Wenn der Verlobte seiner Liebsten ein Lied singt und das ohne Gefühl tut, ist das schräg. Und wenn es nur um seine eigenen Gefühle geht, ist es doppelt schräg. Für mich geht es beim Lobpreis eher darum, Gott mein Herz hinzuhalten und ihm zu sagen: „Ich folge dir nach. Ich vertraue dir. Ich danke dir. Ich liebe dich.“
Eine Begebenheit hat meine Vorstellung von Lobpreis sehr beeinflusst. Ich war zu Besuch in einer Gemeinde in den USA. Im Gottesdienst wurde für eine Mutter gebetet und ihr wurden die Hände aufgelegt. Sie hatte in der letzten Woche ihren erwachsenen Sohn beim Absturz eines kleinmotorigen Flugzeugs verloren. Die Gemeinde nahm Anteil und trauerte mit ihr. Es ging allen sehr nahe. Im weiteren Verlauf des Gottesdienstes gab es auch einen Lobpreisteil mit einer Band. Als ich so mitsang, entdeckte ich auf einmal direkt vorne an der Bühne die Mutter, deren Sohn in der Woche zuvor verstorben war. Sie hatte ihre Hände zu Gott ausgestreckt, betete, sang und tanzte zur Musik für Gott. Ich konnte es kaum glauben. Die Mutter hatte gerade ihren Sohn verloren und nun lobte sie Gott? Mich hat das echt berührt: Wer bin ich, dass ich mich oft nicht danach fühle, Gott zu danken und ihn anzubeten? Und auf der anderen Seite ist diese Mutter, die trauert und trotzdem Gott von Herzen loben und auch noch dabei tanzen kann.
Sicher gehört es dazu die Höhen und Tiefen wie sie z. B. in den Psalmen beschrieben werden, zu Gott zu bringen. Zu ihm können wir kommen und trauern und klagen und weinen und auftanken. Das alles hat seinen Stellenwert. Aber wie oft beschränken wir uns mit der Musik im Gottesdienst auf uns und unsere Bedürfnisse, anstatt damit Gott zu ehren und ihm zu danken?
Lobpreis ist vielschichtig. Die Zeit im Gottesdienst kann dazu dienen, einen Raum zu schaffen, in dem Menschen Gott begegnen können. Durch die Emotionen der Musik und der Kraft der Texte, kann eine Atmosphäre gestaltet werden, die Glauben fördert. Was für eine besondere Zeit!
Ich möchte dich ermutigen, über deine Erwartungen an solch eine Zeit nachzudenken. Forsche in der Bibel nach, was dort dazu steht. Wir sind häufig so sehr allein von unserem Umfeld geprägt, von der Kirche, in der wir sind und von der Art, wie wir Lobpreis kennengelernt haben. Dabei muss man nur kurz bei Wikipedia unter Lobpreis schauen, um zu sehen, dass die Art und Weise, wie wir heute Lobpreis definieren, noch gar nicht so alt ist (erst wenige Jahrzehnte). Vielleicht ist es an der Zeit, dies genauso fortzusetzen. Aber vielleicht ist es auch an der Zeit, manches zu überdenken oder völlig neue Wege zu gehen. Neue Wege – vielleicht gerade mit dir und deiner ganz eigenen Art?
Die nächsten Schritte
Beantworte doch die folgenden Fragen in deinem Team.
• Was ist für dich Lobpreis?
• Was heißt für dich, ganzheitlich Gott zu ehren?
• Wie kann dein Leben die Lieder unterstützen?
• Wie gehst du mit deinen Schwächen und deinem falschen Verhalten um?
• Welche Person teilst du dich dies bezüglich mit?
2 DEINE ART
Neulich habe ich mir auf YouTube Videos verschiedener Sänger und Künstler angeschaut, von denen viele total kreativ und begabt waren. Zum Beispiel sang ein Sänger zunächst mit einer brillanten Männerstimme, und im nächsten Moment – Oktaven höher – mit einer wunderbaren Frauenstimme weiter! Bei anderen faszinierte mich, welche Performance sie auf die Bühne brachten. Und während ich so von einem Video zum anderen klickte, kamen mir die Tränen. Ich bin eigentlich nicht der Typ, der nah am Wasser gebaut hat und dem schnell die Tränen kommen (ehrlich nicht). Aber auf einmal tat mir das Herz weh: So viele begabte Menschen, die ihre Fähigkeiten ausleben! Überall. Mit so unterschiedlichen Liedern und Aktionen und auf so unterschiedlichen Bühnen. Und wie selten sehe ich solche Menschen in den Kirchen! Das tat mir weh.
Es ist für mich wie in folgendem Beispiel: Da ist ein Vater, der seinem Sohn einen Ball schenkt. Der freut sich riesig über das Geschenk, kickt und wirft damit herum, spielt mit seinen Freunden, probiert Tricks und Kniffs aus und hat wirklichen Spaß mit dem Ball. Der Vater freut sich natürlich mit seinem Kind und ist froh, das passende Geschenk gemacht zu haben. Doch wenn sein Kind in seine Nähe kommt, hört es einfach sofort auf zu spielen, obwohl sein Vater so gerne auch mal ein paar Würfe mit ihm machen würde. Er kennt ja auch noch ein paar Tricks und würde sich freuen mit seinem Sohn und mit dem Geschenk zusammen Spaß zu haben. Aber aus irgendwelchen Gründen, spielt das Kind nur ohne seinen Vater mit dem Ball. Es hat einfach Freude an dem Ball und keinen Blick mehr für seinen Vater. Die Möglichkeit, mit ihm zusammen Ball zu spielen, erscheint für es so abwegig und schräg.
Ich sehe so viele begabte Künstler auf diversen Bühnen. Mein Wunsch ist es, dass diese Menschen ihre Begabungen auch in der Kirche und für Gott einbringen. Dies ist für mich so wie das Spielen mit dem Vater. Es ist doch klar: Wir können mit den Begabungen überall Spaß haben und mit Freunden „rumkicken“. Gott freut sich darüber. Und wie ein Vater freut er sich auch, wenn wir genau das mit ihm teilen.
Wenn man heute Kreativität und Qualität sehen oder hören möchte, denkt man leider nicht sofort an Kirche. Man denkt eher an Musicals, Theater, Museen oder auch an die Wirtschaft. Gott ist der Schöpfer der Kreativität. Er hat alles erschaffen und erdacht – auch uns und unsere Begabungen. Darum wünsche ich mir von Herzen, dass wir in unseren Kirchen einen immer größeren Raum schaffen, in dem Künstler sich wohl fühlen, sich einbringen können und ihre Gaben weiter ausbauen. Kunst und Musik zu gestalten ist ein Geschenk. Und ich glaube, dass dieses Geschenk der Kreativität noch schöner erblüht, wenn wir mit dem Schöpfer der Kreativität zusammen „spielen“.
Unser Vater im Himmel hat uns alle beschenkt: mit Gaben, Fähigkeiten und Talenten. Sehr unterschiedlich und sehr einzigartig. An diesen Gaben sollen und dürfen wir Spaß haben und uns damit beschäftigen. Denn warum sonst hat uns Gott befähigt? Um im Bild zu bleiben: Gott hat uns nicht nur beschenkt, er hat jedem von uns auch ganz unterschiedliche Arten von Bällen gegeben. Dem einen gab er einen „Beach-Volleyball“, mit dem man Spaß hat und der einfach für gute Laune steht. Dem anderen einen kleinen „Golfball“, für den nicht nur viel Geschick und Konzentration nötig sind, sondern auch ein ganz anderes Umfeld. Und vielleicht hast gerade du einen „Medizinball“ bekommen und wunderst dich, warum er so schwer ist. Aber auch dieser „Ball“ ist zum Spielen da – und dazu kräftigt er und kann z. B. in einer Reha-Maßnahme sogar den Heilungsprozess beschleunigen.
Darum noch einmal: Wir sind alle unterschiedlich geschaffen und begabt. Vielleicht hast du eine Fähigkeit, die andere einfach erfreut und gute Laune bringt. Deine Musik oder deine Stimme verbreitet mehr als nur eine gute Atmosphäre. Jemand anderes ist vielleicht sehr präzise und konzentriert und kann einen ganz anderen Part im Team ausfüllen. Wiederum jemand anders wundert sich, warum seine Art der Musik immer so „schwer“ daher kommt – vielleicht für ihn, für andere oder beim Üben. Aber dennoch bewirkt seine Art und seine Begabung, dass Menschen gestärkt werden und Heilung erfahren.
Wie immer deine Begabung aussieht und sich anfühlt: Gott hat sie dir geschenkt. Vergleiche dich nicht mit anderen! Denn dadurch wirst du entweder entmutigt oder stolz. Sehr oft wünscht man sich auch solch eine Stimme, die jemand anders hat, oder man würde gerne das Instrument so virtuos spielen können wie Person XY. Was bringt das? Oft mehr Frust als Lust. Finde gerade als Sänger ein Ja zu deiner eigenen Stimme. Sei dankbar für das, was Gott dir gegeben hat und versuche einfach, an deinem eigenen „Spiel“ zu arbeiten. Versuche nicht, mit einem Golfball Beachvolleyball zu spielen. Das geht ins Auge. Darum ist es unendlich wichtig, dass man zum einen erkennt, worin man begabt ist, und zum anderen, dass man seiner Begabung gemäß handelt, darin lebt und daran arbeitet. Nimm deine Begabungen von Gott an. Übe deine „Würfe“ und trainiere deine Fähigkeiten.
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