Übertragen auf die Feuerwehr beschreiben Führungsprozesse solche, die politisch, fachliche und personelle Ausrichtungen und Auswirkungen besitzen oder mit sich [16]führen. Eine Zusammenstellung von wichtigen Führungsprozessen ist in der durch die Politik zu beschließenden Brandschutzbedarfsplanung zu finden. Hier werden strategische Entwicklungen, Planung und Steuerung von Ressourcen sowie die daraus resultierenden finanziellen Entwicklungen beschlossen, die es anschließend zu konkretisieren gilt. Kernprozesse hingegen sind Prozesse, die zur Bewältigung der Kernaufgaben und der Verwaltung in den jeweiligen Anwendungsbereichen dienen. Hierzu zählen beispielsweise die Durchführung der Brandverhütungsschau, die Bemessung von Personalansätzen für Veranstaltungen oder die Einsatzberichterstellung zur anschließenden Abrechnung von Einsätzen. Damit Führungs- und Kernprozesse grundsätzlich funktionieren können, sind Unterstützungsprozesse notwendig, welche die Basis bilden. Ohne den Zugang und Zugriff auf das Berichtswesen der Einsatzberichterstellung kann eine Abrechnung nicht erfolgen.
Workflow
Ein »[…] formal beschriebener, ganz oder teilweise automatisierter Geschäftsprozess […]« (Gadatsch, 2015, S. 5 f.) wird als Workflow bezeichnet. Workflows zeichnen sich grundsätzlich durch einen hohen Detaillierungsgrad aus. Berücksichtigt werden zeitliche, fachliche und ressourcenbezogene Spezifikationen, welche für automatisierte Steuerungsabläufe erforderlich sind. Während der Geschäftsprozess den Fokus auf betriebswirtschaftliche Aspekte und die Darstellung der Abfolge von Arbeitsschritten legt, zielt der Workflow auf die detaillierte technische Beschreibung der Arbeitsschritte ab.
Das konkrete Ausführen eines Workflows wird als Workflow-Instanz bezeichnet (vgl. Obermeier et al, 2014, S. 114).
Beispiel:
Nach § 27 BHKG – Brandsicherheitswachen sind Veranstaltungen, bei denen eine erhöhte Brandgefahr besteht und bei Ausbruch eines Brandes eine große Anzahl von Personen gefährdet ist, der Gemeinde rechtzeitig anzuzeigen, sodass die Gemeinde darüber entscheidet, ob eine Brandsicherheitswache erforderlich ist. In einer vereinfachten Form ist der zu Grunde gelegte Geschäftsprozess die Überprüfung der gemeldeten Veranstaltung, die Feststellung der Notwendigkeit von Brandsicherheitswachen, die Durchführung der Brandsicherheitswache sowie die anschließende Abrechnung der Brandsicherheitswache.
Der Workflow »Abrechnung« hingegen beschreibt detailliert, welche Dokumentenvorlagen zur Abrechnung der Stunden seitens der Brandsicherheitswache verwendet werden müssen, welches Abrechnungssystem zu verwenden ist und wie die durch die Sachbearbeitenden unterschriebene Rechnung über die Hauspost an den Veranstalter versendet wird.
[17]Geschäftsprozessmanagement
Geschäftsprozessmanagement (GPM), auch Business Process Management (BPM) genannt, beschreibt ein ganzheitliches System aus Führung, Organisation und Controlling um Geschäftsprozesse zielgerichtet zu steuern (vgl. Schmelzer & Sesselmann, 2016, S. 6). Die Aufgabe des GPM ist eine permanente Verbesserung der Prozesse hinsichtlich Aktualität, Leistungsfähigkeit und Qualität (vgl. Gadatsch, 2017, S.1 ff.). Die zentralen Bestandteile des GPM »strategisches Prozessmanagement«, »Prozessentwurf«, »Prozessimplementierung« und »Prozesscontrolling« bilden die Basis des Geschäftsprozessmanagement-Kreislaufs.
Bild 2: Geschäftsprozessmanagement-Kreislauf, in Anlehnung an (Allweyer, 2005, S. 1)
Ausgehend von dem strategischen Prozessmanagement, welches sich den im Unternehmen vorhandenen Prozessen widmet, werden in der Prozessentwurfsphase Geschäftsprozesse identifiziert, in der Prozessimplementierung umgesetzt sowie durch ein geeignetes Prozesscontrolling kontinuierlich überwacht (vgl. Feldmayer & Seidenschwarz, 2005, S. 64 f.). Der Geschäftsprozessmanagement-Kreislauf zeichnet sich dadurch aus, dass er fortwährend durchlaufen wird, um so die Effizienz und Effektivität der Geschäftsprozesse kontinuierlich zu verbessern.
[18]3 Dokumentation und Modellierung von Prozessen
Ein wesentlicher Bestandteil des Geschäftsprozessmanagements ist die Auswahl eines geeigneten Prozessmodells und dessen Dokumentation. Im folgenden Kapitel wird ein Überblick über Modellierungskonzepte und eine für die Feuerwehr im besonderen Maße geeignete Notationsform gegeben.
3.1 Modellierungskonzepte
Je komplexer ein Prozess, desto schwieriger gestaltet es sich diesen für bislang Unbeteiligte nachvollziehbar und verständlich aufzubereiten und auszuführen. Aus diesem Grund wurden in den vergangenen Jahren verschiedene, diagrammbasierte Visualisierungsmethoden zur grafischen Darstellung entwickelt, welche die Konstruktion, Wartung und Anwendung von Geschäftsabläufen sowie die Verwaltung unterstützen sollen. Konstruieren beschreibt hierbei, ähnlich wie bei der technischen Produktion von Waren, die Abbildung eines Geschäftsprozesses, sodass seine Ausführung möglich wird. Den diagrammbasierten Modellierungskonzepten werden verschiedene Modellierungskonzepte zu Grunde gelegt, die in daten-, kontrollfluss- und objektorientierte Methoden zusammengefasst werden können (vgl. Gadatsch, 2015, S. 15 f.).
Datenflussorientierte Methoden stellen die relevanten Daten (Informationen) eines Prozesses in den Vordergrund und analysieren verschiedene Einzeltätigkeiten. Modellierungen mit datenflussorientierten Methoden erschweren es aus dem Diagramm einzelne, unterschiedliche Prozessschritte herauszustellen, da sie den Fokus auf den Fluss der Daten legen (vgl. Gadatsch, 2012, S. 64). Kontrollflussorientierte Methoden hingegen stellen die einzelnen Abläufe der Tätigkeiten in den Vordergrund der Modellierung. Der Fokus der Modellierung liegt somit auf dem Prozess als solchen und nicht darauf, welche Daten verarbeitet werden sollen. Methoden der Objektorientierung stammen aus der Softwareentwicklung und verfolgen die Idee, Funktionen und Daten zu Objekten zusammenzufassen und diese für die weitere Verwendung aufzubereiten (vgl. Gadatsch, 2012, S. 64).
Grundgedanke des vorliegenden Buches ist es, die innerhalb der Feuerwehr vorhandenen Prozesse zu identifizieren, zu sammeln, einen Ansatz zur Erhebung aufzuzeigen und letztendlich zu optimieren. Vorhandene Strukturen, fehlende [19]Beschreibungen und heterogene Abläufe machen es notwendig, eine flexible, für die Analyse des eigentlichen Prozesses notwendige Methode der Darstellung auszuwählen, die bei Bedarf auch eine detaillierte Beschreibung zulässt. Folglich bietet sich eine Modellierungsmethode aus dem Bereich der kontrollflussorientieren Konzepte an, die den Schwerpunkt auf die Notation der Geschäftsprozesse legt und einen internationalen Standard darstellt. Aus diesem Grund wird die in der ISO/IEC 19510:2013 beschriebene Notationsform Business Process Model and Notation (BPMN) in der Version 2.0.1 verwendet, die im Folgenden erläutert wird.
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Praxis-Tipp: Die Verwendung eines internationalen Standards ermöglicht nicht nur die Nutzung eines vorhandenen Modellierungsbaukastens für den internen Dienstgebrauch, sondern auch die vereinfachte Kommunikation und Darstellung von Sachverhalten und Abläufen für externe Dritte, insbesondere bei nationalen oder europaweiten Ausschreibungen. |
Business Process Model and Notation
Ein Grundsatz von Business Process Model and Notation (BMPN), zu dt. Geschäftsprozessmodell und -notation, ist die verständliche und einfache Visualisierung von Geschäftsprozessen (vgl. Moser, 2015, S. 59), ohne vertiefte Grundkenntnisse in der Art und Weise der Darstellungsform. In Bild 3 werden verschiedene Symbole verwendet. Auch ohne Vorkenntnis der verschiedenen Symbole, ist der Prozess »Notrufannahme und Fahrzeugdisposition« verständlich dargestellt. Aufgrund eines nicht näher beschriebenen Ereignisses (Startereignis = runder Kreis mit dünner Linie) setzt der Notrufende einen Notruf (Nachrichtensymbol = Briefumschlag) ab, um qualifizierte Hilfe zu erhalten. Die Nachricht des Notrufenden wird in der Leitstelle durch einen der Disponierenden angenommen und bearbeitet (Aufgaben des Disponierenden = Rechteck mit abgerundeten Ecken in normaler Linienstärke). In der Bearbeitung werden unterschiedliche Informationen erfragt, die zur weiteren Disposition relevant sind. Anschließend werden Einsatzmittel zur Einsatzstelle entsendet (Aufgabe des Disponierenden = Rechteck mit abgerundeten Ecken in normaler Linienstärke). Im weiteren Verlauf erwartet der Notrufende die Einsatzkräfte (Aufgabe des Notrufenden = Rechteck mit abgerundeten Ecken in normaler Linienstärke), sodass idealerweise eine Einweisung zum tatsächlichen Notfallort erfolgen kann. Das ursprüngliche Ereignis wird je nach konkreter Situation »abgearbeitet« (Endereignis = runder Kreis mit dicker Linie).
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