1 ...7 8 9 11 12 13 ...22 Die Geräusche von den Gleitern auf der Straße und das leise Rauschen des Windes in der Gasse kamen ihm ohrenbetäubend vor. Blaise sah zu seinen Begleitern hinüber und erkannte, warum.
Weder Bannon noch Louisa sagten ein Wort. Stattdessen starrten sie ihn beide an, ohne nach vorne zu schauen. Bannon stieß beinahe mit einem Mann zusammen, der seinen Hund ausführte, als sie die Gasse verließen.
Blaise packte seinen Bruder am Arm und lenkte ihn um den erschrockenen Pudel herum. »Warum starrt ihr mich beide so an?«
»Wir versuchen herauszufinden, wie lange du vorgeben kannst, dass Ashbourne keine Wirkung auf dich hat.« Das kam von Bannon.
»Ashbourne hat keine Wirkung auf mich.« Lügner. Wieder erfasste ihn dieser kleine Schauer und setzte ein Ausrufezeichen hinter seine Lüge.
»Uh-huh, das sehe ich.«
Frag nicht. Genau das will er doch. Seufzend ignorierte Blaise die viel klügere Stimme in seinem Kopf. »Was soll das denn heißen?«
Bannon kicherte und ging an ihm vorbei zu ihrem Gleiter, der gerade am Straßenrand angehalten hatte. Er öffnete die Tür und ließ die Stufen ausfahren. Als er ohne ein weiteres Wort hineinstieg, sah Blaise zu Louisa.
Sie lächelte und fragte: »Wo ist dein Krawattentuch, Redding?«
Was? Blaise schaute nach unten, griff sich an den Hals und fand tatsächlich nur nackte Haut. Verflucht! Kein Wunder, dass sein Hals sich so kalt anfühlte.
Townsend Castle, Classige, Pruluce (Residenz der königlichen Familie von Regelence)
»Verdammter Mist!« Das kalte Wasser spritzte über seine Vorderseite und ergoss sich über seine polierten Stiefel auf den grünen Marmorboden. Während seiner Zeit im aktiven Militärdienst hatte Dalton eine ganze Menge Verwerfliches gesehen und getan, aber es gab Dinge, die sogar für ihn zu heimtückisch waren. Wie zum Beispiel… einen Mann mit Wasserbomben zu bewerfen, sobald er durch die Tür kam.
Während er noch tropfend da stand, brach die Eingangshalle des Schlosses in vielstimmiges Gelächter aus.
Dalton starrte finster hinauf zu seinen Cousins, die auf der Galerie standen. Offenbar hatten sie nicht dieselben Gewissensbisse. Er fuhr sich mit der Hand über die Stirn und wischte die Flüssigkeit weg – er führte die Finger zum Mund und berührte sie zaghaft mit der Zunge; ja, zum Glück war es nur Wasser. So viel zu einem Willkommen zu Hause. Jetzt wusste er auch, warum Jeffers ihn nicht begrüßt hatte.
Wie aufs Stichwort sagte der Butler: »Guten Morgen, Lord Ashbourne.«
»Morgen, Jeffers. Danke für die Vorwarnung.«
»Ich habe Euch nicht vorgewarnt, Mylord. Ich wurde angewiesen, die Tür nicht zu öffnen.« Der gute alte Jeffers. Sarkasmus ging komplett an ihm vorbei.
»Das dachte ich mir.« Mit zuckenden Lippen nahm Dalton den geplatzten roten Ballon von seiner Stiefelspitze, wo er nach der kurzen Begegnung mit seinem Gesicht gelandet war.
»Wir haben jemand anderen erwartet.« Mit einer blauen Wasserbombe in der einen Hand und einer gelben in der anderen eilte Aiden die Treppe herunter.
»Und ich dachte, das wäre mein Empfang. Ich weiß nicht, ob ich beleidigt sein soll, dass ihr es vergessen habt, oder froh, dass ich nicht das eigentliche Ziel war.«
Aidens Stiefsohn Jeremy – der es vorzog, mit seinem Spitznamen Trouble angesprochen zu werden, statt mit seinem Titel Marquis of Winstol – schlenderte hinter einer Ritterrüstung neben dem Frühstückszimmer hervor und trug ebenfalls zwei Wasserbomben in den Händen.
Auf der Galerie hörte man Tarren glucksen und Muffin spähte um den Treppenaufgang zu Daltons Rechten herum.
Colton gesellte sich zu Aiden, während er sich Freudentränen aus den Augenwinkeln wischte und sich mit einer Hand den Bauch hielt. »Tut mir wirklich leid, Satansbraten.« Er war der Einzige, der nur noch einen Ballon besaß.
»Wir dachten, du wärst Wentworth«, sagte Muffin.
Ah, also war Wentworth die unglückliche Zielperson. Was erklärte, warum Colton als Erster geworfen hatte – er hatte versucht, seinen Consort zu überfallen.
»Mach dir keinen Kopf. Darf ich mir den mal ausleihen, werter Cousin?« Ohne auf eine Antwort zu warten, schnappte sich Dalton den gelben, mit Wasser gefüllten Ballon aus Aidens Hand und warf ihn Colton ins Gesicht.
Colton prustete ganze zwei Sekunden lang recht spektakulär vor sich hin und schleuderte dann seinen verbliebenen Ballon auf Daltons Brust.
»Aaah…« Der hier war sogar noch kälter als der letzte. »Colton, du bist so tot.«
Danach war jeder auf sich allein gestellt. Ballons flogen durch die Luft und Wasser spritzte umher. Alle suchten nach Deckung, lachten und schlitterten über den Marmorfußboden. Bei der Galaxie, wie hatte er das vermisst. So viel Spaß hatte er seit mindestens zwei Wochen nicht mehr gehabt.
Er raste zum Arbeitszimmer und stürzte durch die Tür, wobei ihm Muffin dicht auf den Fersen war. Dann drückte er sich neben der Tür an die Wand und fühlte sich wie ein Kind, das Verstecken spielte.
Die Tür schloss sich mit einem Klick und Muffin nahm den Platz neben ihm ein. Sie war kaum weniger durchnässt, als er sich fühlte. Ihr hübsches rotes Haar klebte ihr im Gesicht und Wasser rann über ihr Kinn, als sie lächelnd zu ihm aufsah, wobei sie zwei fehlende Vorderzähne entblößte. »Ich bin auf deiner Seite, Dalton«, sagte sie und reichte ihm eine lilafarbene Wasserbombe.
»Vielen Dank, Mylady.« Nachdem er sie entgegengenommen hatte, verbeugte er sich vor ihr und streckte die Hand aus, um ihre Schulter zu tätscheln, doch bevor er sie erreichen konnte, wurden sie von einem lauten Ruf unterbrochen.
»Was in aller…?«
Dalton zuckte zusammen und Muffin quietschte. Vielleicht war sie auch zusammengezuckt, doch da war Dalton sich nicht sicher. Er hatte bereits begonnen, nach dem Ursprung des Schreis zu suchen.
Hinter dem wuchtigen Mahagoni-Schreibtisch stand Onkel Raleigh und hielt die Hände in einer ungläubigen Geste auf Schulterhöhe in die Luft. Neben ihm auf dem Bürosessel saß Onkel Steven, der ein wenig benommen und ziemlich zerknittert aussah. Bei näherem Hinsehen entdeckte Dalton, dass Onkel Raleighs Krawattentuch teilweise gelöst worden und sein tiefschwarzes Haar zerzaust war. Es schien, als hätten Dalton und Muffin hier etwas unterbrochen. Was auch erklären würde, warum Raleigh der Wasserschlacht nicht schon längst ein Ende gemacht hatte. Offensichtlich hatte er sie nicht gehört.
Pure Heiterkeit sprudelte in Dalton über und brach sich in lautem Lachen Bahn. »Bei der Galaxie, es ist schön, wieder zu Hause zu sein.«
Muffin starrte ihn mit großen blauen Augen an, dann wanderte ihr Blick zum König und zu seinem Gemahl, bevor sie die Tür aufriss und flüchtete.
Ein lautes Ächzen einer männlichen Stimme, ein Platschen und ein leises, feminines Quietschen folgten auf ihren Rückzug.
Dalton lachte so heftig, dass ihm der Bauch wehtat.
Onkel Raleigh allerdings wirkte nicht einmal annähernd so amüsiert. Kopfschüttelnd fuhr er sich mit den Fingern durch die Haare und sagte: »Willkommen zu Hause, Ashbourne.« Schließlich spielte doch ein Lächeln um seine Mundwinkel. »Ich schätze, ich kann dich nicht dafür verantwortlich machen, da du gerade erst angekommen bist?«
Dalton schüttelte den Kopf und deutete auf seine durchnässte Uniform. »Ich bin ein unschuldiges Opfer.«
Onkel Steven presste die Lippen zu einer dünnen Linie zusammen, doch das Beben seiner Schultern und das Funkeln in seinen Augen waren nicht zu übersehen. Er sah zu Raleigh hinauf und räusperte sich. »Und mich kannst du auch nicht dafür verantwortlich machen, weil ich hier drin bei dir war.«
Stöhnend verpasste Raleigh Stevens Ohr einen leichten Klaps.
»Au.« Steven legte die Hand auf den malträtierten Körperteil. »Das ist häusliche Gewalt, Cony.«
Читать дальше