»Was ist mit meiner Gemahlin?«, rief Julius, als er wieder an den Armen gepackt wurde.
Sulla zuckte die Achseln. »Vielleicht mache ich sie zu meiner Geliebten, wenn sie lernt, mir Freude zu bereiten.«
Julius wehrte sich heftig, kam jedoch nicht aus dem Griff der beiden Wachen frei, die ihn hinauszogen.
Der Schreiber blieb in der Tür stehen.
»Legat? Ist das klug? Schließlich ist er Marius’ Neffe .«
Sulla seufzte und ließ sich von dem Sklavenmädchen noch einen Becher mit kaltem Saft reichen. »Mögen uns die Götter vor kleinen Männern schützen. Ich habe dir meine Gründe genannt. Ich habe alles erreicht, was ich jemals wollte, und jetzt droht mir die Langeweile. Es ist gut, ein paar Gefahren übrig zu lassen, sonst gibt es überhaupt keine Herausforderungen mehr.«
Sein Blick richtete sich in die Ferne.
»Er ist ein eindrucksvoller junger Mann. Ich glaube, in ihm stecken zwei von Marius’ Sorte.«
Die Miene des Schreibers zeigte, dass er nichts davon begriffen hatte.
»Soll ich den Nächsten hereinbringen lassen, Konsul?«
»Nein, heute keinen mehr. Sind die Bäder geheizt? Gut. Heute Abend wollen die Senatsführer mit mir essen, da möchte ich frisch sein.«
Sulla wollte sein Bad immer so heiß, dass er es gerade noch aushielt. Das entspannte ihn wunderbar. Die Einzigen, die ihm dabei Gesellschaft leisteten, waren zwei seiner Haussklavinnen, und er stieg völlig unbefangen vor ihnen aus dem Wasser. Sie waren ebenfalls nackt, bis auf goldene Ringe um Handgelenke und Hals.
Beide waren ihrer üppigen Figur wegen ausgewählt worden, und er genoss es, als sie ihm das Wasser vom Körper rieben. Hübsche Dinge anzuschauen tat dem Menschen gut. Es erhob ihn über die wilden Tiere.
»Das Wasser hat mein Blut in Wallung gebracht, aber ich fühle mich trotzdem schlaff«, murmelte er und ging die paar Schritte zu einer langen Massagebank. Sie war weich, und er spürte, wie er sich völlig entspannte. Er schloss die Augen und lauschte den beiden jungen Frauen, die die dünnen, elastischen Birkenzweige, die noch grün und erst am Morgen geschnitten worden waren, zusammenbanden.
Die beiden Sklavinnen stellten sich über seinen erhitzten Körper. Jede hielt ein langes Bündel der geschnittenen Zweige in der Hand. Sie waren drei Fuß lang und sahen fast aus wie ein Reisigbesen. Zuerst streichelten sie ihn fast mit den Ruten und hinterließen nur flüchtige weiße Spuren auf seiner Haut.
Er stöhnte leise, und sie hielten inne.
»Sollen wir fester schlagen, Herr?«, fragte eine von ihnen scheu. Ihr Mund war von seinen Aufmerksamkeiten der vorangegangenen Nacht noch blutunterlaufen, und ihre Hände zitterten ein wenig.
Ohne die Augen zu öffnen lächelte er und streckte sich wohlig auf der Bank aus. Es war wunderbar belebend.
»Ah, ja«, antwortete er verträumt. »Schlagt zu, Mädchen, schlagt zu.«
Julius stand mit Cabera und Tubruk am Hafen. Sein Gesicht war grau und kalt. Im Gegensatz dazu, als wollte er sich über die grausamen Geschehnisse in seinem Leben lustig machen, leuchtete der Tag warm und sonnig. Er war vollkommen. Sogar eine leichte Brise wehte vom Meer heran, um die staubbedeckten Reisenden zu erfrischen. Es war eine hastige Flucht aus der stinkenden Stadt gewesen. Zuerst war er allein gewesen, auf einem dürren alten Pony, mehr hatte er für einen Goldring nicht bekommen. Mit verzerrtem Gesicht war er um die Feuergruben herum auf die gepflasterte Hauptstraße geritten und hatte den Weg nach Westen eingeschlagen, zur Küste.
Dann hatte er einen vertrauten Ruf vernommen und vor sich seine Freunde zwischen den Bäumen hervortreten sehen. Voller Freude, einander lebend wiederzusehen, hatten sie sich begrüßt, doch schon bald hatte sich die Stimmung wieder getrübt, als sie einander ihre Geschichten erzählten. Schon bei diesem ersten Zusammentreffen erkannte Julius, dass Tubruk etwas von seiner Lebenskraft eingebüßt hatte. Er sah hager und schmutzig aus und berichtete in knappen Worten, wie sie wie die Tiere auf der Straße gelebt hatten, wie ihnen jeden Tag die schrecklichsten Dinge passiert waren, und wie es in der Nacht noch viel schlimmer gewesen war, wenn Schreie und Rufe die einzigen Anhaltspunkte waren. Er und Cabera waren überein gekommen, eine Woche an der Straße zur Küste zu warten, in der Hoffnung, dass Julius doch noch freikam.
»Danach«, sagte Cabera, »hätten wir uns irgendwo Schwerter geklaut und dich rausgehauen.« Tubruk lachte laut, und Julius merkte, dass die beiden sich in den gemeinsam verbrachten Tagen näher gekommen waren. Doch es trug nicht dazu bei, seine Stimmung zu heben. Julius erzählte ihnen von Sullas launischer Grausamkeit, und während die Worte aus ihm hervorquollen, ballte er erneut vor Wut die Fäuste.
»Wenn er meine Frau auch nur anrührt, komme ich nach Rom zurück und schneide ihm die Eier ab«, sagte er leise, nachdem er seinen Bericht beendet hatte.
Die Gefährten hielten seinem Blick nicht lange stand, und sogar Caberas üblicher Humor blieb eine Weile verschwunden.
»Er kann unter den Frauen Roms wählen, Gaius«, murmelte Tubruk. »Und er ist einer von denen, die das Messer gerne ein bisschen in der Wunde drehen. Ihr Vater wird bestimmt gut für ihre Sicherheit sorgen und sie, sollte ihr Gefahr drohen, sogar aus der Stadt bringen. Der Alte würde seine Wachen auf Sulla selbst hetzen, wenn der Cornelia bedrohen würde. Das weißt du doch.« Julius nickte, aber sein Blick weilte irgendwo in der Ferne. Er wollte überzeugt werden. Zuerst hatte er vorgehabt, sie im Schutz der Nacht aufzusuchen, aber inzwischen war wieder eine Ausgangssperre verhängt, und sich nachts auf der Straße aufzuhalten, bedeutete den sofortigen Tod. Wenigstens hatte Cabera in den Tagen, die er mit Tubruk auf der Straße zugebracht hatte, ein paar nützliche Dinge organisiert. Eine goldene Armspange, die er in der Asche gefunden hatte, hatte ihnen zu Pferden verholfen und auch für das Bestechungsgeld gereicht, um an den Wachen vorbeizukommen. Die Wechsel, die Julius immer noch auf der Haut trug, waren zu groß, um außerhalb der Stadt eingelöst zu werden, und es machte ihn rasend, dass sie sich mit ein paar Bronzemünzen abgeben mussten, wo der Reichtum auf dem Papier so nahe war, aber eben nutzlos. Julius war sich nicht einmal mehr sicher, ob Marius’ Unterschrift überhaupt noch anerkannt wurde, vermutete jedoch, dass der gerissene Legat auch dafür vorgesorgt hatte. Er war auf so gut wie alles vorbereitet gewesen.
Julius hatte ein paar ihrer wertvollen Münzen für Briefe ausgegeben, die er Legionären mit in die Stadt gegeben oder zur Küste und bis nach Griechenland geschickt hatte.
Cornelia würde zumindest erfahren, dass er am Leben und in Sicherheit war, doch es würde sehr lange dauern, bis er sie wiedersehen konnte. Bevor er nicht mit neuer Kraft und Unterstützung zurückkehren konnte, war es ihm unmöglich, überhaupt zurückzukehren, und die Bitterkeit dieses Gedankens nagte an ihm, machte ihn müde und höhlte ihn aus. Marcus würde von der Katastrophe in Rom erfahren und nicht blindlings zurückkommen und nach ihm suchen, wenn seine Dienstzeit beendet war. Das war nur ein schwacher Trost. Sein Freund fehlte ihm wie noch nie zuvor.
Tausend andere Dinge, die er bedauerte, verhöhnten ihn, sobald sie ihm in Erinnerung kamen, und waren zu schmerzhaft, als dass er ihnen erlauben würde, Wurzeln zu fassen. Die Welt hatte sich für den jungen Mann von Grund auf verändert. Marius konnte nicht tot sein. Die Welt war leer ohne ihn.
Nach drei Tagen auf der Straße trabten die drei müden Reiter in die geschäftige Hafenstadt westlich von Rom hinein. Nachdem sie abgestiegen waren und die Pferde an einem Pfosten vor einem Wirtshaus festgebunden hatten, meldete sich Tubruk als Erster zu Wort.
Читать дальше