Celia
Wie beweiset Ihr das in der Hülle und Fülle Eurer Gelahrtheit ?
Rosalinde
Ei ja, nun nehmt Eurer Weisheit den Maulkorb ab.
Probstein. Tretet beide vor, streicht euer Kinn und schwört bei euren Bärten, daß ich ein Schelm bin.
Celia
Bei unsern Bärten, wenn wir welche hätten, du bist einer.
Probstein. Bei meiner Schelmerei, wenn ich sie hätte, dann wär ich einer. Aber wenn ihr bei dem schwört, was nicht ist, so habt ihr nicht falsch geschworen; ebensowenig der Ritter, der auf seine Ehre schwur, denn er hatte niemals welche, oder wenn auch, so hatte er sie längst weggeschworen, ehe ihm diese Pfannkuchen und der Senf zu Gesicht kamen.
Celia
Ich bitte dich, wen meinst du?
Probstein
Einen, den der alte Friedrich, Euer Vater, liebt.
Celia
Meines Vaters Liebe reicht hin, ihm zur Ehre zu verhelfen. Genug,
sprecht nicht mehr von ihm; Ihr werdet gewiß nächstens einmal für
Euren bösen Leumund gestäupt.
Probstein. Desto schlimmer, daß Narren nicht mehr weislich sagen dürfen, was weise Leute närrisch tun.
Celia. Meiner Treu, du sagst die Wahrheit; denn seit das bißchen Witz, das die Narren haben, zum Schweigen gebracht worden ist, so macht das bißchen Narrheit, das weise Leute besitzen, große Parade. Da kommt Monsieur Le Beau. (Le Beau tritt auf.)
Rosalinde
Den Mund voll von Neuigkeiten.
Celia
Die er uns zukommen lassen wird, wie Tauben ihre Jungen füttern.
Rosalinde
Da werden wir also mit Neuigkeiten gemästet.
Celia
Desto besser, so stehn wir ansehnlicher zu Markt. Guten Morgen,
Monsieur Le Beau! was gibt es Neues?
Le Beau
Schöne Prinzessin, Euch ist ein guter Spaß entgangen.
Celia
Le Beau
Wohin, Madame? wie soll ich das beantworten?
Rosalinde
Wie es Witz und Glück verleihen.
Probstein
Oder wie das Verhängnis beschließt.
Celia
Gut gesagt! Das war wie mit der Kelle angeworfen.
Probstein
Ja, wenn ich meinen Geschmack nicht behaupte —
Rosalinde
So verlierst du deinen alten Beigeschmack.
Le Beau. Ihr bringt mich aus der Fassung, meine Damen. Ich wollte euch von einem wackern Ringen erzählen, das ihr versäumt habt, mit anzusehn.
Rosalinde
Sagt uns doch, wie es dabei herging.
Le Beau. Ich will euch den Anfang erzählen und wenn es euer Gnaden gefällt, könnt ihr das Ende ansehn; denn das Beste muß noch geschehen, und sie kommen hieher, wo ihr seid, um es auszuführen.
Celia
Gut, den Anfang, der tot und begraben ist.
Le Beau
Es kam ein alter Mann mit seinen drei Söhnen —
Celia
Ich weiß ein altes Märchen, das so anfängt.
Le Beau
Drei stattliche junge Leute, vortrefflich gewachsen und männlich —
Rosalinde
Mit Zetteln am Halse: "Kund und zu wissen sei männiglich" —
Le Beau. Der älteste unter den dreien rang mit Charles, des Herzogs Ringer. Charles warf ihn in einem Augenblick nieder und brach ihm drei Rippen entzwei, so daß fast keine Hoffnung für sein Leben ist; ebenso richtete er den zweiten und den dritten zu. Dort liegen sie, und der arme alte Mann, ihr Vater, erhebt eine so jämmerliche Wehklage über sie, daß alle Zuschauer ihm mit Weinen beistehn.
Rosalinde
Probstein
Aber welches ist der Spaß, Herr, der den Damen entgangen ist?
Le Beau
Nun, der, wovon ich spreche.
Probstein
So wird man alle Tage klüger! Das ist das erste, was ich höre, daß
Rippenentzweibrechen ein Spaß für Damen ist.
Celia
Ich auch, das versichere ich dir.
Rosalinde
Aber ist denn noch jemand da, den nach dieser Seitenmusik gelüstet?
Ist noch sonst wer auf zerbrochene Rippen erpicht? – Sollen wir das
Ringen mit ansehen, Muhme?
Le Beau
Ihr müßt, wenn ihr hier bleibt; denn sie haben diesen Platz zum
Kampfe gewählt; er wird gleich vor sich gehn.
Celia
Wirklich, dort kommen sie. Laß uns nun bleiben und zusehn.
(Trompetenstoß. Herzog Friedrich, Herren vom Hofe, Orlando,
Herzog Friedrich. Wohlan! Da der junge Mensch nicht hören will, so mag er auf seine eigne Gefahr vorwitzig sein.
Rosalinde
Le Beau
Das ist er, mein Fräulein.
Celia
Ach, er ist zu jung, doch hat er ein siegreiches Ansehn.
Herzog Friedrich
Ei, Tochter und Nichte! Seid ihr hierher geschlichen, um das
Ringen zu sehn?
Rosalinde
Ja, mein Fürst, wenn Ihr uns gütigst erlaubt.
Herzog Friedrich. Ihr werdet wenig Vergnügen daran finden: das kann ich euch sagen; das Paar ist zu ungleich. Aus Mitleid mit des Ausforderers Jugend möchte ich ihn gern davon abbringen, allein er läßt sich nicht raten. Sprecht mit ihm, Fräulein; seht, ob Ihr ihn bewegen könnt.
Celia
Ruft ihn hieher, guter Monsieur Le Beau.
Herzog Friedrich
Tut das, ich will nicht dabei sein.
(Der Herzog entfernt sich.)
Le Beau
Herr Ausforderer, die Prinzessinnen verlangen Euch zu sprechen.
Orlando
Ich bin ehrerbietigst zu ihrem Befehl.
Rosalinde
Junger Mann, habt Ihr Charles, den Ringer, herausgefordert?
Orlando. Nein, schöne Prinzessin; er ist der allgemeine Ausforderer; ich komme bloß, wie andre auch, die Kräfte meiner Jugend gegen ihn zu versuchen.
Celia. Junger Mann, Euer Mut ist zu kühn für Eure Jahre. Ihr habt einen grausamen Beweis von der Stärke dieses Menschen gesehn: wenn Ihr Euch selbst mit Euren Augen sähet oder mit Eurem Urteil erkanntet, so würde Euch die Furcht vor dem Ausgange ein gleicheres Wagstück anraten. Wir bitten Euch um Euer selbst willen, an Eure Sicherheit zu denken und das Unternehmen aufzugeben.
Rosalinde. Tut das, junger Mann; Euer Ruf soll deswegen nicht herabgesetzt werden. Es soll unser Gesuch beim Herzoge sein, daß das Ringen nicht vor sich gehe.
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