Den Herrchen und Frauchen der Tiere erklärte Lisa dann ganz geduldig, wie sie solche Massagen auch selber zu Hause durchführen könnten. Manche Menschen standen der asiatischen Medizin etwas skeptisch gegenüber, doch wenn sie die ersten Erfolge sahen, dann änderte sich oft ihre Meinung. Auch für mich war es toll, denn ich bekam von Lisa fast täglich meine Shiatsu-Massage. Ich fühlte mich dabei wohl und konnte mich gut entspannen. Nach dem vielen Herumtollen tat so eine Massage sehr gut.
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Max, der Sohn meines Frauchens, war wunderbar. Er war ein sehr aufgeweckter Junge, der ganz verrückt nach Tieren war. Er hatte mich vom ersten Augenblick an tief und fest in sein Herz geschlossen. Max war für mich wie ein Bruder. Manchmal tobten wir ganz wild durch den Garten, so wie ich es von meinen Hundebrüdern und Hundeschwestern gewohnt war. Auch wenn ich mal beim Spiel ein wenig in seine Arme und Beine knabberte, war er mir nie böse. Ich versuchte ja, ganz vorsichtig zu sein, doch im Spieleifer konnte es schon mal passieren, dass ich probierte, meine Zähne einzusetzen. Max musste leider zur Schule gehen, sodass er oft nicht zu Hause war. Doch es war ja schon Juni und ich musste mich nur mehr ein wenig gedulden, bis bei Max die Sommerferien begannen. Dann würde er den ganzen Tag für mich Zeit haben.
Max war ein ausgezeichneter Schüler. Er ging in eine Hochbegabtenschule, wo er genauso akzeptiert wurde, wie er eben war. Hier wurde sehr kreativ gelernt. Jeder Schüler und jede Schülerin durfte entsprechend der speziellen Begabungen und Fähigkeiten experimentieren, um das Wissen in diesen Gebieten zu erweitern. Es gab eine tolle Bibliothek, wo die Kinder selbst nachschauen konnten, woran sie gerade interessiert waren. Die Lehrerinnen und Lehrer waren als Helfer und Lernbegleiter unterwegs. In jeder Klasse waren 10 bis 15 Schüler, sodass die Lehrer immer intensiven Kontakt zu jedem einzelnen Kind haben konnten und daher die Kommunikation zwischen den Lehrern und den Schülern sehr gut war. Jedes Kind wurde so entsprechend seinen Neigungen und Interessen gefördert und an den Schwächen wurde gearbeitet bzw. diese wurden verbessert. Oft fand der allgemeine Unterricht in einer offenen Diskussionsrunde statt, wo alle in einem Kreis auf gleicher Ebene kommunizierten. Jedes Kind durfte seine Meinung sagen und durch das wertschätzende Miteinander konnten alle profitieren. Auch die Lehrerinnen und Lehrer lernten so von den Kindern.
Max arbeitete gerade mit einigen Kindern an einer neuen Batterieform, die einfach mit Salzwasser betrieben wurde. Das Salzwasser lieferte die Energie für acht Stunden Brenndauer einer Leuchtdioden(LED)-Lampe. Ein Magnesium- und ein Kohlenstoffstab erzeugten zusammen mit dem Salzwasser im elektrolytischen Prozess Strom. Nebenbei lernte Max vieles über Chemie, Elektronik, Mathematik und Physik. Das machte ihm wirklich Spaß. Es gab auch keine Hausaufgaben. Jedes Kind konnte zu Hause weiterexperimentieren, aber es musste nicht. Jedes Kind wurde als Individuum wertgeschätzt und es wurden wirklich die Stärken gefördert.
Alle Kinder lernten aber auch von den Mitschülern, sodass die anderen Fächer auch nicht zu kurz kamen. Sprachbegabte Kinder konnten über spezielle Lern-CDs exotische Sprachen erlernen und diese wurden dann den anderen Kindern präsentiert, sodass auch diese etwas davon lernten. Die Kinder selbst konnten dann zum Beispiel eine Stunde über Japanisch halten und den Unterricht so gestalten, dass die anderen Kinder von ihrer eigenen Begeisterung angesteckt wurden. Der Unterricht war sehr lebhaft und jeder durfte mitgestalten und mitarbeiten. Es machte einfach Freude. In so einer Atmosphäre war das Lernen wirklich ein Kinderspiel. Kinder, die sich für die Natur interessierten, durften in den großen Schulgarten gehen und dort zum Beispiel ihr eigenes Gartenbeet anlegen und mit Samen experimentieren. Andere Kinder wiederum konnten Tiere beobachten, denn im Garten hielten sich sehr viele unterschiedliche auf.
So gab es für jedes Kind ein Lieblingsfach, wo es nach Herzenslust und Laune lernen und experimentieren konnte. Auch gab es einen Theaterkurs, in dem die Kinder Improvisationstheater lernten. Das war sehr spannend und hilfreich im Leben. Immer wieder würde es Situationen geben, wo mal etwas nicht so funktionierte, wie es sich die Kinder vorgestellt hatten. Durch die Erfahrungen im Improvisationstheater würden die Kinder sehr gut auch mit solchen Situationen umgehen können und lernten dabei, das Beste daraus zu machen.
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Nun aber wieder zu mir. Auch ich musste bald in die Schule gehen. Die ersten Welpenkurse hatten bereits begonnen und ich freute mich schon darauf. Ich war schon sehr gespannt, wie es sein würde. Eines Tages fuhr mein Frauchen mit Max und mir zu einem Hundeplatz. Ich war sehr aufgeregt und nervös, weil ich ja nicht wusste, was mich dort erwartete. Es waren schon einige Welpen da. Ein kleiner, süßer Rehpinscher, der heftig am ganzen Körper zitterte. Dann waren noch ein Golden Retrieverwelpe und ein Rottweilerwelpe da. Nun waren wir vollständig.
Zuerst durften wir uns mal beschnuppern und herumtollen, dann wurde es ernst und die ersten Kommandos wie „Sitz“ und „Platz“ mussten ausgeführt werden. Anschließend mussten wir mit unserem Lieblingsspielzeug spielen und unsere Herrchen und Frauchen mit uns laufen. Das war lustig. Die Herrchen und Frauchen hatten natürlich nicht so viel Kondition und Energie wie wir Welpen und sie machten bald schlapp. Das war für uns wieder lustig. Viel gelernt hatte ich aber nicht in der Schule. Ich hatte mir dies irgendwie anders vorgestellt. Das Herumtollen mit den anderen Welpen hatte mir aber viel Spaß gemacht. Der Rottweilerwelpe war schon ein wenig älter als ich und versuchte, mich zu beißen, doch mein dichtes Welpenfell gab mir ausreichend Schutz, sodass die Zähne des Rottweilers gar nicht zu meiner Haut durchdringen konnten. Von nun an ging ich mit Max und Lisa jede Woche zur Hundeschule. Es war ein Spaß und ich hatte Kontakt zu anderen Hunden.
Am liebsten jagte ich den Rehpinscher, der war schnell wie ein Pfeil, und ich konnte ihn gar nicht einholen. Ich hätte nicht gedacht, dass ein so kleiner Hund so schnell sein konnte. Alle Welpen hatten andere Charaktere und es war für mich interessant, auch mal mit anderen Hunden zu spielen. Beim Welpenkurs ging es in erster Linie um Spaß und nicht so sehr ums Lernen. Natürlich lernten wir auch einige Befehle und versuchten, diese, so gut wir eben konnten, zu befolgen. Jede Woche waren wieder andere Welpen da. Es war immer eine nette Abwechslung für mich.
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Da ich noch immer Angst vor dem Autofahren hatte, machten Max und Lisa ein Intensivtraining mit mir. Ich wurde in das Auto gebracht und ein wenig alleine gelassen. Lisa und Max stiegen dann auch ein und wir alle stiegen wieder aus. „Was soll das?“, fragte ich mich. „Kein Motorgeräusch. Vielleicht brauche ich doch keine Angst vor dem Auto zu haben.“
Und nach einiger Zeit wieder dasselbe Spiel. Alle stiegen wir in das Auto und nichts passierte. So ging es heute ein paar Mal. Dann plötzlich, als wir wieder nur so eingestiegen waren, startete Lisa das Auto und wir fuhren eine Runde. Ich hatte diesmal gar keine Angst. So war ich leise und bekam von Max gleich Leckerlis als Belohnung und von Lisa wurde ich gelobt.
Am nächsten Tag ging das Spiel weiter. Einsteigen … aussteigen … einsteigen … fahren … aussteigen. Dann fuhren wir etwas weiter und ich hatte gar keine Angst mehr. Genial. Nun war meine Autoangst einfach verflogen. Lisa war ein tolles Frauchen. So einfach konnte meine Autoangst besiegt werden. Schön. Nun konnte mein Frauchen mit mir überallhin fahren, ohne dass ich bellte und mich aufregte.
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