Der Raum krümmt sich und wir uns
in ihm – ich woge in Gedanken.
Unsere Körper folgen unseren Schatten,
wir verformen uns, werden zu Ellipsen.
Kullern benommen die Milchstraße runter,
die in den Mikrokosmos unserer Köpfe führt.
Die Nichtexistenz von Räumen liegt außerhalb
unseres unendlich beschränkten Verstandes.
Sehen wir in die Weite, blicken wir als zerstäubende
Wechselwirkungen in die Materie – wir sind Weich-
körper mit festen und sich ändernden Überzeugungen.
Vielleicht gibt es uns nur, wenn wir grad gedankenlos sind.
Das unvermeidbar an die Sprache Gebundensein:
ein Zeigefinger, der leicht gebeugt auf den Himmel zeigt.
Beständig sein können, was man fühlt, ohne Differenz?
Ein zeitloses Lächeln durchzuckt das Universum.
Das kosmische Gedicht, das jemand vor Zeiten zu rezitieren begann
und dessen letzte Strophe voraussichtlich seine erste ist.
II
Wir schaffen das
Gute Menschen
Für Unnachgeborene
Es gibt kein reines Wasser mehr,
atmen fällt nicht leichter,
es wird nicht mehr kälter,
Mobilität kennt kein Weniger,
Gletscher wachsen nimmer,
Das haben wir uns verdient.
Wir sind gute Menschen.
Meeresspiegel senken sich nicht,
Böden verdauen kein Gift ohne Unterlass.
Das Endlager für all unseren Müll
werden wir niemals finden und wenn,
wird’s unverschämt klein sein.
Das haben wir uns verdient.
Wir sind gute Menschen.
Leisten uns den Luxus zu verzichten
und unter Applaus darüber zu sprechen.
Doch heißt Verzichten nicht,
dass wir auf irgendetwas verzichten müssen.
Die Grundbedürfnisse mehren sich,
sind niemals zu befriedigen.
Wir schaffen das.
Viele von uns noch unversehrt von Kriegen,
wenige unberührt von Erzählungen darüber.
Wir verdienen nichts als Wachstum,
das uns nachhaltig vernichten wird.
Immerhin wird die Erde für uns tröstlich
langsam unbelebbar – definiere Hoffnung.
Wir schaffen das.
Können bis zuletzt vom Glauben zehren,
dass wir etwas hätten dagegen tun können.
Selbstbestimmt leben und sterben,
selbstbestimmt tot sein,
wer’s glaubt, wird selig.
Wir sind gute Menschen.
Wir schaffen das.
Die einzig wirklich relevante Frage
auf globalen Podien aber bleibt:
Wer kommt für die Kosten
der nicht enden wollenden
Selbstzerstörung auf?
Lasst uns drüber schlafen.
Wir schaffen das.
Die Schatten unserer Hände kreisen
über weißem Papier.
Im Namen des heiligen Nichts
verschweigen wir dieses Gedicht.
Da fallen Steine von unseren Herzen.
Weltgeschehenmüde heben wir sie
gegen die Sonne: Bernsteine!
In jedem von ihnen schläft ein Mensch.
Die Zukunft wird zur Trauer um etwas,
das nicht mehr ist.
Wir sind gute Menschen.
Wir schaffen das.
Überlassen unser Haus nicht kampflos
den Ratten, die zuerst wir selber sind.
Lasst uns jetzt der Blumen gedenken,
die nach uns blühen werden,
den neuen Blumen,
die wir nicht mehr sehen,
nicht mehr riechen können.
Lasst uns der Welt nach uns gedenken,
die uns zu Füßen liegen wird wie keine davor.
Schichten
Dieses Gedicht soll an Gedichte erinnern,
auf die längst kein Auge mehr trifft.
Dieses Gedicht soll sich ausmalen,
wann es selbst vergessen sein wird.
Dieses Gedicht soll dir sagen, wie du dich gerade fühlst,
ohne es auszusprechen – erinnerst du dich?
Blick aus der Vergangenheit
Bin außer mir, mein Gedächtnis: eine geplünderte Burg,
ich als Geist darin lebend – oder als Geisterjäger
vor dem Kamin, nach erfolgloser Jagd
meine Hände wärmend.
Im Licht des Feuers flackern, gemalt in Öl,
die Gesichter meiner Vorfahren auf,
gehängt in einem weitläufigen Saal,
durch den ich mit einem Becher Wein schreite,
mit ihnen so lange Zwiesprache haltend,
bis ich filmreif in der Gegenwart ankomme
und auf einen Balkon trete:
Im Licht einer elektrischen Straßenlampe
schwirren zahllose Mücken ihrem Tod entgegen,
am Himmel glaube ich Glänzendes zu sehen.
Ich kneife die Augen zusammen, vermag jedoch weder die aus dem Dienst entlassenen Satelliten und Raumsonden noch deren zusammenprallende Teile zu erkennen. Diese Artefakte in der Erdumlaufbahn werden dereinst nicht mehr über mich erzählen, als dass ich im Jahre 2019 staunend hier, im Schatten einer Burgruine gestanden haben werde und erschüttert dachte: All die Vorfahren in mir, ich könnte platzen!
Pionier ohne Grund
Steige hoch zu dir,
der du eine mir
über den Kopf
gewachsene Idee
eines Anderen bist –
oben angekommen,
stecke ich eine
Stange in die Luft,
daran ein Fähnchen,
das mein Gehirn
im Profil zeigt;
in alle Richtungen
verweht.
Unsere Namen
Allen Planeten haben wir unsere Namen gegeben.
Sprache greift sehr weit in den Raum,
das ist, was gesagt werden kann.
Doch verstehen wir uns selbst
nicht mal bis zur Nasenspitze;
wenig drunter schnalzen unsere Zungen
in der Unendlichkeit nach einem Quäntchen Resonanz,
sprechen leise zweifelnd unsere Namen aus.
Gott vor dem Urknall
Was könnte ich nun tun?
Wie bring ich’s zustande?
Wie lange soll es dann halten?
Über welche Dimensionen denke ich nach?
Und wenn es schiefläuft?
Die Fragwürdigkeit des Menschen
»Die Fragwürdigkeit des Menschen ist unantastbar.« Dexter & Retrogott
Das Klirren von Glas lässt dich
aus dem Schlaf schrecken,
du starrst durch ein zerbrochenes
Fenster in die Dunkelheit.
Ein kühnes Wort zieht dich unter
der warmen Bettdecke hervor –
du kannst es nicht aussprechen,
halb befreit und halb befangen
Stößt du dich von der Bettkante ab,
schwimmst hinaus ins Dunkle,
wo du Wasser für einen Kaffee aufsetzt;
komisch allein, komisch nüchtern.
Hast du es denn vergessen?
Die Fragwürdigkeit des Menschen,
sie ist unantastbar.
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