wohl, mein Herr!
Dereinst in einer bessern Welt als diese
Wünsch ich mir mehr von Eurer Lieb und Umgang.
Orlando
Ich bleib Euch sehr verbunden; lebet wohl!
(Le Beau ab.)
So muß ich aus dem Dampf in die Erstickung,
Von Herzogs Druck in Bruders Unterdrückung. —
Doch Engel Rosalinde! —
(Ab.)
Ein Zimmer im Palast
(Celia und Rosalinde treten auf)
Celia
Ei, Mühmchen! ei, Rosalinde! Cupido sei uns gnädig, nicht ein
Wort?
Rosalinde
Nicht eins, das man einem Hunde vorwerfen könnte.
Celia. Nein, deine Worte sind zu kostbar, um sie den Hunden vorzuwerfen; wirf mir einige zu. Komm, lähme mich mit Vernunftgründen.
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