Honoré de Balzac - Die alte Jungfer

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Im Roman 'Die alte Jungfer' entführt der Autor den Leser nach Alencon und schildert anhand des Kampfes dreier Bewerber um die zweiundvierzigjährige Rose-Marie-Victoire Cormon, der reichsten Erbin der Stadt, die Habgier, die Borniertheit und den Dünkel der 'besseren' Gesellschaft, aber auch die politischen Kämpfe, wie sie kurz vor der Julirevolution 1830 auch für die französische Provinz kennzeichnend waren.

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Diese Mitteilung hatte für Du Bousquier tausendmal mehr Bedeutung als für den Chevalier de Valois, aber er allein und der Chevalier wussten um das Geheimnis, das erst im Laufe dieser Geschichte enthüllt werden wird. Zunächst genügt es, zu sagen, dass die Lüge Suzannes eine so große Verwirrung in den Gedanken des alten Junggesellen hervorbrachte, dass er zu einer ernsthaften Überlegung unfähig war. Ohne diese Benommenheit und einen gewissen heimlichen Stolz – denn jeder Gimpel geht seiner Eigenliebe auf den Leim – hätte er geglaubt, dass ein anständiges Mädchen hundertmal lieber gestorben wäre, ehe es eine solche Auseinandersetzung angeknüpft und Geld von ihm verlangt hätte. Er hätte in dem Blick der Grisette die grausame Gier des Spielers gesehen, der imstande wäre, einen Mord zu begehen, um sich einen Einsatz zu verschaffen.

»Du willst also nach Paris?« fragte er. Als Suzanne diese Frage hörte, blitzte in ihren grauen Augen die helle Freude auf; aber der glückliche Du Bousquier sah nichts.

»Ja, gewiss, Monsieur!« Du Bousquier hub seltsame Klagen an: Er hatte soeben die letzte Zahlung auf sein Haus geleistet, er musste den Maler, den Maurer, den Schreiner befriedigen; doch Suzanne ließ ihn reden, sie wartete darauf, dass er die Summe nennen würde. Du Bousquier bot hundert Taler. Suzanne spielte, was man im Kulissenstil einen falschen Abgang nennt, sie ging auf die Tür zu.

»Nun, wo willst du hin?« rief Du Bousquier unruhig. »Da hast du dir was Schönes eingebrockt«, sagte er zu sich selbst; »der Teufel soll mich holen, wenn ich ihr mehr als den Halskragen zerdrückt habe! ... Verflucht! Sie macht sich einen Scherz zunutze, um auf dich einen Wechsel, mit der geladenen Pistole in der Hand, zu ziehen!«

»Aber Monsieur«, schluchzte jetzt Suzanne, »ich gehe zu Madame Granson, der Schatzmeisterin des Mütterfürsorgevereins, die, soviel ich weiß, ein armes Mädchen im gleichen Fall sozusagen aus dem Wasser gezogen hat.«

»Madame Granson?« – »Ja«, erwiderte Susanne, »die Verwandte von Mademoiselle Cormon, der Vorsitzenden des Mütterfürsorgevereins. Mit Verlaub haben die Damen der Stadt da eine Einrichtung geschaffen, die manches arme Ding davon abhalten wird, ihr Kind umzubringen, wofür man vor drei Jahren in Mortagne die schöne Faustine d'Argentan mit dem Tode bestraft hat.« – »Da, Suzanne«, sagte Du Bousquier und reichte ihr einen Schlüssel, »öffne selbst den Sekretär, nimm den angebrochenen Beutel, welcher noch sechshundert Francs enthält; es ist alles, was ich besitze.«

Der alte Lieferant bekundete durch seine Niedergeschlagenheit, wie schwer es ihm wurde, gute Miene zum bösen Spiel zu machen.

›Alter Gauner‹ sagte Suzanne im stillen, ›ich werde von seinem Toupet erzählen.‹ Sie verglich Du Bousquier mit dem köstlichen Chevalier de Valois, der nichts gegeben, aber der sie verstanden, ihr einen Rat erteilt und der die Grisetten in sein Herz geschlossen hatte.

»Wenn du mich zum besten hast, Suzanne«, rief da Du Bousquier, als er sah, dass sie ihre Hand in der Schublade hatte ... »Nun«, meinte sie mit einer grandiosen Unverschämtheit, »Sie würden sie mir doch auch geben, wenn ich Sie darum bäte?«

Der Lieferant, der sich an der Ehre seiner Galanterie gepackt fühlte und an seine gute Zeit zurückdachte, ließ ein Knurren der Zustimmung hören. Suzanne nahm den Beutel und verließ das Zimmer, nachdem sie sich von dem alten Junggesellen hatte auf die Stirn küssen lassen, der dabei aussah, als kombinierte er ungefähr folgendes: ›Das ist ein Zoll, der mich teuer zu stehen kommt. Immerhin ist es besser, als vor Gericht als Verführer einer Kindesmörderin zu erscheinen.‹

Suzanne verbarg den Beutel in einer Art Markttasche aus feinem Weidengeflecht, die sie am Arm hatte, und fluchte dem Geiz Du Bousquiers, denn sie hatte tausend Francs haben wollen. Wenn ein Mädchen erst von einer Begierde besessen ist und sich auf den Weg des Betrages begeben hat, geht sie weit. Als die schöne Plätterin die Rue du Bercail entlangging, überlegte sie, dass der Mütterfürsorgeverein, dessen Vorsitzende Mademoiselle Cormon war, ihr vielleicht die Summe, die sie sich zur Bestreitung ihrer Ausgaben ausgerechnet hatte und die für eine Grisette aus Alençon sehr beträchtlich war, ergänzen würde. Überdies hasste sie Du Bousquier. Es schien, als ob der alte Hagestolz Furcht davor hatte, dass man sein angebliches Verbrechen Madame Granson verriet. Suzanne beschloss, auf die Gefahr hin, von dem Mütterfürsorgeverein nicht einen Sois zu erhalten, den ehemaligen Lieferanten bei ihrem Weggang von Alençon in die unentwirrbaren Schlingen eines Provinzklatsches zu verwickeln. Es steckt in der Grisette immer etwas von der Bosheit des Affen. Suzanne setzte also eine recht trübselige Miene auf, als sie bei Madame Granson eintrat.

Madame Granson, die Witwe eines Oberstleutnants der Artillerie, der bei Jena gefallen war, besaß als ganzes Vermögen eine kärgliche Pension von neunhundert Francs, hundert Taler Rente für sich selbst, außerdem einen Sohn, dessen Erziehung und Unterhalt ihre Ersparnisse aufgezehrt hatten. Sie bewohnten in der Rue du Bercail eins der armseligen Erdgeschosse, die der Reisende mit einem Blick übersieht, wenn er in die Hauptstraße der kleinen Stadt einbiegt. Es hatte ein Halbtor, das sich auf drei mächtigen Stufen erhob; ein Gang, an dessen Ende sich eine von einer Holzgalerie überdeckte Treppe befand, führte in den inneren Hof. Auf der einen Seite des Ganges lagen das Esszimmer und die Küche, auf der andern ein Salon für alle Zwecke und das Schlafzimmer der Witwe. Athanase Granson, ein junger Mann von dreiundzwanzig Jahren, wohnte in einer Mansarde über dem ersten Stockwerk des Hauses. Er brachte dem Haushalt seiner armen Mutter den Zuschuss von sechshundert Francs, die ihm ein kleiner Posten beim Gemeindeamt eintrug, wo er bei den Zivilstandsakten beschäftigt war, und den er dem Einfluss seiner Verwandten, Mademoiselle Cormon, verdankte. Nach diesen Angaben wird jeder Madame Granson in ihrem kalten Salon mit gelben Vorhängen und Möbeln aus gelbem Utrechter Samt vor Augen haben, wie sie nach einem Besuch die kleinen Schilfmatten wieder zurechtrückt, die sie vor die Stühle zu schieben pflegte, damit der gebohnerte rote Steinfußboden nicht beschmutzt würde; wie sie dann wieder mit ihrer Näharbeit ihren mit Kissen ausstaffierten Lehnstuhl am Arbeitstisch, der zwischen den beiden Fenstern unter dem Bilde des Oberstleutnants der Artillerie steht, einnimmt, von wo aus sie die ganze Rue du Bercail mit allem, was da kommt und geht, übersehen kann. Sie war eine gute Frau, die in bürgerlicher Einfachheit gekleidet war, wie es zu ihrem blassen Gesicht, das der Kummer förmlich ausgedörrt hatte, passte. Die unerbittliche Bescheidenheit der Armut zeigte sich in allen kleinen Nebendingen dieses Haushalts, der die rechtschaffenen, strengen Sitten der Provinz spiegelte. In diesem Augenblick befanden sich der Sohn und die Mutter in dem Esszimmer, wo sie zum Frühstück eine Tasse Kaffee nebst Butter und Radieschen zu sich nahmen. Um zu begreifen, welches Vergnügen der Besuch Suzannes Madame Granson bereiten sollte, ist es nötig, die geheimen Interessen der Mutter und des Sohnes darzulegen.

Athanase Granson war ein magerer, blasser junger Mann von mittlerer Figur, mit hohlem Gesicht, in welchem zwei schwarze, geistsprühende Augen wie zwei Kohlen funkelten. Die etwas gequälten Linien seines Gesichts, die Krümmungen des Mundes, sein vorspringendes Kinn, der regelmäßige Schnitt der marmornen Stirn, ein Ausdruck der Melancholie, der von dem Gefühl des Elends herrührte, das im Widerspruch zu der innern Kraft stand, deren er sich bewusst war, bekundeten einen begabten Menschen in Gefangenschaft. Überall anderswo als in Alençon hätte ihm seine Erscheinung den Beistand bedeutender Männer oder Frauen, die das Genie in seinem Inkognito erkannten, verschafft. War es nicht das Genie selbst, so war es doch die Form, die es annimmt; war es nicht die Kraft eines großen Herzens, so doch ein Leuchten, das sie dem Blick verleiht. Obwohl er die feinste Sensibilität der Seele hätte ausdrücken können, so war seine Schüchternheit doch so groß, dass sie fast die Anmut der Jugend zerstörte; auch ließ der Frost der Armut nichts Kühnes in ihm aufkommen. Das Provinzleben, ohne Erfolg, ohne Beifall, ohne Ermutigung, zog einen Kreis um ihn, in dem jeder Gedanke in der Knospe welken musste. Überdies hatte Athanase den spröden Stolz, den die Armut bei erlesenen Menschen züchtet, einen Stolz, der sie in ihrem Kampf mit Menschen und Dingen wohl erhöht, ihnen aber bei ihrem Fortkommen hinderlich ist. Das Genie verfährt auf zwei Arten: entweder nimmt es, was ihm gehört, sobald es dessen ansichtig wird, wie es Napoleon und Molière gemacht haben, oder es wartet darauf, dass man zu ihm komme, wenn es sich in der Stille offenbart hat. Der junge Granson gehörte zu der Klasse begabter Menschen, die sich selbst nicht kennen und leicht mutlos werden. Seine Seele war beschaulich, er lebte mehr im Denken als im Tun. Vielleicht wäre er jenen, welche sich das Genie nicht ohne das leidenschaftliche Flackern des Franzosen denken können, unvollkommen erschienen; doch war er mächtig in der Welt des Geistes, und er sollte durch eine Reihe innerer Kämpfe, die sich dem gewöhnlichen Blick entziehen, zu jenen plötzlichen Entschließungen gelangen, die deren Abschluss bilden und die Dummköpfe zu dem Ausruf veranlassen: Er ist verrückt. Die Verachtung, welche die Welt über die Armut ergießt, lähmte Athanase; die entnervende Atmosphäre einer beklemmenden Einsamkeit erschlaffte seinen Geist, der sich immer wieder aufs neue anspannte, ein schreckliches Spiel ohne jeglichen Erfolg, das die Seele ermüdete. Athanase hätte sich den ausgezeichnetsten Männern Frankreichs an die Seite stellen können; aber dieser Adler, der in einen Käfig gesperrt war, wo er kein Futter fand, war im Begriff, Hungers zu sterben, wiewohl sein glühendes Auge an den Weiten des Himmels und den Höhen, in denen das Genie schwebt, geschweift hatte. Obwohl seine Arbeiten im Gemeindeamt bei den Zivilstandsakten der allgemeinen Aufmerksamkeit entgingen, vergrub er seine nach Ruhm begehrenden Gedanken in seiner Seele, denn sie hätten ihm schaden können. Jedoch in noch tieferer Verborgenheit hielt er das Geheimnis seines Herzens, eine Leidenschaft, die seine Wangen aushöhlte und seine Stirn welk machte. Er liebte seine entfernte Verwandte, jene Mademoiselle Cormon, die seine unbekannten Rivalen, der Chevalier de Valois und Du Bousquier, umlauerten. Diese Liebe war von der Berechnung erzeugt worden. Mademoiselle Cormon galt für eine der reichsten Personen der Stadt: der arme Junge war also durch das Begehren nach materiellem Glück, durch den tausendmal gehegten Wunsch, die alten Tage seiner Mutter zu verschönen, durch die Sehnsucht nach einer behaglichen Existenz, die für geistig arbeitende Menschen so notwendig ist, dahin gebracht worden, sie zu lieben, und dieser recht unschuldige Ausgangspunkt entehrte seine Liebe in seinen Augen. Er fürchtete überdies, dass die Welt sich über die Liebe eines jungen Mannes von dreiundzwanzig Jahren zu einer Vierzigjährigen lustig machen würde. Trotzdem war seine Leidenschaft echt; denn alles, was auf diesem Gebiete sonst überall unpassend erscheinen muss, ist in der Provinz möglich. In der Tat, da die Sitten dort ohne Gewagtheiten, ohne Bewegung, ohne Geheimnis sind, machen sie die Heiraten notwendig. Keine Familie nimmt einen jungen Mann von lockeren Sitten auf. So natürlich in einer großen Stadt ein Liebesverhältnis zwischen einem jungen Mann wie Athanase und einem schönen Mädchen wie Suzanne erscheinen würde, in der Provinz ist es von Übel. Ein anstößiges Vorleben vereitelt von vornherein die Heirat eines armen jungen Mannes, während bei einer reichen Partie natürlich ein Auge zugedrückt wird. Zwischen der Verderbtheit gewisser Verhältnisse und einer echten Liebe kann ein vermögensloser gemütvoller Mann nicht zaudern: er zieht die Leiden der Tugend den Leiden des Lasters vor. Aber in der Provinz sind die Frauen, in die sich ein junger Mann verlieben kann, selten: ein schönes, reiches junges Mädchen würde in einem Lande, wo alles Berechnung ist, nie die Seine werden; ein armes schönes Mädchen zu lieben ist ihm untersagt, denn das hieße, wie die Provinzialen es ausdrücken, den Hunger mit dem Durst vermählen; eine mönchische Einsamkeit ist jedoch der Jugend unzuträglich. Diese Gründe geben die Erklärung, warum das Provinzleben so vornehmlich auf der Ehe begründet ist. Daher müssen glühende, heftig begehrende Naturen, die gezwungen sind, sich aus ihrer Notlage eine Unabhängigkeit zu schaffen, aus jenen kalten Regionen fliehen, wo das Geistesleben von einer brutalen Gleichgültigkeit verfolgt wird, wo keine Frau das Los eines Mannes der Wissenschaft oder eines Künstlers teilen möchte oder könnte. Wer vermag die Leidenschaft, die Athanase für Mademoiselle Cormon hegte, zu begreifen? Weder die Reichen, diese Sultane der Gesellschaft, die ihre Harems dort finden, noch die Spießbürger, welche auf der ausgetretenen Landstraße der Vorurteile einhertrotten, noch die Frauen, die der Leidenschaft der Künstler verständnislos gegenüberstehen und ihnen als Erwiderung ihre Tugenden entgegenhalten, weil sie glauben, dass die beiden Geschlechter von denselben Gesetzen regiert werden. Hier muss man sich wohl an die jungen Menschen wenden, die in der Zeit, wo alle ihre Kräfte sich spannen, unter ihren ersten unterdrückten Begierden leiden; an die an ihrem Genie krankenden Künstler, die in der Umklammerung der Not ersticken; an die mit Talenten Begabten, die oft jeden Halts und aller Freunde entbehren und über die doppelte Pein des Leibes und der Seele, welche gleiche Schmerzen verursachen, schließlich doch Sieger geblieben sind. Alle diese kennen die nagenden Schmerzen, die Athanase verzehrten; sie alle haben angesichts der großen Ziele, zu denen ihnen die Wege abgeschnitten waren, lange, ratlose Erwägungen in ihrem Hirn hin und her gewälzt; sie alle haben das Verdorren der Hoffnungskeime erfahren, wenn der Same des schaffenden Genies auf dürren Sand fällt. Sie wissen, dass die Kraft der Begierden im Verhältnis zu der Größe der Phantasie steht. Je höher sie sich aufschwingen, desto tiefer fallen sie; und wie viele Bande reißen nicht bei solchem Sturz! Ihr glühendes Auge hat wie Athanase eine Zukunft voll Glanz erblickt, die sie erwartete und von der sie sich nur durch einen dünnen Flor getrennt glaubten; diesen Flor, der ihre Blicke nicht aufhielt, hat die Gesellschaft in eine Mauer aus Erz verwandelt. Von einer Berufung, von der Liebe zur Kunst getrieben, haben sie wohl auch manchmal versucht, sich Gefühle, die die Gesellschaft fortwährend materiell ausnützt, zweckdienlich zu machen. Was! In der Provinz werden die Heiraten ganz und gar zu dem Zweck geschlossen, sich ein behagliches Dasein zu schaffen, und einem armen Künstler, einem Mann der Wissenschaft sollte es verboten sein, der Ehe eine doppelte Bestimmung zu geben, sie als Mittel zu gebrauchen, sich durch eine sichere Existenz die Möglichkeit der Gedankenarbeit zu schaffen? Von solchen Ideen bewegt, betrachtete Athanase Granson anfangs die Heirat mit Mademoiselle Cormon von dem Gesichtspunkt, dass er dadurch in den Stand gesetzt würde, seinem Leben eine bestimmte abschließende Richtung zu geben; er würde den Weg des Ruhms einschlagen, seine Mutter glücklich machen können, und er hielt sich für fähig, Mademoiselle Cormon treulich zu lieben. Bald schuf sich sein eigener Wille, ohne dass er dessen gewahr wurde, eine echte Leidenschaft: er beschäftigte sich eingehend mit dem alten Mädchen, und schließlich, durch den Zauber, den die Gewohnheit webt, kam er dazu, nur noch das Schöne in ihr zu sehen und ihre Fehler zu vergessen. Bei einem jungen Mann von dreiundzwanzig Jahren haben die Sinne einen so großen Teil an der Liebe! Ihre Glut erzeugt eine Art Prisma zwischen seinen Augen und der Frau. In dieser Hinsicht ist die Umarmung, in der sich Cherubin auf der Bühne Marcellines bemächtigt, ein genialer Zug bei Beaumarchais. Aber wenn man bedenkt, dass in der tiefen Einsamkeit, in welche die Not Athanase versenkte, Mademoiselle Cormon das einzige Wesen war, das seine Blicke anhaltend auf sich zog, und dass sie vom vollen Tageslicht beschienen war, wird man da nicht diese Liebe begreiflich finden? Das so sorgfältig verborgene Gefühl wuchs von Tag zu Tag. Die Wünsche, die Leiden, die Hoffnung, die Überlegung ließen den See, der sich in Athanases Seele ausbreitete und den jede Stunde um einen Tropfen Wassers vermehrte, still und allmählich anschwellen. Je mehr der innere Kreis, den die durch die Sinne gesteigerte Phantasie beschrieb, sich erweiterte, desto unnahbarer wurde Mademoiselle Cormon, desto mehr nahm die Schüchternheit Athanases zu. Die Mutter hatte alles erraten. Als echte Frau der Provinz berechnete sie naiv im Innern alle Vorteile dieser Sache. Sie sagte sich, dass sich Mademoiselle Cormon sehr glücklich schätzen müsste, einen hochbegabten jungen Mann von dreiundzwanzig Jahren, der der Familie und dem Lande Ehre machen würde, zum Gatten zu bekommen; aber die Hindernisse, die die Armut von Athanase und das Alter Mademoiselle Cormons in den Weg legten, schienen ihr unübersteigbar: sie wusste kein anderes Mittel, sie zu überwinden, als die Geduld. Wie Du Bousquier, wie der Chevalier de Valois, hatte wie ihre Politik, sie lauerte den Umständen auf, sie wartete mit der ganzen Schlauheit, die der mütterliche Eigennutz verleiht, auf den günstigen Moment. Dem Chevalier de Valois misstraute Madame Granson keineswegs, aber sie war der Meinung, dass Du Bousquier, obwohl er einen Korb bekommen hatte, noch Ansprüche gehend machte. Madame Granson war die geheime und sehr gewandte Feindin des alten Lieferanten und fügte ihm erhebliches Übel zu, um ihrem Sohn, dem sie übrigens noch nichts von ihren heimlichen Umtrieben gesagt hatte, zu nützen. Wer begriffe jetzt nicht, welche Bedeutung die Lüge Suzannes, wenn sie sie erst einmal Madame Granson anvertraut hatte, erlangen musste! Welche Waffe in den Händen der Wohltätigkeitsdame, der Schatzmeisterin des Mütterfürsorgevereins! Wie sie die Neuigkeit leise herumtragen und mitleidig frömmlerisch für die keusche Suzanne Almosen sammeln würde!

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