SCHICHTFÜHRER: Ist das nicht das Gleiche? Wenn Abteilungsleiter Liu das erfährt, stehst du auf der Straße.
WACHMANN: Egal. Ich will hier sowieso nicht mehr arbeiten. Der Chef der Froschzuchtfirma ist der Mann meiner Cousine. Meine Mutter hat diese längst gebeten, mal mit meinem Schwager zu besprechen, wann er mich zu sich in die Firma holt.
SCHICHTFÜHRER: (unwillig)
Es reicht. Hör mir mit deinen Cousinen auf. Davon werd ich ganz duselig. Wenn du dich beim Mann deiner Cousine verkriechen willst, hast du ja nichts zu befürchten. Ich bin drauf angewiesen, dass die mir hier den Napf füllen. Deswegen lass dir gesagt sein, dass es verboten ist zu telefonieren, und zwar Gespräche anzunehmen und selbst anzurufen, SMS zu verschicken und zu empfangen.
WACHMANN: (nimmt Haltung an, hebt die Rechte zum militärischen Gruß)
Jawohl! Gruppenführer!
SCHICHTFÜHRER: Nimm dich in Acht!
WACHMANN: (nimmt noch einmal Haltung an, hebt die Rechte zum militärischen Gruß)
Jawohl! Gruppenführer!
(kann das Lachen nicht zurückhalten) Hihihi ...
SCHICHTFÜHRER: Freundchen, hast du Hundepisse gesoffen? Oder geträumt, dass du ’ne reiche Frau abkriegst? Heraus mit der Sprache! Worüber lachst du?
WACHMANN: Ich lache ja gar nicht.
SCHICHTFÜHRER: (streckt die rechte Hand vor)
Her damit!
WACHMANN: Wie bitte?
SCHICHTFÜHRER: Du fragst? Das Handy sollst du hergeben!
WACHMANN: Gruppenführer, ich verspreche, dass ich nicht mehr draufschaue, in Ordnung?
SCHICHTFÜHRER: Laber nicht! Gibst du es mir jetzt? Wenn nicht, sage ich sofort dem Chef Bescheid.
WACHMANN: Gruppenführer, ich habe eine Liebesgeschichte am Laufen. Ohne Handy geht’s nicht.
SCHICHTFÜHRER: Als dein Vater mit deiner Mutter zusammengekommen ist, gab es nicht mal Telefon, und er hat sie trotzdem gekriegt. Nun schnell her damit!
WACHMANN: (muss sich geschlagen geben und händigt dem Schichtführer sein Handy aus)
Ich wollte gar nicht lachen. Die SMS war so lustig, dass es mir rausgerutscht ist.
SCHICHTFÜHRER: (nimmt das Handy und öffnet die Kurzmitteilungen)
Ich will wissen, was das war, das dich so zum Lachen gebracht hat.
»... um einen unschlagbaren Kurzstreckenläufer heranzuziehen, hat der Chinesische Sportverband auf höchster Ebene entschieden, dass der Champion über hundert Meter, Athlet Qian Leopard, und die Athletin Jin Reh, Champion im Langlauf, unverzüglich zu heiraten haben. Als Jin Reh neun Monate später im Krankenhaus ihr Kind zur Welt gebracht hat, fragt Qian Leopard: Ist es ein Mädchen oder ein Junge geworden? Der Arzt sagt: Ich habe es so schnell nicht erkennen können. Es ist sofort nach der Geburt abgedüst.«
SCHICHTFÜHRER: Für so einen Witz, bei dem einem die Zähne rausfallen, lohnt sich das Gelache? Jetzt lese ich dir mal ein paar gute Witze vor.
(will sein Handy hervorholen und lesen, da fällt ihm ein, dass sein eigenes Gerät und das des Wachmanns zusammen in seiner Jackentasche stecken)
Heute ist Mitteherbstfest. Unser Chef sagt, besonders an Festtagen muss man die Alarmbereitschaft verstärken.
WACHMANN: (streckt die Hand aus, öffnet sie, bereit, etwas entgegenzunehmen)
Mein Handy!
SCHICHTFÜHRER: Ich nehme es dir nur vorübergehend ab. Du kannst es wieder bei mir abholen, wenn du Feierabend machst.
WACHMANN: (bettelnd)
Gruppenführer, an so einem wichtigen Feiertag, an dem alle Familien vereint sind, alle sich verabreden, zusammen Mondkuchen essen, Böller zünden, Vollmondspaziergänge machen, sich alle Verliebten treffen und diesen Tag richtig ausnutzen ... Da stehe ich hier wie ein Pfosten, den man in die Erde gerammt hat, und darf nicht einmal meiner Freundin eine kleine SMS schicken? Selbst diese winzige Freude nimmst du mir?
SCHICHTFÜHRER: Fasel nicht! Konzentriere dich lieber auf die Arbeit. Behalte hier alles, alle Zugänge und Ausgänge, im Auge und im Ohr! Alle verdächtigen Personen sind anzuweisen, vor dem Tor zu bleiben, denn sie haben zum Klinikgelände keinen Zutritt.
WACHMANN: Nun ist es aber gut! Nimm das Gequatsche vom Chef nicht zu ernst! Heute ist Feiertag. Die Strauchdiebe und Verbrecher schieben auch ’ne ruhige Kugel und begehen das Mitteherbstfest.
SCHICHTFÜHRER: Mehr Ernsthaftigkeit bitte! Glaubst du, wir haben dich nur zum Spaß hierher gestellt?
(mit gedämpfter Stimme, geheimnisvoll)
In der Nacht auf das Chinesische Neujahr haben sich Terroristen hier Zutritt verschafft, (mit nuschelnder Stimme)
die sind in die Wöchnerinnenstation eingedrungen und haben dort acht Säuglinge entführt und als Geiseln genommen.
WACHMANN: O weh ...
SCHICHTFÜHRER: (geheimnisvoll)
Du weißt doch, dass die Zweitfrauen der Bonzen hier in den Krankenzimmern ihre Niederkunft erwarten?
WACHMANN: (neigt den Kopf, um besser zu verstehen)
SCHICHTFÜHRER: (flüstert noch leiser)
Dann verstehst du jetzt wohl? Präg dir das ein. Zwei schwarze Mercedes und ein blaugrüner Ferrari sind die Karren, die solchen Bonzen gehören. Wenn die hier auftauchen: Haltung annehmen und korrekt grüßen, aufmerksam sein, sie nicht aus den Augen lassen, da darf absolut nichts schiefgehen, da muss alles perfekt laufen.
WACHMANN: Zu Befehl, Gruppenführer!
(streckt die Hand aus)
Kannst du mir jetzt mein Handy wiedergeben?
SCHICHTFÜHRER: Das geht auf keinen Fall. Heute Abend steht einiges an: Nicht nur, dass die Frau von Geschäftsführer Jin wahrscheinlich ihr Baby bekommt, der Geburtstermin der Schwiegertochter von Parteisekretär Song soll auch der heutige Abend sein. Song fährt einen Audi A6, Kennzeichen 08858. Sperr deine Augen auf, ist das klar?
WACHMANN: (mault)
Können sich diese Karnickeljungen nicht einen anderen Tag für ihre Geburt aussuchen?
Meine Freundin sagt, wir werden heute Abend den größten Vollmond seit fünfundfünfzig Jahren haben.
(schaut zum Mond am Himmel, singt)
Wann hatten wir
einen solchen Vollmond, 29
erhebe ich mein Glas und
frage den blauen Himmel .
Wann ...
SCHICHTFÜHRER: (ironisch)
Pass auf, dass du nicht anfängst zu flennen! Wenn du in der Schule fleißig auswendig gelernt hättest, bräuchtest du hier nicht den Wachmann zu machen.
(in Alarmbereitschaft)
Was ist das?
Chen Augenbraue trägt einen langen schwarzen Mantel, ihr Gesicht ist schwarz verhüllt, in der Hand hält sie ein kleines rotes Pullöverchen.
AUGENBRAUE: (schwankt wie betrunken)
Mein Baby ... mein Baby ... mein Baby ... Wo bist du? Mama sucht dich. Wo hast du dich versteckt, mein Kind?
WACHMANN: Die schon wieder! Die ist nicht richtig im Kopf.
SCHICHTFÜHRER: Scheuch sie weg!
WACHMANN: (nimmt Haltung an, die Hand zum militärischen Gruß erhoben)
Es ist mir nicht erlaubt, mich von meinen Arbeitsplatz zu entfernen!
SCHICHTFÜHRER: Ich gebe dir die strikte Anweisung, sie wegzuscheuchen.
WACHMANN: Ich halte hier Wache.
SCHICHTFÜHRER: Du musst den gesamten Bereich rund um den Haupteingang und den Zufahrtsbereich und dazu noch einen fünfzig Meter breiten Einzugsbereich kontrollieren und dort für Sicherheit sorgen.
WACHMANN: Wenn es am Zufahrtsportal zu verdächtigen Vorfällen kommt, sollte der diensthabende Torwachmann auf seinem Posten stehen, um Verdächtige, die sich Zutritt zum Haupttor verschaffen wollen, unerbittlich aufzuhalten und dann seinem Gruppenführer unverzüglich Meldung zu machen.
(er nimmt das Walkie-Talkie, das er am Gürtel trägt, in die Hand)
Gruppenführer, ich mache Meldung: Rechts vom Eingangsbereich habe ich unter der Reklametafel eine verdächtige Person entdeckt. Bitte blitzschnell und unverzüglich zu Hilfe kommen.
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