Marie Louise Fischer - Daniela und der Klassenschreck

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Wie gegensätzlich können zwei Mädchen eigentlich sein? Um zwei solche Mädchen geht es in diesem Buch. Daniela ist aufgeweckt, hübsch, beliebt, Klassensprecherin und eine tolle Sportlerin, dafür sehr schlecht in der Schule. Sabine, die Neue in der 3. Klasse, ist optisch eine graue Maus, wirkt arrogant und patzig, ist dafür ehrgeizig und Klassenbeste. Und – unnötig zu sagen – findet Turnen «blöd». Mit ihrem hochnäsigen Auftreten hat sie in der neuen Klasse keinen leichten Stand und sorgt für Streit. Erst als Daniela sich entschließt, sich um Sabine zu kümmern, ändert sich auch das Verhältnis der beiden. Allmählich können sie sich «zusammenraufen», helfen sich gegenseitig und werden endlich richtige Freundinnen.-

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Marie Louise Fischer

Daniela und der Klassenschreck

Saga Egmont

Daniela und der Klassenschreck

Genehmigte eBook Ausgabe für Lindhardt og Ringhof A/S

Copyright © 2017 by Erbengemeinschaft Fischer-Kernmayr, ( www.marielouisefischer.de)

represented by AVA international GmbH, Germany ( www.ava-international.de)

Originally published 1961 by F. Schneider Verlag, Germany

All rights reserved

ISBN: 9788711719398

1. Ebook-Auflage, 2017

Format: EPUB 3.0

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach Absprache mit Lindhardt og Ringhof und Autors nicht gestattet.

SAGA Egmont www.saga-books.comund Lindhardt og Ringhof www.lrforlag.dk– a part of Egmont www.egmont.com

Die Neue

Das Gebäude der Dorotheen-Schule war geräumig, modern und freundlich. Ein großes, lichtes Treppenhaus führte zu den breiten Gängen, die Fenster waren groß, die Wände bunt gestrichen. Es gab fröhliche Mosaiken und Trinkwasserbrunnen.

Sabine Kern hatte Zeit genug, alles zu betrachten. Sie stand im Flur, die Hände in die Taschen ihres zu kleinen Regenmantels gebohrt, und wußte nicht recht, was sie mit sich anfangen sollte. Die Schulmappe hatte sie neben sich auf den Brunnenrand gestellt.

Es war der erste Schultag nach den großen Ferien, wenige Minuten vor Unterrichtsbeginn. In den Gängen und aus den offenen Klassenzimmern schallte fröhlicher Lärm. Immer noch kamen Schülerinnen angelaufen, atemlos und vergnügt. Sabine beachtete niemand.

Ein Gefühl von Unbehagen, ja von Angst legte sich auf ihr Herz. Mit aller Kraft kämpfte sie dagegen an. Alles war hier freundlich und gepflegt. Das Dorotheen-Lyzeum war viel schöner als ihre alte Schule, der düstere Backsteinbau, in dem es immer muffig und staubig gerochen hatte. Bestimmt würden auch die neuen Klassenkameradinnen nett zu ihr sein. Warum sollten sie nicht? Nein, es gab wirklich nichts zu fürchten.

Aber trotz dieses beruhigenden Gedankens konnte sie nicht verhindern, daß ihr Herz heftig klopfte.

Lehrer kamen über den Gang, dann wurde „Achtung!“ gerufen und „Guten Morgen!“ — Eine Klassentür nach der anderen klappte zu.

Es klingelte zum zweiten Male. Der Unterricht begann. Nur Dr. Leonhardt, der Klassenlehrer der Dritten, ließ auf sich warten.

Aus dem Schulzimmer tönte noch immer fröhliches Durcheinander und Gelächter, aus dem sich eine helle, trompetende Stimme deutlich hervorhob. Offensichtlich gab eine Schülerin, die Sabine sofort als „Angeberin“ einschätzte, ihre Ferienerlebnisse zum besten. Sie redete von Segelbootpartien, Motorbootfahrten, Picknicks, Minigolf und Rollschuhlaufen, und die unfreiwillig lauschende Sabine fing immer wieder Wortfetzen auf wie: „Ihr macht euch keine Vorstellung, Kinder … teuflisch schön, sage ich euch! … also, Grado ist wirklich … das war das Höchste!“

Das Mädchen an der Tür drehte sich um und sah den Gang hinunter, ob Dr. Leonhardt schon käme. Dabei fiel ihr Blick auf Sabine, die an ihrer ohnehin schon blitzblanken Brille herumputzte.

„Na, was willst du denn hier?“ fragte die Wächterin der dritten Klasse; sie war ein zierliches, braunlockiges Mädchen und hieß, wie Sabine später erfuhr, Carola Müller.

„Ich warte!“ Sabine war bei der unvermuteten Anrede errötet. Um ihre Verlegenheit zu verbergen, machte sie ein betont mürrisches Gesicht.

„Auf was?“ fragte Carola weiter.

Sabine war nahe daran, eine patzige Antwort zu geben. Dann aber besann sie sich eines Besseren. „Ich bin neu“, sagte sie, „ich meine, wir sind erst zugezogen …“

„Welche Klasse?“

„Drei A.“

„Da bist du richtig. Komm rein!“

Sabine hätte es unbedingt vorgezogen, erst mit dem Lehrer zusammen ihren neuen Schulkameradinnen gegenüberzutreten. Aber sie wußte nicht, wie sie das erklären sollte. „Ich möchte doch lieber …“, sagte sie unsicher.

Aber die andere ließ sie gar nicht zu Ende sprechen. „Na, geh schon!“ sagte sie und gab ihr einen sanften Puff. Dann riß sie die Tür weit auf und schrie ins Klassenzimmer hinein: „Eine Neue! Achtung, Kinder! Wir kriegen eine Neue!“ Sofort verstummte der Lärm. Alle Augen richteten sich auf Sabine.

Ein schlankes, braungebranntes Mädchen mit honigblonden Locken hüpfte von dem Stuhl, auf dem es bisher gestanden hatte, sah Sabine kritisch an und sagte: „Ich bin Daniela Wilde, Dany genannt, Klassensprecherin der Drei A … Und wie heißt du?“

„Sabine Kern.“

„Sabine? Hm, ganz nett“, sagte Daniela gönnerhaft. „Wozu brauchst du das Fahrrad?“

„Fahrrad?“ gab Sabine verständnislos zurück.

„Na, ich meine das Gestell, das du da auf der Nase hast!“ Die anderen lachten über Danielas Witz.

„Das ist meine Brille“, sagte Sabine sofort.

„Wirklich? Ich hatte gedacht …“ Danielas blaue Augen funkelten vergnügt. Auf ihren braunen Wangen erschienen zwei runde Grübchen. „Na, laß man“, fügte sie begütigend hinzu, als sie sah, daß Sabine in hilflosem Zorn Tränen in die Augen stiegen, „jedenfalls, mit dem Ding da wirst du kaum in die erste Handballmannschaft hineinkommen! Oder trägst du die Brille beim Turnen gar nicht?“

„Ich bin vom Turnen dispensiert“, sagte Sabine.

„Was?“ Daniela riß die Augen auf.

„Ich brauche nicht mitzuturnen“, sagte Sabine betont, „falls du das besser verstehst.“

„Mensch, da schlägt’s doch dreizehn! Du brauchst nicht mitzuturnen? Na, wieso denn? Warum denn nicht?“ Sie wandte sich an die anderen: „Habt ihr schon je so was erlebt?“

„Mein Herz ist nicht gesund“, sagte Sabine hochmütig, aber mit zitternden Lippen.

Danielas Gesicht wechselte sofort den Ausdruck. Sie war ganz bestürzt. „Du bist krank? Verdammt, das ist aber eine Gemeinheit! Tut mir leid, wirklich. Das konnte ich ja nicht ahnen.

„Du brauchst mich gar nicht zu bemitleiden“, sagte Sabine heftig, „aus dem blöden Turnen habe ich mir nie etwas gemacht!“

„Turnen findest du blöd? Na, sag einmal, also, da hört sich doch alles auf! Turnen ist doch eine Wucht! Geräteturnen und Handball … und Schwimmen. Weißt du überhaupt, daß wir ein richtiges Schwimmbad in der Schule haben? Na, da staunst du, was? Jetzt tut’s dir vielleicht doch leid, daß …“

„Ich pflege meine Zeit mit nützlicheren Beschäftigungen zu verbringen“, sagte Sabine kalt.

Daniela machte vor Erstaunen den Mund weit auf, klappte ihn wieder zu. „Na so was!“ sagte sie dann und schüttelte den Kopf, daß ihre blonden Locken flogen. „Nun verrate uns mal … was nennst du denn zum Beispiel nützlich?“

„Lernen!“

„Lernen! Oho! Hahahahaha!“ Daniela brach in ein wild begeistertes Gelächter aus, in das die anderen jubelnd einstimmten. „Habt ihr’s gehört? Lernen hat sie gesagt! Na so etwas!“ Daniela schüttelte sich vor Lachen. Allmählich bekam sie wieder Luft und sagte, immer noch von einem Ohr bis zum anderen grinsend: „Hat dir eigentlich schon jemand gesagt, daß du einen ausgewachsenen Vogel hast?“

Sabine wurde der Antwort enthoben. Dr. Leonhardt trat, einen Stapel Bücher unter dem Arm, ins Zimmer. Er kam unangemeldet. Carola hatte nicht aufgepaßt. Alle sausten auf ihre Plätze.

„Guten Morgen, meine Damen“, sagte der Klassenlehrer, „bitte setzen! Es tut mir leid, daß ich mich verspätet habe, aber … leider … Nun, wir wollen uns nicht lange mit Vorreden aufhalten. Beginnen wir lieber!“

„Er hat verschlafen“, hörte man ein sehr deutliches Flüstern.

Sabine fuhr herum. Sie hatte die Stimme von Daniela Wilde erkannt. Sicher hatte Dr. Leonhardt es auch gehört. Jetzt würde Daniela was erleben.

Aber Sabines Erwartungen erfüllten sich nicht.

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